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Andy Schmid ist nicht zu fassen

Kapitän führt Löwen mit Sieg in Wetzlar zurück an Tabellenspitze

Die Rhein-Neckar Löwen sind zurück an der Tabellenspitze der DKB Handball-Bundesliga: Während der Titelverteidiger am Sonntagmittag bei der HSG Wetzlar mit 31:24 (14:10) die Oberhand behielt, verloren die bis dahin führenden Berliner Füchse in Hannover mit 27:33. Beide Teams weisen nach neun Spieltagen eine Bilanz von 16:2-Punkten aus. Für die Löwen spricht allerdings das deutlich bessere Torverhältnis.

In Wetzlar brauchten die Mannheimer etwas mehr als zehn Minuten, um sich auf die frühe Anwurfzeit und die zunächst äußerst effizienten Wetzlarer einzustellen. Bis zum 2:3 legten die Löwen vor, dann übernahm die HSG erstmals die Führung. Die hielt bis zum 6:5. Die Truppe von Nikolaj Jacobsen kam erst jetzt so richtig ins Rollen: Mikael Appelgren packte Parade um Parade aus, die Abwehr deutlich sicherer zu – und vorne fackelte Andy Schmid wie gewohnt sein Offensiv-Feuerwerk ab. Mit einem 7:0-Lauf zog der Meister auf 6:12 weg. Von nun an hatten die Gelben die Partie im Griff, ließen Wetzlar nicht mehr näher als auf vier Tore herankommen und fuhren am Ende einen genauso verdienten wie souveränen Auswärtssieg ein. Andy Schmid traf 12 Mal und stellte damit den Saisonrekord ein. Mikael Appelgren hielt 16 Würfe, mit 41 Prozent gehaltener Abschlüsse kam der Schwede auf einen absoluten Spitzenwert. „Wir wollten hier unbedingt gewinnen und wussten, wie schwer es in Wetzlar werden kann. Wir haben sehr gut gespielt“, sagte Schmid. „Ich bin sehr zufrieden. Wir haben etwas gebraucht, um ins Spiel zu kommen, dann aber lief es gut. Wir treten sehr gut auf, haben Vertrauen in unser Spiel und wissen, dass es schwer ist, uns zu schlagen“, ergänzte Appelgren.

Arbeit für den Kapitän

Die Löwen traten in Wetzlar ohne Alexander Petersson an. Der Isländer lag mit Fieber im Bett. Sein Fehlen kompensierte der Meister nach einer längeren Anlaufphase vor allem mit der gewohnten mannschaftlichen Geschlossenheit. Harald Reinkind und Mads Mensah arbeiteten im Rückraum für ihren Kapitän, der die für ihn geschaffenen Freiräume eiskalt ausnutzte. Andy Schmid war an diesem Tag nicht aufzuhalten, versenkte 12 seiner 17 Würfe und traf vor allem immer dann, wenn die HSG sich anschickte, entweder die Führung auszubauen oder sich wieder heran zu kämpfen. Der Schweizer traf genauso in der schwierigen Anfangsphase wie zu Beginn und Mitte der zweiten Halbzeit. „Bei uns läuft es gerade. Wir haben zwei überragende Torhüter und vorne macht es Andy Schmid genauso überragend. Da ist es schwer für mich zu meckern“, sagte Nikolaj Jacobsen. Zur Eroberung der Tabellenführung meinte der Löwen-Coach: „Das ist schön, wenn man auf die Tabelle schaut und Erster ist. Ansonsten hat das aber zu diesem Zeitpunkt noch keine große Aussagekraft. Wir haben im November vier ganz schwere Auswärtsspiele in der Bundesliga. Da können wir acht Punkte draufpacken – aber auch genauso gut mit null Punkten rausgehen.“

