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Der große Traum ist geplatzt

Rhein-Neckar Löwen verpassen den ersten nationalen Titel hauchdünn / 40:35-Erfolg beim VfL Gummersbach am letzten Spieltag der Saison 2013/14 ist zu wenig

Die Rhein-Neckar Löwen haben die erste deutsche Meisterschaft verpasst: Die Badener gewannen zwar am Samstag mit 40:35 (21:19) beim VfL Gummersbach, aber der THW Kiel fing die Gelbhemden durch ein 37:23 gegen die Füchse Berlin im Fernduell noch ab. Unterm Strich weisen die Zebras nach Abschluss der Saison 2013/14 das um zwei Treffer bessere Torverhältnis auf.

Für Trainer Gudmundur Gudmundsson wäre der Titelgewinn die Krönung seiner Arbeit in den zurückliegenden beiden Jahren gewesen: „Es ist so unglaublich. Diese Mannschaft hat sich noch einmal weiterentwickelt.“ Aber für den 53-jährigen Isländer blieb das riesengroße Puzzle unvollendet, er wurde nicht belohnt für so viel Zeit, Akribie und Arbeit. Kapitän Uwe Gensheimer fasste die Gemütslage bei seinem Team zusammen: „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich bin völlig leer. Es sah lange so gut aus, aber am Ende haben wir es irgendwie weggeworfen.“ Coach Gudmundsson sagte in der anschließenden Pressekonferenz: „Ich bin stolz auf diese Mannschaft, auf das, was sie die ganze Saison geleistet hat. Wir waren lange im Meisterschaftsrennen vorne, aber heute hat es nicht ganz gereicht. Das ist sehr, sehr bitter. Und eigentlich nicht mit Worten zu beschreiben.“ Manager Thorsten Storm: „Wir haben heute mit fünf Toren gewonnen und sind trotzdem die großen Verlierer. Es war heute wirklich sehr schwer, überhaupt in Gummersbach zu gewinnen.“ Aber Trainer und Geschäftsführer unterstrichen auch in dieser bitteren Stunde: „Nach dem Neuaufbau vor zwei Jahren haben wir Tolles geleistet. Das Team und das Team ums Team haben überragend gearbeitet. Vielen Dank dafür.“

Das Fotofinish um die Schale, das spannendste Bundesliga-Finale aller Zeiten – die Löwen gingen es mit der Entschlossenheit und Konzentration der zurückliegenden Wochen an. Nicht nur Gudmundsson wusste: „Eine sehr gute Abwehr und leichte Gegenstoßtore sind der Schlüssel zum Erfolg.“ Und genauso ging es los. Zumindest ab der fünften Minute, als Kim  Ekdahl Du Rietz zur ersten Führung für die Badener verwandelte: 3:2 – das stand es in Kiel noch 0:0. Und die Löwen bauten den Vorsprung weiter aus: 7:3 durch Uwe Gensheimer. Auszeit VfL. 3:3 in Kiel. 9:5 durch Petersson (11.), parallel lag der THW knapp in Führung. Aber den Gelbhemden unterliefen Fehler, sie ließen einige sehr gute Chancen aus und die Oberbergischen kamen näher, in Unterzahl erzielte Schindler das 8:10 (13.). Auch die Zebras hatten im Fernduell gegen Berlin mit zwei Treffern die Nase vorn. Da markierte Santos den Anschluss zum 10:11 (16.). Wieder hatte der Außen einen Fauxpas der Badener ausgenutzt. Auszeit Löwen. Nach dieser konnten die Gäste wieder bis auf 18:14 (23.) davonziehen. Aber auch in Kiel machten die Zebras mächtig Dampf, lagen nach 25 Minuten mit 14:7 vorn. Und in der SCHWALBE arena folgten die Minuten der vergebenen Möglichkeiten für die Badener: Groetzki per Gegenstoß übers Tor, Gensheimers Siebenmeter landete nur am Pfosten. Und in der Abwehr klappt auch nicht viel, fehlte die letzte Konsequenz und Aggressivität. So schaffte der VfL den Anschluss, Schmid setzte mit dem Pausenpfiff wenigstens noch einen Treffer. Das 21:19 bedeutete den (Punkt- und Tor-)Gleichstand im Fernduell mit dem THW, der zur Halbzeit mit 17:8 in Front lag. Das Herzschlagfinale hatte längst noch einmal richtig Fahrt aufgenommen. Weil die Löwen bis dato zu wechselhaft agierten, zu viele Chancen liegen ließen und gerade in Überzahl nicht kompakt genug auftraten.

