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Der Abstand kleiner, der Glaube größer

Mannheim. Gudjon Valur Sigurdsson war gefordert. Der verletzte Kapitän der Rhein-Neckar Löwen musste Trost spenden – und Lob verteilen. Der badische Handball-Bundesligist hatte eine starke Leistung gezeigt, scheiterte in der Champions League aber am THW Kiel. Es war knapp, sehr knapp sogar. Nur um zwei Tore waren die Norddeutschen in der Addition beider Begegnungen (28:29; 30:31) besser.

„Die Hürde Kiel ist für uns immer noch hoch, aber nicht mehr unüberwindbar“, sagte Sigurdsson, der liebend gern ins Geschehen eingegriffen hätte, die Partie aber wieder nur als Zuschauer verfolgen konnte: „Im vergangenen Jahr sind wir hier in der Champions League vorgeführt worden. Jetzt gestalten wir die Begegnungen gegen Kiel ausgeglichen.“

Dass es dennoch nicht zur großen Sensation reichte, mussten sich die Löwen selbst zuschreiben. Kurz vor und nach der Pause vergaben sie zum Beispiel in Überzahl mehrmals die Chance, deutlich in Führung zu gehen und die Norddeutschen noch mehr unter Druck zu setzen. „Der THW hat seine Möglichkeiten eiskalt genutzt, wir dagegen nicht“, analysierte „Goggi“: „Wir können mit der Leistung sehr zufrieden sein, aber nicht mit unserer Wurfquote.“

Der Kapitän hofft, dass die erneuten Versagensängste vor dem Tor keine tieferen Spuren hinterlassen. „Wir haben die entscheidenden Bälle nicht rein gemacht. Das darf jetzt nicht zur Blockade werden. Kein Spieler sollte sich zu sehr mit den vergebenen Chancen beschäftigen, sonst wird das in der Zukunft zu einem Problem.“ Keine Frage: Mentale Stärke ist jetzt gefordert.

Diese scheinen die Löwen allerdings zu haben. Mehrmals lagen sie in Kiel mit drei Treffern hinten – doch die Badener kamen stets zurück. Schon im Hinspiel holten sie vier Treffer auf, und auch im Pokalfinale gegen Hamburg egalisierten die Gelbhemden in der Verlängerung noch einen Drei-Tore-Rückstand. Um das Nervenkostüm der Mannschaft ist es – trotz der vergebenen Chancen – offensichtlich nicht so schlecht bestellt.

Niederlage gibt Motivation

Die Löwen wissen um ihre Stärke, die Handschrift von Trainer Ola Lindgren ist mittlerweile deutlich erkennbar. So nah wie jetzt war der Vize-Pokalsieger den beiden Branchenführern Hamburg und Kiel noch nie. „Wir haben ein großartiges Spiel gezeigt und sind auf einem sehr guten Weg. Wenn wir so weiterarbeiten, werden wir schon bald stärker als der THW sein“, blickte Torwart Henning Fritz ein wenig in die Zukunft – wie auch Lindgren: „Wir haben mittlerweile ein hohes Basisniveau erreicht. Mit dieser Leistung werden wir auch irgendwann einen Pokal gewinnen. Die Partien gegen Kiel haben uns vor Augen geführt, was mit harter Arbeit möglich ist. Wir schöpfen Motivation aus diesen Duellen und wollen noch besser werden.“

Von Marc Stevermüer

 04.05.2010