In Wetzlar waren es zehn bärenstarke Minuten zwischen der 12. und 22. Minute, in denen die Mannheimer den Grundstein für die beiden Auswärtszähler legten. Ein Zeichen setzte dabei Appelgren im Löwen-Tor, als er einen freien Wurf des zukünftigen Mannheimers Jannik Kohlbacher spektakulär abwehrte und damit das 6:10 aus HSG-Sicht festhielt. Die Löwen agierten in dieser Phase in der Defensive hoch konzentriert und in der Offensive konsequent. Bis zur Pause hielt man den Vorsprung bei vier Treffern – um dann in der zweiten entscheidenden Phase noch einmal auf sechs Tore wegzuziehen. Die ersten fünf Minuten nach der Pause gehörten dem Meister, in Unterzahl zog man von 10:14 auf 10:16 weg. „Das war aus meiner Sicht der Knackpunkt“, fand auch Wetzlars Maxi Holst. Kohlbacher lobte vor allem die Leistung Schmids: „Er war wieder überragend – und für uns heute nichts drin.“ Tatsächlich hatten die Mittelhessen nicht ihren besten Tag erwischt. Benjamin Buric, sonst der große Rückhalt im Tor, kam insgesamt auf gerade einmal fünf Paraden. Kohlbacher kam auf bescheidene drei Treffer. Immer wieder machten die Wetzlarer Appelgren stark, verwarfen freie Würfe und fanden über 60 Minuten fast nie in ihren Rhythmus. „Die Löwen haben das solide gemacht und von uns war das einfach nicht genug“, fasste Holst den Spielverlauf ganz gut zusammen.

Wetzlar beweist Moral

Nachdem die Löwen auf 10:16 und 12:18 (34.) früh in Durchgang zwei weggezogen waren, spielten die Gelben ihre ganze Routine aus. Beim 16:23 waren es gar sieben Tore Vorsprung, „knapp“ wurde es nur noch einmal beim 22:26 (42.). In diesem Moment zog Schmid kurz an, wuchtete zwei 8-Meter-Granaten in den Torwinkel und hatte beim 23:29 vier Minuten vor Schluss die Entscheidung erzielt. Wetzlar bewies Moral, ließ sich nicht auseinanderschießen und konnte am Ende doch die klare Niederlage nicht verhindern. Stark bei den Löwen agierte jetzt auch Harald Reinkind, der drei seiner fünf Treffer in der Schlussviertelstunde erzielte und damit wertvolle Entlastung für Andy Schmid bereitstellte. Genauso wichtig: Gudjon Valur Sigurdsson trat zu drei Siebenmetern an – und verwandelte dreimal eiskalt.

HSG Wetzlar – Rhein-Neckar Löwen 24:31 (10:14)

HSG Wetzlar: Buric, Weber, Klimpke – Kohlbacher (3), Klesnics, Cavor (2), Ferraz (3), Lindskog (2), Schefvert (1), Hermann (4), Kneer, Mirkulovski, Holst (5/4), Kraft, Schreiber, Björnsen (4), Kvist, Rüdiger

RNL: Appelgren, Palicka – Tollbring, Sigurdsson (5/3), Groetzki (1), Radivojevic, Schmid (12), Pekeler (5), Guardiola (1), Bliznac, Reinkind (5), Mensah (2), Rnic, Taleski, Baena

Trainer: Kai Wandschneider – Nikolaj Jacobsen

Schiedsrichter: Sebastian Grobe / Adrian Kinzel

Zeitstrafen: 1 – 3

Siebenmeter: 4 – 3

Beste Spieler: Schefvert, Holst – Appelgren, Schmid

Spielfilm: 0:1, 2:2 (3.), 4:3 (5.), 6:5 (11.), 6:12 (22.), 8:13 (27.), 10:14 (Halbzeitpause), 10:16 (33.), 12:18 (34.), 15:20 (38.), 17:23 (45.), 20:25 (50.), 22:26 (53.), 23:28 (55.), 24:29 (58.), 24:31 (Abpfiff)

Bilder: sportfoto-vogler