Die Frage lautete nun: Können die Löwen die Handbremse lösen? Gensheimer und Ekdahl Du Rietz sagten Jaaaaa. 26:19 – 5:0-Lauf. Und die Defensive stand nun besser, packte kräftig zu. Keeper Niklas Landin zeigte tolle Reflexe, seine elfte Parade. Auszeit Gummersbach. Aber die Gelben blieben auf dem Gaspedal. Nun war es ihr Spiel. Gut 700 Fans hatten die Löwen begleitet und wurden im Gummersbacher Hexenkessel von Beginn an zum achten Mann. Der Kapitän machte sein persönliches Dutzend voll: 29:21 (40.) durch Gensheimer. Die Badener hielten zunächst diesen Acht-Tore-Vorsprung, während Kiel mit elf gegen die Füchse führte. Der mit dem Ball tanzt: Gensheimer zum 34:26 – seinem 14. Treffer. Genial. Aber es nahte die nächste schwächere Phase der Gäste. In der Abwehr und im Angriff. Die Folge: Der VFL verkürzte auf 30:35 (51.). Das war einfach nicht mehr auszuhalten. Was für eine Dramatik! Der bange Blick auf den Liveticker. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen ging in die Schlussphase. Und wieder Gleichstand im Fernduell. Landin mit der 15. Parade, ein Siebenmeter von Santos. Aber in der Offensive passierten zu viele Fehler. Die Löwen scheiterten an Puhle im Tor oder warfen den Ball weg. Damit war der Titel futsch. Zwar waren zu diesem Zeitpunkt in Kiel noch rund eineinhalb Minuten zu spielen, aber der THW lag mit 14 Treffern vorne, die sie auch ins Ziel retteten. Die Badener verpassten damit den großen Coup um drei Tore. Spielmacher Andy Schmid: „Es ist schwer zu sagen, was ich jetzt fühle. Wir sind hierher gefahren, um die Schale zu holen. Wir wussten, dass Kiel noch einmal alles geben wird, am Ende hat es nicht gereicht für uns! Wir sind sauer auf uns selbst und sehr enttäuscht!“

VfL Gummersbach – Rhein-Neckar-Löwen 35:40 (19:21)

VfL Gummersbach: Puhle, Puhl (während 2 Min.Strafe), Schindler (8), Putics (3/2), Bult (1), Schröder (7), Santos (8/1), von Gruchalla (4), Kropco (1), Lützelberger (1) J. Larsson (2).

Rhein-Neckar Löwen: Landin, Stojanovic ( bei zwei Strafwürfen u. 24.-50. Min ) – Schmid (7), Gensheimer (15/5), Myrhol (2), Groetzki (5),  Petersson (3), Ekdahl Du Rietz (8).

Trainer: Emir Kurtagic – Gudmundur Gudmundsson.

Schiedsrichter: Andreas und Marcus Pritschow (Stuttgart)

Zuschauer: 4135 (ausverkauft).

Strafminuten: Putics (2), Puhle (2), Schindler (2), J.Larsson (4) – Ekdahl du Rietz (2).

Siebenmeter: 4/3, 6/5.

VfL Gummersbach: Putics wirft gegen den Pfosten

Rhein-Neckar-Löwen: Gensheimer wirft gegen den Pfosten

Zeitstrafen: 10 – 2

Spielfilm: 3:4 (5.), 4:8 (10.), 9:11 (15.), 11:15 (20.), 16:19 (26.), 19:21 (HZ),  19:26 (35.), 21:29 (40.), 25:32 (45.), 29:35 (50.), 32:39 (55.), 35:40(EN)

Beste Spieler: Puhle, Schindler – Gensheimer