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Bielecki fürchtet um seine Karriere

Mannheim. Vor sieben Tagen war die Welt von Karol Bielecki noch in Ordnung. „Ich möchte diese Mannschaft auf dem Weg zu großen Zielen begleiten und meinen Teil dazu beitragen, dass sich diese Ziele verwirklichen“, sagte der Pole, als er seinen Vertrag bei den Rhein-Neckar Löwen vorzeitig bis 2015 verlängert hatte. Es waren Worte voller Optimismus und Tatendrang, doch nur eine Woche später muss der Rückraum-Shooter des Handball-Bundesligisten um die Fortsetzung seiner Karriere bangen.

Der Rotschopf zog sich am Freitagabend im Länderspiel mit der polnischen Nationalmannschaft gegen Kroatien nach einer unglücklichen Abwehraktion seines Gegenspielers Josip Valcic eine schwere Verletzung am Augapfel und am Augenlid zu. Bielecki wurde zunächst in ein Krankenhaus in Kielce gefahren, nach einer Computertomographie aber in eine Spezialklinik ins 180 Kilometer entfernte Lublin gebracht und dort operiert.

Groetzki geschockt

Unter den Löwen-Spielern verbreitete sich die Hiobsbotschaft schnell. „Diese schlimme Nachricht hat mich geschockt“, sagte Patrick Groetzki am Rande des WM-Qualifikationsspiels der deutschen Auswahl gegen Griechenland. Der Rechtsaußen hatte am Samstag mit Bielecki SMS-Kontakt und schickte Genesungswünsche. Auch Uwe Gensheimer war nach seinem formidablen Auftritt im Nationaltrikot in Gedanken bei seinem Vereinskameraden: „Ich hoffe, dass Karol so schnell wie möglich gesund wird.“

Die Klubführung des Bundesligisten reagierte blitzschnell auf die böse Verletzung des wurfgewaltigen Rückraumspielers, der zu den wenigen Gewinnern bei den Badenern in der vergangenen Saison zählte und eine zentrale Rolle in den langfristigen Planungen des Vereins einnimmt. „Karol und seine Gesundheit stehen jetzt absolut im Vordergrund“, sagte Manager Thorsten Storm, der umgehend alle Hebel in Bewegung setzte, um Bielecki rasch und unkompliziert die bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen. Mit Erfolg. Nach der gestrigen Abschlussuntersuchung wurde der Halblinke nach Stuttgart geflogen und anschließend in eine Tübinger Spezialklinik gebracht. Dort wird der 28-Jährige, dem es den Umständen entsprechend gut geht, am Dienstag erneut operiert.

Keine Aussagen konnten die Ärzte bislang darüber machen, wie lange der Rechtshänder ausfallen wird. Im schlimmsten Fall droht der Verlust des Augenlichts – was das Karriereende bedeuten würde. Pawel Papaj vom polnischen Handballverband ZPRP erklärte gegenüber dem Fernsehsender TVP Sport: „Die Operation war sehr kompliziert und es ist derzeit schwierig, Prognosen abzugeben.“ Hoffnung macht den Medizinern, dass das Auge nach der ersten Operation auf Licht reagiert habe, heißt es in eine Mitteilung des polnischen Handball-Verbandes.

Die Löwen drücken die Daumen für eine vollständige Genesung Bieleckis. Sollte der Torjäger aber doch für längere Zeit ausfallen, müssten die Badener noch einmal auf dem Transfermarkt handeln. Und da bieten sich auf die Schnelle zwei relativ unkomplizierte Lösungen an. Erste Möglichkeit: Der Serbe Zarko Sesum verlässt den ungarischen Spitzenverein MKB Veszprém kurzfristig und kommt schon in diesem Jahr zu den Gelbhemden. Ab 2011 steht er ohnehin bei den Badenern unter Vertrag. Zweite Möglichkeit: Die Löwen bedienen sich bei ihrem Kooperationspartner Kopenhagen und lotsen Mikkel Hansen nach Mannheim. Der Däne soll – so sagte es zumindest der Aufsichtsratsvorsitzende Jesper Nielsen – ab 2011 ohnehin für den Bundesligisten spielen.

Die Löwen und alle Handball-Fans in Deutschland favorisieren allerdings eine andere Lösung: Bielecki wird ganz schnell gesund und steht schon bald wieder für die Gelbhemden auf der Platte.

Von Marc Stevermüer

 14.06.2010