Rhein-Neckar Löwen bleiben nach Coup gegen Kiel zurückhaltend
Andy Schmid schlug sich mit der rechten Hand aufs Herz, dann drückte der Spielmacher der Rhein-Neckar Löwen Uwe Gensheimer und all die anderen Kollegen an die Brust, derweil der Großteil der 13 400 Zuschauer „Oh, wie ist das schön“ sang. So was hat man ja in der Tat auch noch nie gesehen, dass der badische Bundesligist sechs Punkte Vorsprung hat auf den THW Kiel. Doch von einer Vorentscheidung im Rennen um die deutsche Meisterschaft wollte bei den Löwen nach dem verdienten 24:20(13:7)-Sieg keiner sprechen. Nur so viel: „Die letzten beiden Jahre waren wir nah dran. Vielleicht sind wir jetzt noch näher dran“, sagte Kapitän Gensheimer.
Mit einer defensiven Meisterleistung haben die Löwen den Titelverteidiger in die Knie gezwungen und ihre weiße Weste gewahrt. „Die Deckung war überragend, Stefan Kneer und Gedeon Guardiola waren zusammen mit Torhüter Mikael Appelgren die Matchwinner“, analysierte Trainer Nikolaj Jacobsen den Erfolg und bezeichnete den Vorsprung von sechs Punkten als „gutes Polster“. Von einem „verdienten Sieg“ der Löwen sprach der Kieler Coach Alfred Gislason, der die Gastgeber mit Christian Sprenger als siebten Feldspieler für Torhüter Niklas Landin bei Kieler Angriffen zu irritieren versuchte. Die Löwen waren damit zu einer defensiven 6:0-Abwehr gezwungen, was sich nicht nachteilig auswirken sollte. Der Schuss erwies sich nicht nur als Rohrkrepierer, er ging zur Begeisterung der Zuschauer zweimal sogar nach hinten los. Als Gedeon Guardiola nach einer Viertelstunde am eigenen Kreis den Ball erwischte, warf er ihn im hohen Bogen ins verwaiste THW-Tor. Es war der Treffer zum zwischenzeitlichen 6:3. Zwei Minuten vor der Schlusssirene wiederholte der Spanier dieses Zielwerfen erfolgreich zum 23:19. Davor hatten die Löwen bange Minuten zu überstehen.
Der komfortable Sechs-Tore-Vorsprung zur Halbzeit war nach 44 Minuten auf einen einzigen Treffer zusammengeschnurrt. „Vielleicht war der der große Vorsprung der Grund, warum wir in der zweiten Halbzeit nicht ins Rollen kamen“, sinnierte Gensheimer, der mit sieben Toren erfolgreichster Werfer war. Vier Minuten vor der Schlusssirene lagen die Löwen mit zwei Toren vorn, doch nach einem furiosen 3:0-Lauf war die Frage nach dem Sieger beantwortet.
Großen Anteil am Triumph hatte Appelgren, der auf 14 Paraden kam und damit mehr Würfe abwehrte als Ex-Löwe Landin. Der Schwede im Tor des Tabellenführers vereitelte mit einer Glanztat in der 24. Minute auch einen Treffer von Igor Anic bei dessen Premiere im THW-Trikot. Der Kreisläufer war kurzfristig aus Nantes geholt worden als Ersatz für den am Kreuzband verletzten Patrick Wiencek. Bei einem Siebenmeter kam auch Torhüter Darko Stanic zum Einsatz – nach Informationen dieser Zeitung war es sein letzter Auftritt für die Löwen. Der Serbe wechselt wohl zum katarischen Club El Jaish. Sein mutmaßlicher Nachfolger Richard Stochl saß gestern bereits auf der Tribüne, der Slowake ist derzeit vereinslos.