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Auch ohne Kunst ein Festival

BERLIN. Es kommt selten vor, dass nach einem harten Stück Arbeit alle mit dem halben Lohn zufrieden sind. Gestern in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle war das so, als die Rhein-Neckar-Löwen den Füchsen Berlin im Spitzenspiel der Handball-Bundesliga ein 28:28 (13:13)-Remis abtrotzten – oder die Füchse den Löwen.

Es war zu viel Kampf im Spiel, sehr wenig Platz für Kunst, dennoch wurde die enge Sache im „Fuchsbau“ zu einem Festival. Dem von Füchse-Torwart Silvio Heinevetter, der mit zehn Paraden (insgesamt 19) zwischen der 38. und der 50. Minute die Löwen auf Distanz hielt. Und es war ein Festival von Löwen-Kreisläufer Bjarte Myrhol, der dank eigenem Durchsetzungsvermögen und glänzender Vorarbeit seiner Rückraumzuspieler dafür sorgte, dass seine Sieben auf Schlagdistanz blieb. Sieben seiner acht Treffer landete der Norweger in der zweiten Hälfte, vier davon in Folge, und es wäre fast ungerecht gewesen, wäre ihm nicht auch das 28:28 vorbehalten geblieben.

Zwei Minuten vor Schluss hatte Alexander Petersson die Füchse mit 28:26 in Führung gebracht, dann aber folgte eine Pechphase der Berliner, über die hinterher aber weder Trainer Dagur Sigurdsson noch Manager Bob Hanning jammerten. Torsten Laen handelte sich seine dritte Zeitstrafe ein, Vielarbeiter Olafur Steffansson verkürzte per Siebenmeter. Und als Slawomir Szmal den überhastet angesetzten „Notwurf“ (Zeitspiel angekündigt) entschärfte, war der Weg frei zu diesem Remis, das letztlich alle zufrieden stellte.

„Ich bin sehr zufrieden mit dem Punkt, es war mehr drin, aber die Löwen haben eine Supermannschaft, da ist ein Punkt gut“, meinte Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson, der mit Seitenblick auf seinen isländischen Landsmann Gudmundur Gudmundsson auf der Bank der Löwen anmerkte: „Ich glaube, die Menschen auf der kleinen Insel im Norden sind sehr glücklich.“ Gudmundsson bedankte sich artig bei den Füchsen für ein sehr gutes, sehr spannendes Spiel. Er hatte nach Anfangsproblemen in der 6-0-Abwehr nach einer Viertelstunde auf 5-1 umgestellt, was die Füchse so aus dem Konzept brachte, dass der zwischenzeitliche 12:7-Vorsprung verloren ging. „Die Mannschaft hat einen Riesencharakter gezeigt, denn es sah ja nicht so gut aus“, meinte Gudmundsson, der auch feststellte, dass „wir im Angriff ordentlich gespielt und wenige Fehler gemacht haben“. Nicht nur Stefansson, Schmid und Myrhol hier, wie Jaszka, Petersson und Christophersen dort, spielten sich die Bälle zu. Löwen-Manager Thorsten Storm meinte: „Einzelne bei uns können besser spielen, aber als Team waren wir ganz stark, der Punkt kann noch sehr wichtig sein.“ Außerdem stellte er fest, dass dieses Ergebnis schon „100 Prozent besser war als in der vergangenen Saison“.

Da hatte es für die Löwen zwei Niederlagen gegeben. Bob Hanning meinte: „Wenn Thorsten Storm sagt, er sei froh über den Punkt, dann kann ich sehr zufrieden sein.“ Die Zuschauer waren es auch in der „emotionalen“ (Storm) Max-Schmeling-Halle, schon wegen Silvio Heinvetter. Und trotz Bjarte Myrhol.

Füchse Berlin: Heinevetter, Stochl (ein Siebenmeter) – Petersson (5), Jaszka (4), Christophersen (5) – Richwien (5), Nincevic (3/1) – Laen (2) – Spoljaric (1), Wiczynski (3/3), Vatne, Löffler, Bult, Sellin (n.e.)

Rhein-Neckar-Löwen: Szmal, Fritz (20. – 40.) – Stefansson (6/3), Lund (1), Bielecki (2) – Cupic (2), Gensheimer (6/3) – Myrhol (8) – Roggisch, Tkaczyk (1), Gunnarsson, Schmid (2), Groetzki (n.e.), Sesum (n.e.), Ruß (n.e.)

Spielfilm: 2:0 (3.), 4:4 (8.), 9:5 (13.), 12:7 (19.), 12:12 (25.), 13:13 (Halbzeit), 20:16 (44.), 22:20 (48.), 26:22 (54.), 28:26 (58.) – Zeitstrafen: 4/5 – Rote Karte: Laen (59:05, dritte Zeitstrafe) – Siebenmeter: 5/4 – 9/6 – Beste Spieler: Heinevetter, Jaszka, Christophersen – Myrhol, Stefansson, Szmal – Zuschauer: 9000 (ausverkauft) – Schiedsrichter: Methe/Methe (Vellmar).

Von Dietmar Einzmann

 25.10.2010