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Champions-League-Krimi: „Fritze“ hält Punkt fest

Löwen-Keeper pariert in den Schlusssekunden Siebenmeter in Kielce

Die Rhein-Neckar Löwen haben in der Champions-League-Gruppe A ihren ersten Punktverlust zu verzeichnen: Die Badener trennten sich am Sonntag von KS Vive Targi Kielce mit 23:23 (12:12). Nach dem Duell beim polnischen Meister bilanzierte Löwen-Trainer Guðmundur Guðmundsson: „Wir haben sehr gut in der Defensive agiert. Im Spiel nach vorne hatten wir allerdings zeitweise unsere Probleme, haben zu viel verworfen. Wir hatten unsere Chancen zu gewinnen, aber wir hätten die Partie auch verlieren können. Deshalb müssen wir mit diesem Punkt zufrieden sein.“

Dabei machte den Löwen-Coach vor allem die vorletzte Aktion der Begegnung „traurig“. Er meinte die Rote Karte gegen Karol Bielecki, der den Kielce-Linksaußen Vitalij Nat beim letzten Angriff zu Fall brachte. Aber damit nicht genug: Die Schiedsrichter entschieden vier Sekunden vor dem Ende auch auf Siebenmeter. „Das war keine Absicht von Karol“, hofft Guðmundsson, dass diese Aktion für Bielecki keine weiteren Konsequenzen nach sich zieht. Für die Löwen hatte der Strafwurf keine Konsequenzen: Denn Torhüter Henning Fritz zeigte gegen Stojković seine Klasse und hielt den Punkt fest.

Nach dem ersten Abschnitt vor 4.400 Zuschauern in der Halle Legionow stand ein 12:12. Ein Spielstand, der 30 Minuten mit technischen Fehlern, Hektik, zu schnellen Abschlüssen, ungenauen Zuspielen und einer Menge – zu vielen – vergebenen Möglichkeiten widerspiegelte. Aber der auch zwei ganz starke Keeper zeigte. Cleverly auf Seiten des polnischen Top-Klubs zog vor allem den beiden Außen Čupić und Gensheimer den Nerv, Szmal hielt die Löwen mit sehr guten Paraden im Spiel. Die erste Führung gelang den Badenern nach zwölf Minuten. Danach vergaben die Löwen einige Chancen, versäumten es, den Vorsprung weiter auszubauen. Das 10:12 durch Karol Bielecki, der sich mit vier Treffern vor der Pause als erfolgreichster Werfer in die Liste eintrug, bedeutete die erste Zwei-Tore-Führung.

In der Halle Legionow in der 200.000-Einwohner-Stadt Kielce, wo am 11. Juni für Karol Bielecki ein neues Leben begonnen hatte. An jenem Freitag verlor er beim Testspiel der polnischen Nationalmannschaft gegen Kroatien bei einem Unfall das linke Augenlicht. Am Sonntag kehrte er nun an den Ort des Geschehens zurück. Premierminister Donald Tusk ehrte Bielecki vor der Partie der Löwen in einem Schreiben als außergewöhnlichen Sportler und Menschen, als einen großen Kämpfer, der nicht nur im Handball ein Vorbild für viele ist. Bielecki wurde bereits vor dem Duell vom Publikum gefeiert, sein Konterfei anschließend auf einem Transparent auf der Tribüne nach oben gezogen. Seine Führung vor dem Wechsel hatte allerdings nicht lange Bestand: Ein Doppelpack von Rosiński durchkreuzte den Plan der Badener, mit einem positivem Ergebnis in die Kabine zu gehen. „Es war heute für mich ein besonderes Erlebnis, hier aufzulaufen“, konstatierte Bielecki und fügte an: „Danke an Henning, er hat uns den Punkt gerettet.“

