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Der begehrteste Handballspieler Deutschlands (Die Welt)

Nationalspieler Uwe Gensheimer spielt auf Linksaußen überragend. Nun muss er sich entscheiden, ob er bei seinem Stammklub Rhein-Neckar Löwen bleibt. Oder aber zu einem Weltklasseverein wechselt.

Die fröhliche Folklore war gut terminiert. Auf gelbe Schilder hatten die Fans den Namen ihres Lieblings gemalt und dabei bewusst Assoziationen geweckt. „Uns Uwe“ und die Zahl „3“ prangten gut sichtbar auf den Bannern, aber der Adressat der Aktion war nicht etwa das gealterte HSV-Idol Seeler, sondern eine Handball-Ikone aus Mannheim: Uwe Gensheimer, Weltklasse-Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen. „Großartig und bewegend“ fand er die Huldigung der Fans beim Heimspiel gegen Lemgo, er habe beim Blick auf die vielen Schilder in der Halle spontan eine „Gänsehaut“ bekommen.

Vielleicht war die Aktion der Zuschauer eine letzte, verzweifelte Maßnahme, um ihren Liebling doch noch von einem Verbleib bei den Löwen zu überzeugen. Denn Gensheimer, Kapitän der Mannschaft und seit elf Jahren beim Spitzenklub aus Mannheim aktiv, ist zum größten Spekulationsobjekt der Branche geworden.

Niemand hat ein derart großes Wurfrepertoire, kaum ein anderer trifft so beständig in der Bundesliga und der Champions League wie der 26-Jährige. Das macht ihn begehrt. Die Löwen wollen ihn über sein Vertragsende im Sommer 2014 hinaus halten, der flinke Linksaußen könnte aber auch zum Rekordmeister THW Kiel oder zum spanischen Weltklasse-Klub FC Barcelona wechseln. Wer überragend ist, hat eben die Qual der Wahl. „Das ist das erste Mal, dass ich so eine schwierige Entscheidung zu treffen habe“, sagt Gensheimer.

„Es gibt eine Tendenz“

Nach „Welt“-Informationen soll er einen Wechsel nach Kiel favorisieren. Dort könnte er um Meisterschaften und Champions-League-Triumphe spielen, was bei den Löwen zumindest dauerhaft wohl nicht möglich ist. Gegen ein Engagement in Barcelona spricht die relative langweilige Liga Asobal, in der die Katalanen als konkurrenzlos gelten und die Aufmerksamkeit der Fans begrenzt ist.

Bis Ende Oktober will sich der Nationalspieler entscheiden. „Es gibt eine Tendenz“, sagte Gensheimer „sport 1“. „Allerdings werde ich diese zum derzeitigen Zeitpunkt nicht verraten. Die Entscheidung wird in den nächsten zwei Wochen an die Öffentlichkeit kommen, und dann wissen alle Bescheid.“

Über seine wegweisende Wahl hat Gensheimer auch mit Bundestrainer Martin Heuberger gesprochen. Nach seinem Achillessehnenriss hat der Linksaußen kürzlich erst sein Comeback im Nationalteam gegeben. Wenn Heuberger heute in Hamburg seinen Kader für den Supercup benennt, ist Gensheimer auch wieder dabei. „Ich hoffe, dass er konstant gute Leistungen bei uns abrufen kann“, sagt Heuberger.

Duo mit Dominik Klein?

Als Ratgeber in Sachen künftiger Arbeitgeber rückt der Coach aber nicht auf den Plan. „Klar haben wir über seine Möglichkeiten gesprochen, aber ich will ihm da nicht reinreden“, sagte Heuberger der „Welt“. Letztlich sei es „allein Uwes Entscheidung, wo er nächste Saison spielt“.

Heuberger selbst könnte sich durchaus vorstellen, dass das Nationalmannschaftsduo auf Linksaußen demnächst gemeinsam in Kiel wirbelt. Dort spielt mit Dominik Klein ein weiterer Auswahlspieler, zusammen mit Gensheimer würde er das wohl beste Gespann der Liga auf dieser Position bilden. Kleins Vertrag läuft zwar nach der Saison aus, aber in Kiel schätzen sie den Linksaußen ungemein. Das gilt zwar auch für den Isländer Gudjon Valur Sigurdsson, doch der Tempogegenstoß-Spezialist ist inzwischen 34 Jahre alt geworden und könnte ehedem durch Gensheimer ersetzt werden.

Noch sei das alles reine Spekulation, meint Kiels Trainer Alfred Gislason. „Von mir werden Sie kein Wort über Gensheimer hören.“ Das könnte sich schon rasch ändern. Ein „Uns Uwe“ im Norden der Handball-Republik wäre jedenfalls durchaus passend.

Von Jens Bierschwale