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„Am Ende ist es eine Lehrstunde“

Andy Schmid erlebt mit den Rhein-Neckar Löwen in Kiel eine norddeutsche Machtdemonstration

Löwe Niclas Kirkeløkke nimmt es mit zwei Kielern auf.

Am Ende hat es richtig, richtig wehgetan. Die Rhein-Neckar Löwen unterliegen dem THW Kiel am 15. Spieltag der LIQUI MOLY HBL mit 23:32 (11:15), kommen beim amtierenden Deutschen Meister trotz eines knappen Spielstandes nach 40 Minuten letztlich noch ordentlich unter die Räder. Kiel hatte auch schon Flensburg zuhause deutlich distanziert und hat nun mit nur zwei Minuspunkten die günstigste Ausgangslage der Liga. Die Löwen müssen sich mit 21:7 Punkten erst einmal deutlich hinter den Topteams aus dem Norden einordnen.  

Die ersten Ausrufezeichen auf dem Feld setzen die Torhüter: Andreas Palicka kauft Malte Voigt einen Wurf von links außen ab, Niklas Landin den Versuch seines Landsmannes und Namensvetters Niclas Kirkeløkke. Der erste Treffer des Abends gebührt einem anderen Niclas. Herr Ekberg kennt beim Siebenmeter keine Gnade und markiert das 1:0 (3.). Es wird schnell klar: Diesem Spiel drücken zunächst die Abwehrreihen ihren Stempel auf. Kirkeløkke braucht schon eine außergewöhnliche Körpertäuschung, um an Sander Sagosen vorbeizukommen. Uwe Gensheimer macht mit dem fälligen Siebenmeter das erste Löwen-Tor zum 1:1 (4.).

Jicha bricht den kleinen Löwen-Lauf

Obwohl Palicka direkt voll da ist gegen seine alten Mannschaftskameraden, geraten seine Vorderleute ins Hintertreffen. Kiel macht weniger Fehler, Kiel ist effektiver. Harald Reinkind trifft per Gegenstoß nach Ballverlust der Löwen zum 3:1 (5.), Patrick Wiencek nach Landin-Parade das 6:3 (11.). Der Drei-Tore-Vorsprung pendelt sich ein bis zum 11:8 – dann gelingen den Löwen ein paar gute Aktionen nacheinander. Jannik Kohlbacher zieht unwiderstehlich einen Strafwurf, Gensheimer mit seinem sechsten Tor stellt auf 11:9 (26.). Nach Voigt-Fehlwurf setzt sich Kirkeløkke in der zweiten Welle klasse durch: 11:10 (26.). Kiel-Coach Filip Jicha reagiert mit der ersten Auszeit – und bricht damit den kleinen Löwen-Lauf.

Jetzt leisten sich die Löwen wieder ein paar Aussetzer, einen Fehlwurf und einen technischen Fehler später steht es 14:10 für Kiel (29.), zur Pause 15:11. Die Löwen müssen vor allem im Angriff, und da speziell im gebundenen Spiel, eine deutliche Schippe drauflegen. Der Innenblock Ilija Abutovic/Jesper Nielsen steht an und für sich okay – es sind vor allem die einfachen Gegentore aus Ballverlusten und Fehlwürfen, die dem Süd-Vertreter im Nord-Süd-Gipfel bisher das Leben schwermachen.   

Obwohl der Start in Durchgang zwei gelingt mit dem ersten Treffer von Andy Schmid und der sechsten Parade von Andreas Palicka – so richtig platzen will der Knoten bei den Löwen nicht. Nach dem 15:12 lässt der bis dahin tadellose Gensheimer eine gute Schusschance liegen, postwendend kassiert der gerade erst gekommene Ymir Örn Gislason eine Zeitstrafe. Ruckzuck sind die Löwen wieder eingenordet und Miha Zarabec netzt ein zum 16:12 (33.). In der Folge stabilisieren sich die Gelben immerhin, robben sich mühsam, aber stetig heran. Der formstarke Patrick Groetzki versenkt auch seinen dritten Versuch zuverlässig wie sehenswert, stellt auf 19:17 (38.). Mit dem 20:18 durch einen Verlegenheitswurf von Schmid sind die Löwen wieder dran – und dennoch irgendwie nicht drin im Spiel (41.).

Kieler Rückraum übernimmt das Kommando

Uwe Gensheimer traf siebenmal für die Löwen.

Das Problem ist jetzt ganz klar der Kieler Rückraum. Sander Sagosen und Harald Reinkind feuern von halblinks und halbrechts, dürfen zu nah ran. Dazu kommen jetzt die nächsten Löwen-Fehler. Wiencek blockt Schmid, Außentreffer von Malte Voigt zum 21:18 (42.). Der eingewechselte Dario Quenstedt hält, Ekberg trifft per Gegenstoß zum 22:18 (42.). Kirkeløkke läuft ins Stürmerfoul, Reinkind macht mit seinem fünften Treffer das 23:18 (44.). In 120 Sekunden werfen die Löwen – wie so häufig zuletzt – eine ordentliche Ausgangslage über Bord. Und dann wird es so richtig schmerzhaft.

Weil die Kieler jetzt Spaß haben und treffen, wie sie wollen, auf der Gegenseite immer noch weniger gelingt, nimmt das Unheil aus Löwen-Sicht seinen Lauf. Über das 23:19 geht es auf 26:19 (51.), vom 26:20 und 27:21 (52.) auf 32:21 weg (57.). Am Ende ist es eine 9-Tore-Klatsche und eine der höchsten Löwen-Niederlagen in der jüngeren Geschichte. Oder, wie Andy Schmid es zusammenfasst bei „Sky“: „Am Ende ist es eine Lehrstunde.“

THW Kiel – Rhein-Neckar Löwen 32:23 (15:11)

Kiel: Landin, Quenstedt (ab 37.) – Ehrig, Duvnjak, Sagosen (5), Reinkind (7), Sunnefeldt, Weinhold, Wiencek (1), Ekberg (9/3), Ciudad, Wäger, Zarabec (1), Schmidt, Voigt (7), Pekeler (2)

Löwen: Palicka, Katsigiannis – Schmid (3), Gensheimer (7/4), Kirkeløkke (2), Lagarde, Patrail (1), Tollbring, Ahouansou (1), Abutovic, Groetzki (4), Petersson (2), Gislason, Nielsen, Nilsson (3), Kohlbacher

Trainer: Filip Jicha – Martin Schwab

Schiedsrichter: Tobias Tönnies / Robert Schulze

Strafminuten: Sunnefeldt (4), Pekeler (2) – Gensheimer (2), Kirkeløkke (2), Lagarde (2) ,Gislason (2)

Siebenmeter: 3/3 – 4/4

Spielfilm: 1:0, 1:1, 3:1, 3:2, 4:2, 4:3, 6:3, 6:4, 7:4, 9:6, 9:7, 10:7, 11:8, 11:10, 14:10, 15:11 (HZ), 15:12, 16:12, 17:13, 19:15, 20:18, 23:18, 23:19, 26:19, 27:21, 32:21, 32:23 (EN)

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