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Durchschnaufen – Halbfinale!

Löwen müssen beim 30:29 gegen Velenje lange zittern

Es war ein hartes Stück Arbeit. Aber nach 60 nervenaufreibenden Minuten zogen die Rhein-Neckar Löwen verdient ins Halbfinale des EHF-Pokals ein und dürfen weiterhin vom ersten Titel ihrer Geschichte träumen. Nach dem 27:25 im Hinspiel gewann das Team von Trainer Guðmundur Guðmundsson auch die zweite Partie mit 30:29 (14:15).

Patrick Groetzki stand zwar auf dem Spielberichtsbogen, nahm aber immer noch angeschlagen in zivil hinter der Bank Platz. In der ersten Viertelstunde war den Gelbhemden in der mit 1.600 Zuschauern ausverkauften MWS Halle das durch die jüngste Siegesserie gewonnene Selbstvertrauen deutlich anzumerken. Aggressiv und entschlossen gingen Uwe Gensheimer und Co. zur Sache und wollten von Beginn an keinen Zweifel am Halbfinal-Einzug aufkommen lassen. Velenjes Keeper Ivan Gajić flogen die Bälle nur so um die Ohren. Zwei Mal Andy Schmid sowie die Flügelspieler Gensheimer und Ivan Čupić sorgten für einen komfortablen Vorsprung, Schmids Zuckerpass auf Bjarte Myrhol, der zum 8:4 vollstreckte, brachte die MWS Halle zum Kochen. Doch dann schlich sich nach und nach Überheblichkeit ein. Mit leichtsinnigen Showeinlagen (Čupić, Myrhol) und mehreren Fahrkarten (Krzysztof Lijewski) brachte die Guðmundsson-Sieben die Slowenen wieder ins Spiel. Velenje zeigte sich vom frühen Rückstand unbeeindruckt und nutzte das Konzentrationsloch eiskalt aus. Vor allem der Halbrechte Jure Dolenec fiel durch intelligente Zuspiele und Kaltschnäuzigkeit von der Siebenmeterlinie auf, und Gajić vernagelte plötzlich sein Gehäuse. Und so kam es, dass aus einer 10:6-Führung plötzlich ein 10:11 wurde (24.). Auch eine zwischenzeitliche Auszeit Guðmundssons konnte den 5:0-Lauf des slowenischen Spitzenreiters nicht stoppen. Zwar gelang Gensheimer zunächst der schnelle Ausgleich, doch das Polster war jetzt futsch. Lijewskis Tor zum 12:13 war nach 27 Minuten der erste Löwen-Treffer aus der Halbposition, zwei Minuten später waren die Badener beim Stand von 12:15 erstmals auch in der Addition im Hintertreffen. Mit etwas Glück stand es zur Pause nur 14:15 und nicht 13:16, weil die Slowenen zehn Sekunden vor der Sirene freistehend verwarfen und Goran Stojanović Gensheimer mit einem langen Ball bediente, der die Nerven behielt und verkürzte.

Die Halbzeitansprache muss gesessen haben, denn die Löwen explodierten aus der Kabine. Ähnlich stark wie zu Anfang rissen sie das Spiel wieder an sich und schenkten Velenje ein 4:1 ein. Die Slowenen blieben bissig, fanden aber kein Mittel gegen den starken Schmid. Der Schweizer nagelte das ein oder andere Rückraumpfund unter die Latte, konnte aber auch nicht verhindern, dass Velenje erneut in Führung ging (22:23, 44.). Hochspannung im Herzogenried. Nach 50 Minuten war beim Stand von 26:26 klar, dass sich die Löwen aufgrund der Auswärtstorregel keine Niederlage mit zwei Toren Differenz würden erlauben können. Das Duell wurde jetzt zur Nervenschlacht, beide Teams trafen im Gleichschritt, jeder Pfiff sorgte für Verzweiflung. 28:29, Fehlwurf Gensheimer, der Ball brannte in den Händen der Akteure. Schmid traf zum Ausgleich (59.). Erst, als Stojanović einen Verzweiflungswurf des starken Marko Bezjak per Hechtsprung parierte, war die Partie entschieden, Čupić erzielte sogar noch den 30:29-Siegtreffer – die Löwen stehen im Halbfinale.

„Die Mannschaft hat mir ein tolles Geschenk gemacht“, strahlte der frischgebackene Vater einer Tochter Žarko Šešum nach dem Krimi. Die ersten Minuten nach der Partie galten der Freude über das Weiterkommen und weniger der Fehleranalyse, warum es denn so spannend sein musste. „Wir haben nach 15 Minuten unsere Sicherheit verloren“, sagte dann aber Leitwolf Schmid. „Warum? Ich weiß es nicht.“ Sein Trainer analysierte: „Wir sind schnell in Führung und anschließend unnötiges Risiko gegangen. Dadurch haben wir es uns im zweiten Abschnitt selbst schwer gemacht“, sagte der Isländer – und bedankte sich beim Publikum für die tolle Unterstützung. Viel Zeit zum Feiern haben die Löwen nicht: Schon am Dienstag, 20:15 Uhr, kommt die HSG Wetzlar in die SAP Arena…

Rhein-Neckar Löwen: Stojanović, Fritz (n.e.), Svensson (n.e.) – Müller (2), Schmid (7), Bielecki – Čupić (6/1), Gensheimer (7/1) – Myrhol (5) – Roggisch, Šešum (2), Lund, Gunnarsson (n.e.), Ruß, Lijewski (1), Groetzki (n.e.).
RK Gorenje Velenje:
Gajić, Taletovič (n.e.) – Dolenec (7/2), Bezjak (6), Manojlović (4) – Melić (5/1), Medved (3) – Gaber – Pucelj (3), Cehte (1), Golčar, Gams (n.e.), Bajram, Šimič, Dujmovič (n.e.).
Strafminuten: Myrhol (2), Roggisch (4), Gensheimer (2), Schmid (2) – Medved (2), Gaber (2), Bajram (2).
Trainer: Guðmundur Guðmundsson – Branko Tamše.
Zuschauer: 1.600 (ausverkauft).
Zeitstrafen: 5 / 6.
Disqualifikation: Cehte (dritte Zeitstrafe, 56.).
Spielfilm: 4:2 (5.), 6:4 (10.), 9:6 (15.), 10:8 (20.), 11:11 (25.), 14:15 (Hz.); 18:16 (35.), 21:19 (40.), 23:23 (45.), 26:26 (50.), 28:29 (55.), 30:29 (Endstand).
Siebenmeter: 3/2 – 3/3.
Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer scheitert an Gajić.
Schiedsrichter: Artūras Malašinskas / Andrius Grigalionis (Litauen).
Beste Spieler: Schmid, Gensheimer – Dolenec, Bezjak.