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Den ersten Titel im Visier

Heidelberg. Ausschlafen ist für die Rhein-Neckar Löwen heute ein Fremdwort. Mitten in der Nacht klingelt der Wecker. Schuld ist der Zeitplan, der ist straff, genau durchorganisiert: Bereits um 8 Uhr düst der Mannschaftsbus in Richtung Frankfurter Flughafen, wo der Flieger wartet, mit dem das Rudel gegen 12 Uhr in Hamburg einschweben wird. Das Ziel ist die „O2 World Hamburg“, das Final Four, d a s nationale Handball-Fest schlechthin. Dort soll es endlich klappen, mit dem ersten Titel, dem ersten dicken Ausrufezeichen in der jungen Vereinsgeschichte. Reif ist die Zeit – gerade beim Final Four. Beim Showdown im DHB-Pokal sind die Gelbhemden echte Wiederholungstäter: Es ist die sechste Teilnahme in Serie! Im Halbfinale, das morgen um 15.15 Uhr angepfiffen wird, wartet diesmal die SG Flensburg-Handewitt. Der zweite Finalteilnehmer wird unmittelbar davor zwischen dem THW Kiel und Frisch Auf Göppingen (13.15 Uhr) ermittelt. Das Endspiel steigt dann am Sonntag um 14 Uhr. Residieren wird das Rudel im Lindner Park-Hotel im Tierpark Hagenbeck. „Schließlich sind wir ja Löwen“, schmunzelt Manager Thorsten Storm.

Die Teilnahme macht sich übrigens auch finanziell bezahlt: Jeder der vier Klubs darf sich über eine Antrittsprämie von 120. 000 Euro freuen. Und auch das Drumherum wird passen. Die „O2 World Hamburg“ ist restlos ausverkauft, an bei_ den Tagen werden 13.000 Zuschauer für Stimmung sorgen.

Im Vorfeld des Handball-Spektakels sprach die RNZ mit den zwei Oberlöwen: Trainer Gudmundur Gudmundsson und Manager Storm äußerten sich im Interview. Beide hoffen auf ein Happy End, sind zuversichtlich, aber auch vorsichtig.

> Gudmundur Gudmundsson, Thorsten Storm, wie groß ist die Vorfreude auf das Final Four in Hamburg?

Gudmundsson: Riesig natürlich. Insbesondere auch bei mir. Denn ich war bislang nur zwei Mal als Zuschauer dabei. Und selbst das war beeindruckend. Wir haben dort viel vor und wollen uns sehr gut verkaufen. Nervosität verspüre ich gar nicht, einfach nur die pure Vorfreude.

Storm: Bei diesem Turnier herrscht einfach eine ganz besondere Stimmung, die sich nur schwer beschreiben lässt, man muss es einfach selbst erlebt haben. Aber das Besondere ist sicher, dass sich vier Vereine und ihre vielen Fans in einer Halle treffen.

> Nach zuletzt starken Leistungen gelten die Löwen bei vielen Experten als Topfavorit auf den Titel …

Storm: Alle vier Mannschaften wollen den Pott in Hamburg gewinnen. Auch wir träumen natürlich davon. Und das nicht erst seit dieser Saison. Als Favoriten sehe ich uns aber trotzdem nicht. Wir haben zunächst ein sehr schweres Spiel gegen Flensburg vor der Brust und ich weiß gerade in diesem Zusammenhang, wovon ich spreche.

Gudmundsson: Na, wenn die Experten das sagen. Mich interessiert das aber weniger, ich beziehungsweise wir konzentrieren uns zunächst nur auf das Spiel gegen Flensburg. Denn Fakt ist: In Hamburg kann jeder jeden schlagen.

> Apropos Flensburg, wie ist dieser Gegner, der zuletzt meist durch große Leistungsschwankungen aufgefallen ist, einzuschätzen?

Storm: Sie haben eine tolle und charakterstarke Mannschaft, die eigentlich immer bis zum Umfallen kämpft. Ich würde ihre starke Deckungsarbeit noch hervorheben.

Gudmundsson: Von unseren letzten vier Partien gegen Flensburg haben wir drei

verloren. Das sagt doch alles, oder? Flensburg hat eine gute Abwehr, gute Torhüter und spielt sehr gute Gegenstöße. Außerdem verfügen sie auf jeder Position über extrem torgefährliche Spieler.

> Demnach war es wichtig, dass man im letzten direkten Duell endlich mal wieder gegen Flensburg gewonnen hat …

Gudmundsson: Ja. Wir sind aber gut beraten, wenn wir diesen Sieg nicht überbewerten. Denn nun wartet eine ganz andere Begegnung auf uns: Zum einen ist es diesmal ein Alles-oder-Nichts-Spiel und zum anderen wirkten die Flensburger in der letzten Partie gegen uns irgendwie müde, da hat irgendetwas nicht gepasst.

Storm: Dieses Spiel ist schon so lange her, dass man es eigentlich nicht als Maßstab heranziehen kann. Wir müssen einfach eine Topleistung abrufen, eben eine ganz andere als zuletzt gegen den HSV Hamburg.

> Es ist die sechste Teilnahme in Serie. Warum klappt es ausgerechnet in diesem Jahr mit dem Titel?

Storm: Weil es für unseren Torhüter Kasa Szmal, der uns nach der Saison verlassen wird, das letzte Final Four um den DHB-Pokal sein wird. Ihm würde ich den Titel deshalb besonders wünschen. Ich gehe davon aus, dass er es sein wird, der die entscheidenden Bälle hält. Eben genau die, die die anderen Torhüter nicht halten.

Gudmundsson: Ob es am Ende reichen wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass wir alles dafür tun werden, um dieses große Ziel zu erreichen. Wir selbst wissen natürlich, dass wir es schaffen können. Wir hatten zuletzt einen Superlauf. Und deshalb freuen wir uns sehr auf diese Veranstaltung.

> Der THW Kiel, der Titelhamster der vergangenen Jahre, schwächelt derzeit, verliert und verliert. Im DHB-Pokal hat Kiel seine letzte Titelchance. Ist es nicht schwer vorstellbar, dass der THW sich ganz ohne Pokal in die Sommerpause verabschiedet?

Storm: Ich selbst kann mich ehrlich gesagt gar nicht mehr an eine Saison erinnern, in der Kiel gar nichts gewonnen hat. Das muss wirklich schon lange her sein. Aber wenn wir den Pott holen, wird es wohl so kommen.

Gudmundsson: Ich glaube, dass Kiel im Endspiel stehen wird. Sie werden für diesen Pokal alles mobilisieren. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt.

> Wie sieht es personell aus?

Gudmundsson: Viel besser. BjarteMyrhol und Börge Lund trainieren wieder. Ich glaube, sie werden beim Final Four auflaufen können. Grzegorz Tkaczyk ist hingegen leicht angeschlagen, wird aber wohl auch spielen können.

Von Daniel Hund

 06.05.2011