Veröffentlichung:

„Dann eben im sechsten Anlauf“

Mannheim. 13 000 verrückte Fans, vier Mannschaften, eine Trophäe – das Final-Four-Turnier um den DHB-Pokal in Hamburg ist die Top-Veranstaltung des deutschen Handballs. Emotionen und Gänsehaut-Atmosphäre sind hier garantiert, keiner weiß das so gut wie Uwe Gensheimer und Slawomir Szmal. Das Duo der Rhein-Neckar Löwen war seit 2006 bei allen fünf Final-Four-Teilnahmen der Löwen dabei und erlebte somit auch die bittersten Momente wie etwa die Final-Niederlage in der Verlängerung vor einem Jahr, das Sekunden-Halbfinal-Aus gegen Kiel 2009 oder die so knapp verpasste Final-Sensation beim Debüt 2006. Doch von einem Trauma ist bei den beiden Handball-Profis nichts zu spüren, jetzt soll es eben im sechsten Anlauf klappen. Vor allem für „Kasa“ Szmal wäre es in seiner letzten Spielzeit bei den Badenern die Krönung seiner Karriere in Deutschland.

„Natürlich ist das ein Traum von mir“, sagt Szmal, der unbedingt noch einen Pokal mit in die polnische Heimat nehmen will. „Wir sind jetzt in zwei Final-Turnieren am Start. Und auch wenn der Champions-League-Sieg vielleicht süßer schmecken würde – die Chance im DHB-Pokal ist natürlich etwas größer“, sagt Szmal. „Und ich glaube fest daran, dass es für mich einen tollen Abschluss gibt, wenn wir dieses Mal den Pokal mit nach Hause bringen.“

„Alle haben 25 Prozent Chancen“

Dass viele die Rhein-Neckar Löwen vor dem anstehenden Wochenende bereits auf den Favoritenschild heben wollen, ist dem polnischen Keeper allerdings suspekt. „Natürlich hatten wir mit Ausnahme des jüngsten Liga-Spiels zuletzt einen guten Lauf. Aber in Hamburg haben alle vier Mannschaften eine 25-Prozent-Chance“, erinnert Szmal an die Liga-Niederlagen gegen die Final-Four-Konkurrenz aus Göppingen sowie Flensburg. Und selbst die positive Bilanz gegen Kiel und die aktuelle Formkrise der einstigen Übermannschaft von der Ostsee will der Torhüter nicht gelten lassen: „Für die Kieler ist das die letzte Titelchance in diesem Jahr, und die werden sie nutzen wollen.“

Uwe Gensheimer würde sogar die fünf Euro für das Phrasenschwein investieren. „Dass der Pokal gerade in Hamburg seine eigenen Gesetze hat, konnten wir schließlich schon selbst ausreichend in Erfahrung bringen. Da gilt es nur in diesen zweimal 60 Minuten“, blickt der Linksaußen auf fünf Jahre an der Waterkant zurück.

2006 als Aufsteiger Kiel geschlagen oder im Jahr darauf den HSV Hamburg aus dem Wettbewerb gekegelt, dem gegenüber stehen drei Final-Niederlagen. Auch deshalb sind es nicht nur die negativen Erinnerungen, die das Hamburg-Bild Gensheimers prägen. „Da waren auch sehr schöne Momente und große Spiele dabei“, will sich der Ausnahmekönner auf der Außenbahn nicht von der nackten Ergebnisliste beeinflussen lassen und gibt seine Vorfreude preis. „Die Atmosphäre in dieser Halle ist einzigartig. Dafür trainieren Handballer das ganze Jahr“, gibt es laut Gensheimer in Deutschland nichts Vergleichbares. Und doch ist Dabeisein auch für den 24-Jährigen natürlich nicht alles: „Den Pokal dann auch zu holen, wäre natürlich das i-Tüpfelchen – und wenn es dann eben im sechsten Anlauf sein muss. Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass wir die Leistung der vergangenen Wochen wieder abrufen können.“

Wie reagieren die neutralen Fans?

Für beide Löwen-Spieler ist es nicht zuletzt spannend, wie sich in diesem Jahr die Fans auf den Rängen der Hamburger O2-World zusammensetzen werden. Jeder Verein bekommt sein übliches Karten-Kontigent, der HSV Hamburg, der sich zuletzt auf die vielen Anhänger auf den „neutralen“ Plätzen verlassen konnte, ist in diesem Jahr allerdings nicht dabei. Ein echtes Heimspiel wird also keiner der vier Finalisten haben. „Dennoch werden die Anhänger der Nord-Vereine wohl in der Überzahl sein“, erwartet Löwen-Keeper Szmal etwas Auswärtsatmosphäre, während Gensheimer hier auch eine Chance sieht. „Ohne den HSV liegt es an uns, so viele Zuschauer wie möglich für uns zu begeistern“, kennt der Rechtshänder die Mechanismen auf den Rängen. Und wem der zahlreiche Löwen-Anhang die Daumen drücken wird, ist ohnehin klar – eine Extraschicht Anfeuern für die beiden Pokal-Dauerbrenner inklusive.

Von Thorsten Hof

 06.05.2011