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Der kleine Unterschied

Bei einem Handballspiel, das mit einem Tor Unterschied endet, verbietet es sich eigentlich, diesen Umstand drei, vier Spielern gutzuschreiben. Schließlich hielten da über 60 Minuten rund 30 Mann die Sache eng. In unteren Klassen mag es wohl den Überflieger geben, der alles an sich reißt, aber bei einer Versammlung ausgemachter Weltklassespieler? Doch, auch da. Beim Einzug des THW Kiel ins Final Four der Champions League, beim 31:30 gegen die Rhein-Neckar-Löwen, gab es diese herausragenden Persönlichkeiten.

Filip Jicha zum Beispiel, der jedes Gramm seines Körpergewichts nicht nur unglaublich wendig bewegen kann, sondern es auch ins Spiel wirft, um die entscheidende Bresche zu schlagen. „Ich will immer erhobenen Hauptes vom Platz gehen“, verrät der Tscheche. Damit unterscheidet er sich in nichts von Karol Bielecki, dem wurfgewaltigen Rhein-Neckar-Löwen. Der allerdings trifft lieber aus elf Metern, als sich durch die Schmerzmauer am Kreis zu wursteln. Beim Hinspiel feuerte er zehn Treffer ab, in Kiel gelangen ihm deren sechs. Manager Thorsten Storm war das Hinspiel „zu Bielecki-lastig“ gewesen. Das Rückspiel wurde es eigentlich auch. Viel lief bei den Badenern über den Rückraum und damit auf Bielecki zu, der aber mehr als in Mannheim von der Latte, der Wurfungenauigkeit oder Thierry Omeyer um den Lohn der Bemühungen gebracht wurde.

Omeyer eben, diesem zweiten Teufelskerl beim THW, der die fast außenlose Spielweise der Löwen erzwang. Aus spitzem Winkel ist der Zebra-Torwart fast gar nicht zu überwinden. Furchteinflößend (für kommende Gegner) war die Aussage von Daniel Narcisse: „Ich bin noch nicht richtig fit, aber es wird.“ Du lieber Himmel! Narcisse spielte nicht allzu viel in diesen packenden Kampfminuten. Aber dann!

Und da war noch einer, der überraschte: Christian Zeitz, der Schulung des TSV Östringen entwachsen und inzwischen aus dem Nationaltrikot verbannter Weltmeister. „Ich verdanke die Steigerung nur der Tatsache, dass ich wegen der Verletzung von Kim Andersson mehr Einsatzzeit habe“, meinte Zeitz ungewohnt demütig. Er hatte sich umgewöhnen müssen, der Mann mit dem „unglaublichen Armzug“ (Bundestrainer Heiner Brand). Umgewöhnen vom planlosen Dauerwerfer zum Bestandteil von Spielzügen. „Ich bekomme von Alfred Gislason genau gesagt, wann ich werfen darf und wann nicht, das war eine harte Schule“, gesteht Zeitz, der auch am Sonntag ein paar Lücken erkannt hatte, den Versuch, sie zu nutzen, er sich aber weisungsgemäß verkniff. Sechs Mal traf er trotzdem, oder deswegen.

Wie bei den Löwen Bielecki oder Bjarte Myrhol, bei dessen „Bändigung“ sich die Kieler Abwehr vorgekommen sein muss wie auf dem Aalmarkt.

Und weil drei, vier Kieler richtig gut waren (die anderen mindestens gut), das Spiel aber nur mit einem Tor gewonnen wurde, können die Löwen insgesamt nicht so schlecht gewesen. Bloß glückloser.

Von Dietmar Einzmann

 04.05.2010