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„Auf die Champions League freut sich jeder Spieler“

Patrick Groetzki fiebert dem Duell gegen Veszprém entgegen

Am gestrigen Mittwoch gehörte Patrick Groetzki nicht zu den glücklichsten Menschen in der SAP ARENA. Das Talent auf Rechtsaußen freute sich zwar über den Sieg in der Bundesliga über den TV Großwallstadt (32:25), aber die eigene Leistung hatte ihm die Laune etwas verdorben. Der Linkshänder blieb ohne Treffer, dabei zählt der Junioren-Weltmeister eigentlich zu den konstant starken Cracks im Löwenrudel. In der Champions League soll das in den Duellen gegen Veszprém und Kielce in der Europahalle in Karlsruhe besser laufen, denn wenn vor den Duellen die Champions-League-Hymne ertönt, ist das für den Pforzheimer noch einmal eine Zusatzmotivation. Die erste Partie in der Königsklasse gegen Veszprém steigt am kommenden Sonntag, 16:30 Uhr, in der Europahalle.

Herr Groetzki, gegen Großwallstadt ist es für Sie persönlich nicht so gut gelaufen. Woran lag das?

So etwas passiert leider. Ich habe zwei klare Chancen gehabt, die ich eigentlich verwerten muss. Die Dinger sind aber nicht reingegangen, damit muss ich leben. Aber ich ärgere mich selbst am meisten über solche Fahrkarten und schlechte Leistungen. Ich will es in der Champions League auf jeden Fall besser machen.

Dennoch steigerten sich die Löwen gegen die Mainfranken insgesamt. Wie bewerten Sie jetzt den Saisonstart?

Man hat gesehen, dass die Mannschaft immer mehr zusammenwächst. In der Deckung hat das Innenpaar Roggisch und Manojlović sehr gut harmoniert und in der Abwehr stehen wir insgesamt bereits sehr kompakt. Das ist eine gute Basis und solange wir einen Karol Bielecki in dieser Form in der Mannschaft haben, können wir eigentlich gar nicht verlieren.

Wie erklären Sie sich seine Leistungsexplosion und haben Sie Bielecki schon einmal ähnlich stark erlebt?

Also bei den Löwen hatte er noch keine so gute Phase. Früher in Magdeburg hat er ja auch immer viele Tore gemacht, aber in einer so tollen Verfassung war er hier noch nicht. Mich persönlich freut das, denn es ist wichtig, jemand in der Truppe zu haben, der einfache Tore machen kann. Gerade in Phasen, wenn es nicht so läuft. Warum er plötzlich so stark ist, kann ich mir nicht erklären. Die Trainer geben ihm zu 100 Prozent das Vertrauen, wobei das im vergangenen Jahr auch schon so war. Vielleicht ist der Schlüssel, dass Karol als Typ einfach etwas lockerer geworden ist.

Trotz Bielecki gab es gegen Kiel und Hamburg Niederlagen…

Ja, das stimmt. Das lag daran, dass wir in beiden Partien schlechte Phasen hatten und das kann man gegen solche Spitzenmannschaften eben nicht ausgleichen. Hinzu kommt unsere miserable Trefferquote, was uns zudem fast das Pokal-Aus beschert hätte. Da suchen wir nach der Lösung, wobei es jetzt gegen Großwallstadt ja schon besser wurde.

Der Löwenkader ist sehr stark und sehr breit aufgestellt. Nur auf Ihrer Position auf Rechtsaußen sind Sie nominell der einzige Spieler. Wie gehen Sie damit um?

Es stimmt, ich bin nominell der einzige Rechtsaußen, aber damit beschäftige ich mich nicht. Ich setze mich selbst unter Druck, weil ich immer die beste Leistung abrufen möchte und da ist es mir egal, ob ich einen Konkurrent habe oder eben nicht.

Zuletzt ist Alexandros Alvanos eingesprungen und hat auch gegen Großwallstadt eine gute Leistung abgeliefert. Ist das für Sie beruhigend, wenn ein Ersatz da ist?

Für Alexis hat es mich sehr gefreut, denn er ist ein netter Typ. Und außerdem ist es natürlich hilfreich, denn wir stehen ja in drei Wettbewerben und da ist es fast nicht möglich, immer über 60 Minuten Vollgas zu geben. Aber noch einmal: In erster Linie beschäftige ich mich mit mir selbst, damit ich mich weiter verbessere.

Liegen etwas schwächere Leistungen im Moment vielleicht auch daran, dass Sie nach der Junioren-WM in ein kleines Loch gefallen sind?

Nein, das glaube ich nicht. Nach der Weltmeisterschaft hatte ich in der ersten Woche nach meiner Rückkehr einige Probleme, wieder in den Alltag zu finden, aber das ist mittlerweile nicht mehr so. Es fiel mir auch schwer, neben dem Handball wieder ins „normale“ Leben zurückzufinden, denn ich hatte wochenlang in verschiedenen Hotels nur aus dem Koffer gelebt. Da ist es dann wieder etwas Neues, wenn man zuhause aufräumen muss. Außerdem vergisst man schon mal seine Aufgaben. Beim Testspiel mit den Löwen in Friesenheim habe ich zum Beispiel nicht daran gedacht, die Bälle mitzunehmen, was eigentlich meine Aufgabe ist. Aber ich hatte es so lange nicht mehr gemacht, dass ich es einfach vergessen habe. Inzwischen bin ich aber wieder zu 100 Prozent bei der Sache, die Konzentration stimmt.

