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„Die Löwen haben sich längst zu einem Top-Klub entwickelt“

Bastian Rutschmann im Interview

Einen stärkeren Gegner für den letzten Heimauftritt im Jahr 2014 hätten sich die Rhein-Neckar Löwen sicher nicht wünschen können. Am morgigen Samstag beenden die Löwen mit dem Champions League Spiel gegen den ungarischen Serienmeister MKB-MVM Veszprém ihre Heimspielserie für das laufende Jahr. Vor dem Duell mit den Ungarn hat sich Torhüter Bastian Rutschmann unseren Fragen gestellt.

Bastian, du hast in deiner Karriere schon einige Erfahrungen gemacht. Spiele in der Champions League sind dagegen etwas Neues für dich. Wie ist dein Eindruck von der Königsklasse des Handballs?

Das ist schon eine andere Kategorie und ein deutlicher Unterschied. Hier spielen die Landesmeister und weitere Top-Teams, deshalb ist die Qualität entsprechend hoch. Mit Göppingen habe ich beispielsweise im EHF-Cup gegen Tatabanja KC gespielt, in der Champions League geht es am Samstag im Rückspiel zum zweiten Mal gegen MKB-MVM Veszprém. Damit ist eigentlich alles gesagt – ohne Tatabanya zu nahe treten zu wollen.

Besonders in Veszprém oder Skopje herrscht zudem eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre. Hast du ähnliches schon mal erlebt?

Also die Bundesliga muss sich in Sachen Stimmung sicherlich nicht verstecken, aber was wir in Ungarn oder Mazedonien erlebt haben, war schon außergewöhnlich. Das haben mir auch Mitspieler bestätigt, die noch ein paar internationale Begegnungen mehr auf dem Buckel haben. Besonders Skopje war krass, aber wenn man wie wir die Gelegenheit dazu hat, können solche Erfahrungen sicher nicht schaden. Und noch besser wäre es natürlich, da auch was Zählbares mitzubringen, was uns bisher leider nicht gelungen ist.

Auch die Vermarktung der Königsklasse geht neue Wege. Mit dem neuen Fernsehpartner Sky bekommt man sogar Einblicke in die Kabine. Geht euch das als Spieler nicht zu weit?

Ich schaue gerne mal Sport aus den USA, das ist das schon lange normal. Für den Fernsehzuschauer ist es sicherlich sehr interessant, diese Einblicke zu kriegen. Das erste Mal war das Kamera-Team ziemlich ungewohnt, aber mittlerweile nimmt man die Jungs gar nicht mehr richtig wahr. Ich finde das nicht besonders störend, wenn es im Rahmen bleibt und wenn es den Handball wieder etwas populärer macht – umso besser. Sky bringt ja auch mehr Kameras mit und überträgt detaillierter. Das ist sicher der richtige Weg, auch wenn die Reichweite derzeit noch etwas begrenzt ist.

Das Final-Four-Turnier in Köln ist mittlerweile ebenfalls eine Institution. Findest du diese Form dem Wettbewerb angemessen?

Absolut. Ich habe mir das Final Four bisher immer im Fernsehen angeschaut und war auch schon in Hamburg, wenn dort der deutsche Pokalsieger ausgespielt wird. Dort sind die Hallen zwei Tage ausverkauft und der Handball braucht solche Events. Und dann wäre es natürlich ein Traum, da auch mal als Spieler dabei zu sein.

Das ist das Stichwort. Wie groß sind die Chancen der Löwen Richtung Köln?

Zuhause konnten wir bisher überzeugen, was man von unseren Auswärtsspielen leider nicht sagen kann. Vor allem der Auftritt in Celje war richtig schlecht. Das können wir definitiv besser. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch heute gegen Veszprém unsere Chance suchen. Die Ungarn sind durch, was Platz eins betrifft. Aber Platz zwei wäre für uns ebenfalls eine gute Ausgangsposition für das Achtelfinale, um den schwersten Brocken etwas aus dem Weg gehen zu können. Aber egal, wer da im Achtelfinale kommen würde – die können alle mit dem Ball umgehen.

