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Auch der zweite Anzug passt (RNZ)
Heidelberg/Zaporozhye. Mit dabei waren sie eigentlich alle, nur gesehen hat man sie am Samstag nicht. Zumindest nicht dort, wo man sie sonst sieht: auf der Platte, im Kreis-Getümmel. Im bedeutungslosen letzten EHF-Cup-Gruppenspiel der Rhein-Neckar Löwen wurden aus Hauptdarstellern Randfiguren, Bankangestellte. Trainer Gudmundur Gudmundsson machte das, was die RNZ bereits in der Freitagsausgabe angekündigt hatte, wahr: Der Isländer brachte den zweiten Anzug, teilweise auch den dritten: So durfte Nils Kretschmer, 20, im linken Rückraum mal zeigen, was er kann.
60 Minuten später war klar: Der kann viel. Fünf Tore steuerte er bei. Vom Manager gab es dafür ein Sonderlob. „Das war ein Klasse-Auftritt von Nils. Er hat seine Chancen aus dem Rückraum konsequent genutzt. Im Training muss man jetzt weiter mit ihm arbeiten.“ Sagte Thorsten Storm nach dem 29:25 (13:12)-Auswärtssieg seiner Gelben bei Motor Zaporozhye.
Alles in allem war es ein beherzter Auftritt, der nicht nötig gewesen wäre. Schließlich ging es um nichts mehr. Nur um die Ehre. Und für die spielten sie dann auch. Storm stellt klar: „Wir schenken nie etwas ab, wollen jedes Spiel gewinnen. Egal gegen wen und egal wann.“ Sprich im Notfall hätte Gudmi auch noch Leistungsträger wie Bjarte Myrhol aufs Feld schicken können – musste er aber nicht. Die, die spielten, machten ihre Sache gut. Neben Kretschmer unter anderem auch Kevin Bitz und David Schmidt. „Genau das war sehr wichtig“, betont Storm: „Dadurch konnten einige Stammkräfte, die teilweise auf dem Zahnfleisch gehen, geschont werden.“
Am Mittwoch ab 20.15 Uhr kann sich das bereits auszahlen. Dann werden die Badener nämlich erneut gefordert. Diesmal geht es um Bundesliga-Punkte, um wichtige Zähler im Kampf um die Champions-League-Qualifikation. Der TSV Hannover-Burgdorf kreuzt in der SAP Arena auf. Ein Gegner, der in dieser Saison schon so manches dicke Ausrufezeichen gesetzt hat. Storm nickt: „Hannover steht wie wir in der Spitzengruppe. Das wird eine harte Nuss.“ Und weiter: „Trotzdem wollen wir beide Punkte.“
Ein entscheidender Faktor könnten dabei die Löwen-Fans sein. Kommen die zahlreich und entfachen einen echten Hexenkessel, würde es Andy Schmid und Co. sicher Flügel verleihen. Was es heißt, den „achten Mann“ im Rücken zu haben, haben die Löwen kürzlich selbst erfahren. In Flensburg, beim 27:30: Toben die Anhänger, stehen die Schiedsrichter und die Gastmannschaft 60 Minuten lang unter Druck. Storm braucht man all das nicht zu erzählen. Er sagt: „Ich hoffe einfach, dass unsere Fans die Jungs gegen diesen schweren Gegner pushen. Das bedeutet so viel.“
Stimmt, bei einem Blick auf die Tabelle wird nämlich deutlich, dass die Löwen in Sachen Königsklassen-Qualifikation noch lange nicht durch sind. Hannover und am Ostersonntag Magdeburg werden Schlüsselspiele. Zwei Siege wären dringend nötig.
Themenwechsel: Mitte letzter Woche hat Kiels Rückraum-Star Momir Ilic öffentlich über seine Zukunftspläne gesprochen. Klar ist: In Kiel wird er nicht bleiben. Als mögliche neue Arbeitgeber nannte er drei Klubs: Barcelona, Veszprem und die Rhein-Neckar Löwen. Ja, richtig gehört, die Rhein-Neckar Löwen. Und das, obwohl es bei den Badenern finanziell nicht sonderlich rosig aussieht. Eine Ente also? Nicht ganz. Storm zur RNZ: „Wir haben kein Budget wie der THW Kiel. Wenn Spieler aus Kiel zu uns wollen, dann müssen sie finanzielle Abstriche in Kauf nehmen. Aber sie erwartet ein junges, hungriges und ausbaufähiges Team.“
Eine klare Absage hört sich anders an. Zur Erinnerung: Ilic stand schon im Sommer 2011 unmittelbar vor einem Wechsel zum badischen Bundesligisten.
Rhein-Neckar Löwen: Schmid 4/3, Sesum 2, I. Guardiola 5, Sigurmannsson 2, G. Guardiola 4, Bitz 5, Schmidt 2, Kretschmer 5.
Spielfilm: 4:0, 5:4, 10:7, 10:10, 12:13 (Halbzeit), 12:16, 21:26, 23:28, 25:29 (Endstand).
Von Daniel Hund