Direkt nach dem Turnier in Ägypten, wo die deutsche Mannschaft mit Ihnen die Goldmedaille gewann, haben Sie erklärt, noch gar nicht zu begreifen, was Sie geleistet hätten. Hat sich das inzwischen geändert?

Ja, ich denke schon. Mittlerweile ist die ganze Geschichte gesackt. In der vergangenen Woche habe ich mir auch zum ersten Mal das Finale gegen Dänemark im Fernsehen angeschaut, weil wir vom DHB eine Aufzeichnung zugeschickt bekommen haben. Das war vor allem in der Endphase schön anzuschauen, weil ich die Emotionen noch gut im Gedächtnis hatte.

Im Gegensatz zu vielen Ihrer Teamkollegen in der Junioren-Auswahl haben Sie bereits viele Spielanteile in der Herren-Bundesliga und zudem Erfahrung in der Champions League gesammelt. Bringt eine Junioren-WM Sie dann eigentlich noch in der Entwicklung weiter?

In jedem Fall. In der Nationalmannschaft habe ich eine andere Rolle, bin Vizekapitän und muss deshalb mehr Aufgaben auf dem Feld übernehmen als bei den Löwen. Das ist noch mal eine andere Verantwortung. Außerdem haben wir zehn Partien in 14 Tagen absolviert, so eine Belastung stärkt rückblickend den eigenen Körper. Um diese Erfahrungen zu sammeln, braucht man viele Bundesliga-Spiele. Aber eigentlich will ich gar nicht so viel zurückschauen, ich blicke lieber nach vorne.

Okay, jetzt warten zwei Champions-League-Duelle auf die Löwen. Wie schätzen Sie die kommenden Gegner ein?

Über Veszprém brauchen wir nicht groß zu sprechen. Diese Mannschaft kennen wir schon und haben im Mai 2008 im Europapokal-Endspiel gegen sie verloren. Im vergangenen Jahr waren sie in der Champions League sehr stark und haben fast Ciudad Real aus dem Wettbewerb geworfen. Ich denke, dass Veszprém unser größter Rivale im Kampf um den Gruppensieg ist. Und da wir unbedingt Erster werden wollen, um bei der Auslosung fürs Achtelfinale eine bessere Ausgangssituation zu haben, ist das Heimspiel gegen Veszprém sehr wichtig.

Vier Tage später kommt Kielce in die Europahalle nach Karlsruhe.

Auch diesen Gegner dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die haben eine gute Mannschaft und jetzt auch noch mit Mariusz Jurasik einen Torjäger in ihren Reihen. Auf das Wiedersehen mit ihm freue ich mich, aber wir dürfen die Polen nicht unterschätzen, denn ich glaube, dass Kielce nach Veszprém unser härtester Rivale sein wird.

Außerdem sind in der Löwen-Gruppe noch Chambéry, Velenje und Sarajevo vertreten. Wie beurteilen Sie diese Gegner?

Ich glaube, Chambéry ist nicht mehr so stark wie noch im Vorjahr. Durch den Abgang von Daniel Narcisse haben sie viel Qualität verloren. Velenje und Sarajevo sind unangenehme Teams, vor allem auswärts wird es dort nicht leicht werden. Aber ich denke, dass wir die Klasse haben, um uns gegen diese Teams durchzusetzen.

In der vergangenen Spielzeit waren die Löwen gerade in der Champions League immer voll da. Woran liegt das?

Es stimmt, ich denke, wir haben in der Champions League unsere stärksten Leistungen gezeigt. Gegen Chambéry haben wir aus meiner Sicht die stärkste Vorstellung der ganzen zurückliegenden Saison abgeliefert. Die Königsklasse ist eben ein besonderer Wettbewerb, darauf freut sich jeder Spieler und wenn die Hymne ertönt, läuft es mir immer noch eiskalt den Rücken herunter. Diese spezielle Atmosphäre und die immer wieder neuen Gegner machen den Reiz aus. Außerdem hatten wir in den etwas kleineren Hallen in Eppelheim und Karlsruhe immer tolle Unterstützung durch unsere Fans.

In der zurückliegenden Saison sind die Löwen gleich bis ins Halbfinale vorgestoßen, so dass die Erwartungshaltung in diesem Jahr entsprechend gestiegen ist.

Das Halbfinale war eine tolle Sache und natürlich wollen wir diesen Erfolg wiederholen. Besonders deshalb, weil es in diesem Jahr in der Champions League ein Final Four gibt, ähnlich wie im deutschen Pokalwettbewerb. Da wollen wir natürlich dabei sein, das ist unser Ziel. Wichtig ist deshalb, die Gruppenphase auf Platz eins abzuschließen, um den anderen Gruppensiegern aus dem Weg gehen zu können.

Also ist das Final Four das Ziel aller Träume?

Zunächst einmal ja. Wenn wir es dorthin schaffen sollten, werden wir uns sicher neue Ziele setzen. Dort gibt es dann ja kein Hin- und Rückspiel, sondern nur eine Partie. Da ist dann vieles möglich, aber daran möchte ich jetzt noch nicht so viel denken. Zunächst möchten wir Veszprém und Kielce schlagen. Das wird schwer genug.