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Der König der Löwen

Mannheim. Es gibt Tage, an denen klappt einfach alles. Uwe Gensheimer, 23, kennt sie genau, diese Tage. Er durchlebt sie momentan häufiger, scheint sie für sich gepachtet zu haben. „Gensel“ befindet sich in einer unglaublichen, phänomenalen Form: Sein Wurfrepertoire, seine Explosivität, seine Kaltschnäuzigkeit. Eine teuflisch gute Mischung ist das. Viele Handball-Experten beginnen zu schwärmen, sobald sein Name fällt. Er sei aktuell der beste Linksaußen der Welt, sagen sie.

Es fällt schwer da zu widersprechen. Dazu ist er zu konstant, zu ausgebufft. Gensheimer brennt seitWochen ein Feuerwerk nach dem anderen ab, trifft meist im zweistelligen Bereich. „Das ist fast schon beängstigend“, räumt Ola Lindgren, der Trainer der Rhein-Neckar Löwen, schmunzelnd ein: „Uwe ist eine Waffe.“ Und die war am Dienstag „tödlich“. Gensheimer, der „König der Löwen“, erlegte die Balinger quasi im Alleingang.

Der Friedrichsfelder erzielte beim 35:25-Sieg sage und schreibe 17 (!) Tore. Er war der Superstar in der Manege, wo unmittelbar nach der Schluss-Sirene das Gensheimer-Fieber ausbrach. Alle wollten zu ihm, wollten ein Autogramm oder ihm einfach nur gratulieren. Doch das dauerte eine Weile, denn der Zeremonienmeister wurde aufgehalten. Männer in feinen schwarzen Anzügen drängten sich in die Kabine, standen Schlange, kreisten ihn ein: Gesellschafter und Beiratsmitglieder der Löwen hatten ihre Logen verlassen, um sich für die höchst unterhaltsamen Gensheimer-Festspiele zu bedanken. Ihm selbst schien der Auflauf unangenehm zu sein. Er ist nämlich keiner, der sich abseits des Parketts ins Rampenlicht drängt, kein Lautsprecher. Schüchtern ist er, eher zurückhaltend. Angesprochen auf seine Gala huschte ihm ein verschmitztes Grinsen übers Gesicht: „So viele habe ich in der Bundesliga noch nie gemacht. Irgendwann waren es mal 14.“ Das ist schon länger her. Damals war noch vieles anders. Damals galt er noch als großes Talent, als zukünftige Führungskraft.

Mittlerweile ist er oben angekommen. Uwe ist gereift. Aus dem Teenie-Schwarm ist ein junger Mann geworden. Einer, der weiß, was er will, der Verantwortung übernimmt. Für die Rhein-Neckar Löwen ist er längst mehr als nur ein Spieler. Er ist Identifikationsfigur und Leistungsträger in einem – einfach unersetzlich. Manager Thorsten Storm hat das erkannt. Es ist also nur bedingt als Scherz zu verstehen, wenn der Löwen-Chef schmunzelnd von einem Zehn-Jahres-Vertrag spricht.

Gensheimer ist d e r Werbeträger der Löwen. Selbst auf den Dauerkarten darf sein Wuschelkopf nicht fehlen. Auch der Umschwärmte fühlt sich wohl im Gehege. KeinWunder: Die SAP Arena und seine heimischen vier Wände trennen lediglich ein paar Feldwege. Nach Friedrichsfeld ist es ein Katzensprung. Von einem Zehn-Jahres-Vertrag will er momentan trotzdem nichts wissen. Gensheimer lacht, wird verlegen: „Ich habe ja noch zwei Jahre Vertrag.“

Er lässt alles auf sich zukommen. Die Gelbhemden werden jedenfalls noch jede Menge Spaß an ihm haben. Gensheimer verspricht: „Ich werde noch besser, will mich immer weiter entwickeln.“ Dann war die 17-Tore-Marke sicher nur eine Durchgangsstation …

Von Daniel Hund

 25.02.2010