Veröffentlichung:

Auslaufen statt Pokal-Party

Hamburg. Als der THW Kiel mit dem 30:24 (16:13) gegen die SG Flensburg-Handewitt gestern zum siebten Mal in seiner Vereinsgeschichte den DHB-Pokal gewonnen hatte, waren die Löwen bereits vom Auslaufen in ihrem Hotel am Tierpark Hagenbeck zurück. Danach hieß es Koffer packen und ab in den Flieger. Den Finalisten beim Endspiel zuzusehen, stand nicht zur Debatte. Zu tief steckte die Enttäuschung nach dem 20:22-Halbfinal-Aus gegen Flensburg vom Samstag noch in den Knochen. Die Frustbewältigung im Hamburger Nachtleben hatte die Gemütslage noch nicht wesentlich verändert.

„Wir haben es einfach nicht verdient, bei dieser Pokal-Party dabei zu sein“, fasste es Trainer Gudmundur Gudmundsson nach dem sechsten Anlauf in Hamburg ernüchtert zusammen. Dass seine Mannschaft ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt des nationalen Handballs mit 20 mageren Törchen ihre schlechteste Angriffsleistung in dieser Spielzeit präsentierte, beschäftigte den Isländer immer noch. Dazu standen nicht weniger als 26 Fehlwürfe in der Horror-Statistik von Hamburg.

„Drei davon im Tor hätten doch schon gereicht“, haderte der Coach mit der unterirdischen Quote, der schließlich keinesfalls ein Offensiv-Spektakel der Flensburger gegenüberstand. Doch SG-Torwart Sören Rasmussen musste sich gefühlt haben wie das Moorhuhn aus dem bekannten PC-Spiel. Egal, in welche Ecke sich der Keeper bewegte – die Löwen nahmen ihn unbarmherzig ins Visier. Selbst Tor-Garanten wie Uwe Gensheimer versagten den Dienst, Grzegorz Tkaczyk war seine Wadenverletzung anzumerken. „Dass deshalb aber auch alle anderen nur 70 Prozent Leistung erbringen, verstehe ich nicht“, begab sich Geschäftsführer Thorsten Storm auf Ursachenforschung für den völlig verkrampften Auftritt, mit dem die Flensburger Abwehr nie in Bedrängnis zu bringen war. „Vielleicht hat der eine oder andere den Fehler gemacht, statt erst an das Halbfinale schon an das Finale zu denken“, mutmaßte Storm.

Wie mit Blei in den Beinen

Allerdings hatte es eher den Anschein, dass die Badener nicht mit der Favoritenbürde zurechtkamen, die ihnen angesichts der formschwachen Kieler und der dünnen Flensburger Bank viele Experten zugeschrieben hatten. Statt von der großen Chance beflügelt, spielten die Löwen durchgehend wie mit Blei in den Beinen. „Alles Spekulationen“, hatte Torwart Henning Fritz wenig Lust, sich damit tiefergehend zu beschäftigen: „Wir konnten eben nicht die Akzente setzen.“ Ein Spiel um Platz drei (nur nötig zu einer eventuellen EHF-Cup-Qualifikation) wurde nicht mehr ausgetragen.

Damit war die nächste Chance auf einen Titel vertan, die letzte für diese Spielzeit bietet sich am 28./29. Mai beim Champions-League-Final-Four in Köln. Doch davon wollte Trainer Gudmundsson zunächst nichts wissen. „Dass wir in Köln dabei sind, ist ein Geschenk. Es wäre vermessen, zu denken, wir schlagen da einfach so Barcelona“, lenkte der Isländer den Fokus stattdessen gleich auf Mittwoch, wenn es in der Liga gegen den TuS Nettelstedt-Lübbecke geht (20.15 Uhr, SAP Arena).

„Mit so einer Leistung wie gegen Flensburg verliert man auch ein solches Spiel“, unkte Manager Storm, während Kreisläufer Bjarte Myrhol ebenfalls an die nächsten Aufgaben dachte: „Natürlich sind wir brutal enttäuscht. Aber am Mittwoch haben wir das nächste Endspiel. Wenn wir wieder in die Champions League wollen, müssen wir noch alle vier ausstehenden Spiele gewinnen.“

Von Thorsten Hof

 09.05.2011