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Das emotionale Zentrum (RNZ)

Belgrad. (sid) Oliver Roggisch ist verrückt. Im positiven Sinne. Auch eine gebrochene Nase konnte ihn am Samstag nicht davon abhalten, sich ins Abwehrgetümmel zu stürzen. Der Chef des deutschen Defensiv-Bollwerks hat maßgeblichen Anteil am aktuellen Höhenflug der Nationalmannschaft. Die deutsche Abwehr gehört dank Roggisch zu den besten des Turniers. „Solche Typen braucht eine Mannschaft“, sagte Bundestrainer Martin Heuberger nach dem Remis gegen Serbien (21:21). Im deutschen Abwehrzentrum sorgt der 2,02-Meter-Hüne von den Rhein-Neckar Löwen zusammen mit Michael Haaß und reichlich „gesunder Härte“ für Angst und Schrecken bei den gegnerischen Angreifern. „Das ist eine Drecksmaloche“, sagte Haaß, „aber mit Olli bringt das richtig Spaß“.
Vom Nasenbeinbruch aus dem Schweden-Spiel war gegen die Serben nichts mehr zu spüren. Kompromisslos wie immer ging Roggisch in die Zweikämpfe, stellte seinen wuchtigen Körper gegen alles und jeden, der sich in die deutsche Verteidigungszone wagte. „Wir kennen den Olli. So ein Nasenbeinbruch macht ihm gar nichts. Im Spiel merkt der sowieso nichts“, sagte Haaß, während Roggisch ergänzte: „So etwas hatte ich schon öfter. Ich habe soviel Adrenalin im Blut, dass ich davon im Spiel nichts mitbekomme.“
Vor den Spielen hört Roggisch regelmäßig Rockmusik der Gruppe Rammstein.„ Da werde ich richtig wach. Das gibt mir den letzten Kick“, sagt Roggisch, der gegen Serbien sogar als zweifacher Torschütze glänzte. Seine harte, aber selten unsportliche Gangart schlägt sich in der Statistik nieder. Mit neun Zeitstrafen nach vier Spielen führt Roggisch die Sünderkartei des Turniers an.
Dabei war der Weltmeister von 2007 eigentlich schon abgeschrieben. Der gelernte Kreisläufer galt zuletzt als Auslaufmodell. Doch als die Erinnerungen an seinen größten Erfolg bei der Heim-WM vor fünf Jahren langsam zu verblassen drohten, drehte Roggisch auf – nicht nur mit knüppelharter Abwehrarbeit. Roggisch ist in Serbien das emotionale Zentrum der deutschen Mannschaft. Er reißt seine Mitspieler mit, er spornt an.
Der 33-jährige Team-Oldie präsentiert sich dieser Tage in Belgrad so fit wie selten zuvor. Neun Kilo speckte er ab, umbei derEM in Topform zu sein. Von seinem Bandscheibenvorfall vor zwei Jahren ist nichts mehr zu spüren. „Jetzt bin ich schneller als vorher und fühle mich besser denn je“, sagt „The Rogg“, wie er sich auf seiner Homepage nennt.