Veröffentlichung:

Der Blick geht nach vorn

Žarko Šešum im Interview / Am Freitag gegen Magdeburg

Die Nachricht kam unerwartet und war schockierend. Während des EM-Halbfinales zwischen Serbien und Kroatien wurde Žarko Šešum von einem Wurfgeschoss am rechten Auge getroffen, konnte die Partie nicht fortsetzen, verpasste zwei Tage später das Endspiel und wurde in der vergangenen Woche am Auge operiert. Der Eingriff, der im Universitätsklinikum in Heidelberg vorgenommen wurde, verlief immerhin ohne Komplikationen, so dass der Serbe voraussichtlich in ein paar Wochen wieder in die Trainingshalle in Kronau zurückkehren kann. Der Rückraumspieler möchte seiner Mannschaft unbedingt baldmöglichst auf dem Feld helfen und im Saisonendspurt noch einmal eingreifen. Im Interview vor dem Heimspiel am Freitagabend (19:45 Uhr, SAP Arena) verrät Šešum, wie es ihm und seinem Auge geht, wie er über den Werfer in Belgrad denkt und warum er die Entwicklung bei den Löwen positiv sieht.

Žarko, nach Deiner bitteren Verletzung am Auge bist Du inzwischen operiert worden. Wie ist die OP verlaufen?

Es hat alles gut geklappt. Ich war inzwischen auch bei einer Nachkontrolle und alles entwickelt sich so, wie es sich entwickeln soll.

Wie lange musst Du noch pausieren?

Ich muss eine weitere Kontroll-Untersuchung abwarten. Im Moment muss ich mich schonen und darf keine schnelle Bewegungen machen, damit die eingesetzte Linse im Auge keinen Gefahren ausgesetzt ist. Ich sehe auch noch etwas verschwommen auf dem rechten Auge. Etwas Geduld ist also noch angesagt, aber insgesamt sind die Ärzte zufrieden mit der OP und dem Heilungsverlauf. Ich hoffe, dass ich bald anfangen kann, passive Übungen zu absolvieren und in zwei, drei Wochen ins Training zurückkehren kann. Ich möchte in dieser Saison noch ein paar Spiele für die Löwen absolvieren.

Hattest Du Sorgen vor der Operation, dass etwas hätte schief gehen können?

Nein, ich hatte keine Angst. Ich hatte großes Vertrauen in die Ärzte am Klinikum in Heidelberg. Schließlich haben sie viel Erfahrung mit solchen Operationen. Außerdem war es ja leider nicht die erste Operation, die ich in meinem Leben hatte, da habe ich bereits Routine. Deshalb war ich ruhig und es hat ja auch alles gut geklappt.

Gibt es äußerlich eine Veränderung nach der Operation?

Nein, es wurde ja etwas im Auge gemacht. Die Augenfarbe ist noch identisch, so dass äußerlich alles gleich geblieben ist.

Hast Du mittlerweile die Enttäuschung überwunden, die die Verletzung mit sich brachte?

Das Ganze ist eine Katastrophe und hat beim Sport nichts verloren. Mich sollte der Wurf gar nicht treffen, doch das ist nicht entscheidend. Bei sportlichen Vergleichen zwischen Serbien und Kroatien herrschen große Emotionen, doch was passierte, wurde von keinem Sportfan ausgeübt. Leider kommt so etwas in Serbien nicht zum ersten Mal vor, es werden immer wieder Dinge aufs Spielfeld geschmissen.

Dir wurde die Chance aufs Endspiel verbaut …

Das ist tragisch, denn jeder Sportler hat nur einmal in seiner Karriere die Möglichkeit, in einem Endspiel bei einem großen Turnier im eigenen Land zu spielen. Auf diesen Traum habe ich hingearbeitet und das wurde mir auf diese Art brutal genommen. Es war schwer für mich, aber ich muss das hinter mir lassen. Ich hoffe allerdings, dass der Werfer gefunden und hart bestraft wird. Denn das würde sicher eine abschreckende Wirkung haben.

Bereits zum zweiten Mal wurdest Du Opfer einer körperlichen Attacke. Vor drei Jahren wurdest Du bei einer Disco-Schlägerei in Veszprém schwer verletzt, bei der Dein Handball-Kollege und Freund Marian Cozma ums Leben kam.

Ja, das stimmt, ich habe schon Erfahrung mit solchen Geschichten. Der Vorfall von damals hat mir jetzt allerdings geholfen, mit der Situation klarzukommen, denn ich kann einschätzen, was wirklich wichtig ist. Bitter ist natürlich, dass mich nicht sportliche Verletzungen zurückwerfen, sondern Blessuren, die nichts mit Handball zu tun haben. Mit Sport-Verletzungen müssen wir Handballer alle fertig werden.

Kannst Du gegen Magdeburg in der Halle dabei sein?

Ja, ich werde dort sein. Und ich freue mich, dass ich bei den Jungs sein und ihnen die Daumen für zwei Punkte drücken kann.

Du hast in den vergangenen Wochen die Partien der Löwen von außen betrachtet. Wie beurteilst Du die Entwicklung?

Ich denke, dass wir eine gute Entwicklung genommen haben. Fast alle Spieler kamen angeschlagen von der EM zurück und deshalb ist es stark, dass wir bis auf die Partie in Kiel alle Spiele gewonnen haben. Es ist nicht einfach, direkt nach einem großen Turnier wichtige Spiele im Verein zu absolvieren. Das haben wir gut gelöst und deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir auch weiterhin starke Leistungen zeigen.

Das wird auch gegen den SC Magdeburg notwendig sein …

Ja, absolut. Nach dem schweren Auswärtsspiel in Melsungen haben wir nur wenig Zeit, um uns auf den SCM vorzubereiten. Aber wenn wir zuhause mit Freude spielen, bin ich optimistisch, denn ich bin der Meinung, dass wir eine bessere Mannschaft haben als Magdeburg.

Auch international seid Ihr noch mit von der Partie. Im Viertelfinale geht es gegen RK Velenje aus Slowenien. Möchtest Du dann wieder dabei sein?

Ich schaue persönlich nicht so weit nach vorne. Ich hoffe aber, dass ich in dieser Saison noch Europapokal spielen kann, wenn wir Velenje schlagen. Aber das wird schwer, denn Velenje hat in dieser Saison richtig gute Mannschaften wie Valladolid oder Celje hoch geschlagen. Die Mannschaft ist eingespielt und wird uns das Leben schwer machen – das ist sicher.