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Auf die „alten Jungs“ ist Verlass (MM)

Löwen nach Arbeitssieg in Gummersbach glücklich

GUMMERSBACH. Nach getaner Arbeit stand Andy Schmid vor dem Mannschaftsbus der Rhein-Neckar Löwen. Die Punkte waren durch einen 32:27-Sieg beim VfL Gummersbach eingetütet, als der Schweizer noch einmal auf die emotionale Bedeutung der Partie gegen die Oberbergischen hinwies: „Niemand, wirklich niemand wollte hier verlieren, das konnte ich spüren.“

Am 24. Mai gewannen die Löwen zwar beim VfL mit 40:35, doch der Erfolg fiel zu niedrig aus und der THW Kiel holte sich dank eines Kantersieges über die Berliner Füchse die Meisterschaft. Diesen Tag, das betont Schmid seit jeher, wird er niemals vergessen. Und so war bei ihm auch alles wieder präsent, als er in Gummersbach aus dem Bus stieg: „Ich konnte mich an alles erinnern. An die Gespräche in der Halle, an unsere Fans.“ Der bitterste Moment seiner Karriere – er war plötzlich wieder ganz nah.

Um ein Haar hätten die Badener am Mittwoch in Gummersbach wieder ein Trauma erlebt. 16:11 stand es nach 26 Minuten für den Altmeister, die Löwen waren überhaupt nicht bei der Sache. Hatten sie sich vielleicht zu viel vorgenommen? „Einige waren eventuell zu heiß“, mutmaßte Trainer Nikolaj Jacobsen und attestierte seiner Mannschaft in der Anfangsphase einen Auftritt mit „viel Herz, aber wenig Kopf“. Gummersbach erzielte praktisch in jedem Angriff einen Treffer. „Unser Torwart war in der ersten Halbzeit nicht so gut“, hatte Keeper Niklas Landin kein Problem damit, seine Leistung mit einer Mischung aus Humor und Selbstkritik zu kommentieren. Was sicherlich auch daran lag, dass er nach einer fünfminütigen Pause wie verwandelt zurückkehrte.

Landin in Schutz genommen

„Wir können nicht erwarten, dass er immer alles hält“, nahm Jacobsen seinen Landsmann in Schutz. Zumal den Torwart nicht die alleinige Schuld traf, präsentierten sich die Löwen in ihrer offensiven 5:1-Abwehr doch zunächst vogelwild. „Ein bisschen chaotisch“ sei es vor ihm zugegangen, meinte Landin mit Blick auf die vielen Lücken und großen Abstände zwischen seinen Vorderleuten, doch in der Schlussphase der ersten Halbzeit griff plötzlich ein Rädchen ins andere. „Da haben wir die 5:1 gespielt, wie ich mir das vorstelle“, freute sich Jacobsen, dessen Mannschaft dank großer Steigerung in der Deckung aus einem 11:16 (26.) ein 23:19 (41.) machte. VfL-Trainer Emir Kurtagic zollte dem Vize-Meister für diese Leistungsexplosion Respekt: „Die Löwen haben gezeigt, dass sie ein Spitzenteam sind und mit besonderen Situationen umgehen können.“

Das 15:16 zur Pause sei schon wie ein kleiner Sieg gewesen, meinte Jacobsen und wusste, noch glimpflich davongekommen zu sein. Auch Schmid sah in den Minuten 26 bis 30 die Schlüsselphase: „Da haben wir den Rückstand verkürzt und Gummersbach das Genick gebrochen.“

Das wiederum lag vor allem an ihm höchstpersönlich. Ob mit einer feinen Einzelaktion, einem platzierten Wurf aus dem Rückraum oder einem brillanten Anspiel auf Kreisläufer Bjarte Myrhol – der Schweizer riss die Partie an sich. „Die alten Jungs mussten das lösen“, meinte Jacobsen, dass es letztendlich die Leistungsträger der vergangenen Saison waren, die für die Wende sorgten. Denn nach dem Wechsel drehten auch Alexander Petersson und Kim Ekdahl du Rietz auf. „Das muss momentan so sein. Mads Mensah Larsen und Harald Reinkind sind noch jung, sie müssen sich erst einmal an alles gewöhnen“, will der Trainer nichts überstürzen und hofft vor der Länderspielpause auf eine Krönung des Saisonstarts.

Gelingt am Samstag (19 Uhr) beim Bergischen HC der sechste Sieg im sechsten Spiel? „12:0 Punkte. Das wäre ein Traum“, sagte Jacobsen und begab sich mit reichlich Videomaterial über den nächsten Gegner auf den Weg Richtung Bus: „Ich weiß, was ich die nächsten drei Stunden mache.“

Von Marc Stevermüer