Mit dem Vorsatz, nun ruhiger und disziplinierter zu Werke zu gehen, kam die Sieben von Guðmundur Guðmundsson wieder auf die Platte. Aber dies gelang nur zeitweise. „Wir haben im ersten Durchgang zu viele freie Chancen vergeben und zu viele technische Fehler gemacht. In der Schlussphase haben wir mit zwei Toren geführt und müssen eigentlich die beiden Punkte mitnehmen. Aber am Ende sichert uns Henning Fritz dann einen Punkt“, bilanzierte Abwehrspezialist Oliver Roggisch nach 60 hektischen Minuten. Der zweite Teil begann zunächst mit einer Drei-Tore-Führung (18:15/38.) für die Polen, aber die Löwen zeigten die Zähne, drehten beim 20:21 (48.) die Partie. Mit verantwortlich dafür: Keeper Fritz, der ab der 39. Minute für Szmal (erhielt eine Zwei-Minuten-Strafe) zwischen die Pfosten gerückt war. Čupić erhöhte nach einer fünfminütigen Torflaute gar auf 20:22. Diese Führung hatte auch noch beim 21:23 (57.) durch Groetzki Bestand. Kurz darauf erhielt Tkaczyk nach einem Foul an Jurasik die Rote Karte und Kielce erzielte den Anschlusstreffer. Nach einem Fehlpass von Lund gelang Jurecki der Ausgleich. „Im ersten Abschnitt hätten wir einen Vorsprung mitnehmen müssen. Aber Kasa Szmal hat Weltklasse gehalten. Im zweiten Durchgang war es ein gutes Spiel von beiden Seiten, mal waren wir, mal waren die Löwen vorn. Dann haben wir am Schluss einen Punkt liegen lassen. Aber da auch die Löwen ihre Chance hatten, die Partie zu gewinnen, bin ich zufrieden“, urteilte der Ex-Löwe Mariusz Jurasik. Löwen-Manager Thorsten Storm: „Wir haben toll gekämpft. Das war ein ganz schweres Spiel für uns, das unterm Strich von starken Torhüterleistungen auf beiden Seiten geprägt wurde und mit einem gerechten Unentschieden endete.“

Am Montagvormittag hebt der Flieger mit den Löwen an Bord in Krakau zurück Richtung Frankfurt ab. Am Nachmittag wird dann wieder das Trainingszentrum erreicht sein. Schon längst hat zu diesem Zeitpunkt Coach Guðmundsson mit der Vorbereitung auf die dritte DHB-Pokalrunde begonnen: Am Mittwoch (20 Uhr) müssen die Löwen beim TV Bittenfeld ran.

KS Vive Targi Kielce: Cleverly, Kotliński (bei drei Siebenmetern) – Jurasik (3), Knudsen (3), Jurecki (4) – Kuchczyński (3), Jachlewski – Stojković (5/3) – Džomba, Rosiński (4), Grabarczyk, Krieger, Nat (1), Podsiadło (n.e.), Zaremba, Żółtak.
Rhein-Neckar Löwen: Szmal, Fritz (ab 39.) – Stefánsson (4), Lund (1), Tkaczyk (2) – Čupić (2/1), Gensheimer (7/4) – Myrhol (1) – Roggisch, Bielecki (5), Groetzki (1), Schmid, Gunnarsson, Ruß (n.e.).
Strafminuten: / – Myrhol (2), Szmal (2), Lund (2).
Disqualifikation: Grabarczyk (45./dritte Zeitstrafe), Tkaczyk (58./grobes Foulspiel), Bielecki (60./grobes Foulspiel).
Trainer: Bogdan Wenta – Guðmundur Guðmundsson.
Zuschauer: 4400.
Schiedsrichter: Gjorgji Nachevski/Slavco Nikolov (Mazedonien).
Spielfilm: 3:1 (3.), 4:5 (12.), 6:5 (15.), 7:8 (20.), 9:8 (22.), 9:10 (24.), 10:12 (28.), 12:12 (Hz.) – 15:13 (33.), 18:15 (38.), 19:19 (44.), 20:21 (48.), 21:23 (57.), 23:23 (Endstand).
Zeitstrafen: 3/5.
Siebenmeter: 4/3 – 6/5.
KS Vive Targi Kielce: Stojković scheitert an Fritz.
Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer wirft am Tor vorbei.
Beste Spieler: Cleverly, Rosiński – Szmal, Fritz.