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„Den Schwung müssen wir mitnehmen“ (RNZ)

Heidelberg. Wenn er den kleinen Handball hat, herrscht stets helle Aufregung: Alarmstufe Rot. Vor allem die gegnerischen Torhüter zucken dann zusammen. Denn sie wissen: Jetzt ist Schwerstarbeit angesagt. Uwe Gensheimer, 24, die Tormaschine der Rhein-Neckar Löwen, ist gefürchtet. Längst ist er zur Allzweckwaffe gereift: Über links, aus dem Rückraum, im Gegenstoß, vom Siebenmeterpunkt – egal, Gensel kann’s einfach, trifft und trifft. Doch der Mann mit der Lizenz zum Trickwurf kann noch mehr. Führen und Lenken zum Beispiel. Bei den Löwen hat man das längst erkannt. Dort wurde er befördert, ist nun auch Kapitän des badischen Handball-Flaggschiffs. Auf und neben der Platte. Gensheimers Wort hat Gewicht. Im Vorfeld des heutigen Landesderbys gegen Frisch Auf Göppingen (15 Uhr, SAP Arena) sprach die RNZ mit dem gebürtigen Mannheimer.

> Uwe Gensheimer, mittlerweile ist die Saison ein paar Wochen alt. Wie fällt das Zwischenfazit des Kapitäns aus?

Los ging es mit dem Qualifikationsturnier zur Champions League in Kielce, wo wir aus meiner Sicht ein gutes Finale gegen Kielce gespielt haben, am Ende reichte es aber leider trotzdem nicht zum Einzug in die Königsklasse. Somit war es unter dem Strich das erste Saisonziel, das wir verpasst haben. Ärgerlich war sicher auch die Niederlage in Hannover und das Remis zu Hause gegen Melsungen. Denn eigentlich hatten wir uns vorgenommen, dass wir gegen schwächere Gegner keine Punkte mehr liegen lassen. Wobei beide Klubs mittlerweile mehrfach bewiesen haben, dass sie so schlecht nicht sind. Ansonsten kann man mit unseren Leistungen zufrieden sein. Gerade der Sieg in Magdeburg sollte uns nun beflügeln. Diesen Schwung müssen wir jetzt mitnehmen. Ich hoffe nun auf eine Serie, auch wenn ich mich eigentlich nur noch von Spiel zu Spiel konzentriere.

> Stichwort Magdeburg, dort sind die Löwen bärenstark aufgetreten…

Ja, es war sicher eine unseren besten Leistungen in dieser Saison. So müssen wir es immer machen.

> Und warum klappt das nicht?

Schwer zu sagen. Der Sport ist nicht immer planbar. Vieles spielt sich da auch im Kopf ab. Jeder hat mal einen schlechten Tag, das ist in anderen Jobs ja auch so. Unser Problem war nur, dass gerade in Hannover fast die komplette Mannschaft einen schlechten Tag mit einer miserablen Wurfquote hatte. Und das kannst du dann kaum kompensieren. Ein, zwei Ausfälle sind zu verkraften, aber kein kompletter Ausfall.

> Sie selbst haben kaum Verschnaufpausen in dieser Saison. Spielt da unterbewusst nicht auch die Angst mit, sprich die Furcht vor schweren Verletzungen?

Nein! Ich selbst fokussiere mich immer voll auf das Spiel. Für solche Gedanken bleibt da keine Zeit. Außerdem spielen wir diesmal ja keine Champions League. Dadurch hat man genug Zeit, sich zu regenerieren und wieder aufs Neue einzustellen.

> Wie sehr schmerzt das Verpassen der Königsklasse eigentlich? Einer wie Uwe Gensheimer gehört dort doch einfach dazu…

Es ist doch klar, dass es immer mein Ziel ist, mich mit den besten Klubs Europas zu messen. Das geht aber allen in unserer Mannschaft so. Schließlich hat jeder noch die Eindrücke und Erlebnisse des letztjährigen Final-Four-Turniers in Köln im Hinterkopf. Das war ein gigantisches Erlebnis, das uns einen Riesen-Spaß bereitet hat. Und ich denke, dass wir als Mannschaft auch das Potenzial dazu haben, in der kommenden Saison wieder in der Champions League dabei zu sein.

> Ihr Name wird in den letzten Monaten auch immer mal wieder im Zusammenhang mit anderen europäischen Topklubs gehandelt. Kiel oder Barcelona zum Beispiel. Alles nur Gerüchte?

Wenn man mit solchen Klubs in Verbindung gebracht wird, schmeichelt einem das natürlich. Es ist eine Ehre. Aber ich beschäftige mich nicht ernsthaft mit solchen Dingen. Ich besitze noch einen langen Vertrag bei den Löwen und bin zudem als Kapitän auch in einer verantwortungsvollen Funktion. Und hier fühle ich mich sehr wohl. Genau deshalb verschwende ich im Moment auch keinen Gedanken an einen Wechsel. Es gibt Wichtigeres.

> Stimmt. Am Samstag kommt Göppingen, das sich aktuell in einer Krise befindet. Warum eigentlich?

Ich kann mir das auch nicht erklären. Die Mannschaft ist fast komplett beisammen geblieben. Dieser Einbruch kommt schon sehr überraschend. Gut, die einfachen Tore, die in den letzten Jahren Lars Kaufmann besorgt hat, fehlen sicherlich. Sein Weggang nach Flensburg ist schon ein großer Verlust. Erschwerend kommt vielleicht hinzu, dass sich Göppingen nun in einem Negativlauf befindet, der wohl auch durch reichlich Unruhe im Umfeld begünstigt wird.

> Ein Löwen-Sieg ist jedenfalls das Ziel, oder?

Natürlich. Wir wollen sie besiegen, um den Anschluss an die Tabellenspitze zu halten. Ein Erfolgserlebnis ist extrem wichtig. Außerdem ist es gewissermaßen ja auch ein Derby. Unterschätzen dürfen wir den Gegner aber nicht. Wie stark er ist, hat er in der Vorbereitung bewiesen: Beim Kempa Cup hat uns Göppingen geschlagen.