Was macht den kommenden Gegner Veszprém aus deiner Sicht aus?

Da rennt auf jeder Position ein Nationalspieler rum, manchmal sogar zwei. Veszprém hat eine unheimliche Breite im Kader und kann die erste Sieben – wenn es bei denen so etwas überhaupt gibt – vielleicht auch am Ende relativ frisch auf die Platte bringen. Aber bei Veszprém können auch nur sieben Spieler gleichzeitig aufs Feld und wir haben jeweils auch sieben Profis, die sich nicht verstecken müssen. Dass wir mithalten können, haben wir ja im Hinspiel gezeigt.

In der Bundesliga liefert ihr euch wie im Vorjahr ein Fernduell mit dem THW Kiel. Viel besser geht es nicht, oder?

Was die Platzierung betrifft ja, aber besser geht immer. Die Niederlage beim Bergischen HC wurmt uns heute noch und in den vergangenen Partien haben wir es manchmal nicht geschafft, die Konzentration über 60 Minuten zu halten. Wir brauchen immer diesen Weckruf und in Celje haben wir gesehen, dass es eben nicht immer klappt, den Schalter noch einmal umzulegen. Wir reden natürlich über dieses Thema, aber woran es liegt, haben wir noch nicht so richtig herausarbeiten können.

Du spielst nun schon länger mit einer Schutzbrille. Ist dein Auge auf dem Weg der Besserung?

Ich habe beim Tag des Handballs einen Ball aufs Auge bekommen und musste gleich montags darauf wegen einer Netzhautablösung operiert werden. Das ist alles gut gelaufen und die Brille dient einfach dem Schutz des Auges. Demnächst stehen nochmals Untersuchungen an und vielleicht kann ich die Brille in ein paar Wochen wieder ablegen. Sollte aber weiter ein Restrisiko bestehen, werde ich sie aufbehalten. Lieber Handball mit Brille als gar kein Handball mehr.

Schränkt dich die Brille in irgendeiner Weise ein? Gibt es Unterschiede im Sichtfeld?

Natürlich ist es ohne Brille besser, weil ich es einfach so gewohnt bin. Aber vom Sichtfeld her macht das keinen Unterschied, Ich habe extra ein rahmenloses Modell gewählt, damit man nicht irgendwo diese Begrenzung hat. Zudem habe ich immer ein zweite Brille dabei, da es unter dem Ding ziemlich warm werden kann. Aber sollte ich den Schutz auf Dauer brauchen, wäre das auch kein Problem. Zum Autofahren muss ich mittlerweile ebenfalls auf eine Brille zurückgreifen und daran habe ich mich inzwischen auch gewöhnt. Man wird eben nicht jünger (lacht).

Mit oder ohne Brille – wie ist dein Eindruck nach fast einem halben Jahr zurück bei den Löwen?

Die Löwen haben sich längst zu einem professionellen Top-Klub entwickelt, von dem jeder Profi nur träumen kann. Die Trainingsbedingungen, was man hier alles durch die Betreuer abgenommen bekommt – das ist alles am oberen Level.

Und wie bist du mit deiner Rolle hinter Niklas Landin-Jacobsen zufrieden.

Klar, will man immer mehr spielen, Ich wäre ein schlechter Profi, wenn ich diesen Anspruch nicht hätte. Aber Niklas zählt für mich zu den weltbesten Torhütern, was er in dieser Saison schon oft genug bewiesen hat. Da wird es schwer, zum Zug zu kommen. Ich möchte jedenfalls meinen Teil dazu beitragen, dass wir am Ende auch mit einer starken Torwart-Leistung unsere Ziele erreichen. Zufriedenheit muss ich dann nicht an Einsatzminuten festmachen.