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Das „Geheimnis“ ist gelüftet

Heidelberg. Seine Reflexe sind in Handballkreisen gefürchtet, sorgen für Verzweiflung, für Entsetzen bei den Gegenspielern: Zwischen den Pfosten macht Goran Stojanovic, 33, so schnell niemand etwas vor. Als Torhüter eilt ihm ein hervorragender Ruf voraus: Manche vergleichen ihn ehrfurchtsvoll mit einer Mauer, schier unüberwindbar und stark, andere mit einem Riesenkraken, einem mit tausend Armen. Kurzum: Stojanovic ist einer, der auf einem höheren Level „hext“. Nicht immer, aber meistens. Beim VfL Gummersbach, dem Handball-Dino im deutschen Oberhaus, können sie ein Lied davon singen. Dort wird er verehrt ohne Ende, dort liegen sie ihm zu Füßen. Wobei die Betonung mittlerweile möglicherweise eher auf lagen liegt. Denn gestern wurde die ohnehin nicht mehr ganz so heile VfL-Welt erneut schwer erschüttert: Der Kapitän geht. Ihn zieht es zu den Rhein-Neckar Löwen um im Sommer 2011 die Nachfolge von Kasa Szmal anzutreten. Damit bestätigte sich gleichzeitig das, was die Rhein-Neckar-Zeitung bereits vor einer Woche exklusiv vermeldete.

Bei den Badenern ist die Vorfreude auf das Ass aus Montenegro riesig: „Goran ist ein würdiger Nachfolger für Kasa. Er ist einer der besten Torhüter der Welt“, lobt Löwen-Manager Thorsten Storm und legt nach: „Seine langjährige Bundesliga-Erfahrung, sein ständiger Erfolgshunger – ein echter Musterprofi.“ Folglich wurde der 1,92mMann auch mit einem langfristigen Kontrakt ausgestattet. Der Familienvater wird bis zum 30. Juni 2014 für die Löwen die Krallen ausfahren.

Drei Jahre, auf die sich der Keeper schon jetzt freut. DerNeue ist heiß, brennt förmlich auf seinen Wechsel zum badischen Handball-Flaggschiff: „Ich komme in eine Mannschaft mit großen Ambitionen, die schon jetzt alle schlagen kann. Zusammen wollen wir Titel holen. Gerade die Champions League wäre doch eine tolle Sache“, schmunzelte Stojanovic gestern im RNZ-Gespräch. Und er sprach viel, begann immer wieder zu schwärmen. Von einem tollen Verein, von genau der richtigen Entscheidung, von einigen alten Bekannten, die er nun wieder häufiger sieht.

Alte Bekannte? Stimmt, da war ja was! Neben Robert Gunnarsson und Gudjon Valur Sigurdsson wird Stojanovic der dritte Ex-Gummersbacher sein, der in der kommenden Saison für die Löwen auf der Platte steht. Möglich wurde der Transfer übrigens erst durch eine Ausstiegsklausel. Denn eigentlich stand der Familienvater noch bis 2014 in Gummersbach unter Vertrag: „Goran hat sich diese Option ganz bewusst in seinen Vertrag schreiben lassen“, verrät Storm: „Er hatte ursprünglich sogar vor, schon ein Jahr früher zu uns zu kommen.“

Wie auch immer, dem kommenden Sonntag blickt Stojanovic mit gemischten Gefühlen entgegen: Ausgerechnet dann kreuzt nämlich der VfL Gummersbach in der Mannheimer SAP Arena auf, will mit seinem Noch-Keeper das Löwen-Gehege stürmen. Doch will Stojanovic das auch selbst? Er sagt Ja: „Momentan spiele ich noch für den VfL und für den werde ich alles geben.“ Es kam wie aus der Pistole geschossen, klang entschlossen. Doch Sportsgeist hin oder her, Ehre auch, letztlich ist er eben nur ein Mensch, kein Roboter: „Klar würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das völlig kalt lässt. Natürlich werden da komische Gefühle hochkommen…“

Die gilt es auszublenden. Auf beiden Seiten. Die Sympathien ruhen dann. Aber erst dann. Denn noch ist Zeit für warme Worte. Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson wählte sie gestern: „Ich bin froh, dass sich Goran für uns entschieden hat“, betonte der Isländer. Für ihn liegen die Vorzüge von Stojanovic klar auf der Hand: „Er ist ein sehr erfahrener, engagierter und ehrgeiziger Keeper, der überragende Leistungen zeigt.“

Am Sonntag könnte er sich nun mal eine Auszeit nehmen, eine einmalige, möglichst 60-minütige. „Gudmi“ würde ihm das diesmal sicher nicht übel nehmen…

Von Daniel Hund

 07.12.2010