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Die Löwen von A bis Z: Stefán Sigurmannsson

Stefán Sigurmannsson wechselte im vergangenen Winter zu den Rhein-Neckar Löwen – ein echter Glücksgriff. Uns erklärt der Linksaußen seine Sicht auf den Handball von A bis Z.

A wie Auto: Ich fahre einen Suzuki Swift und bin clever genug, nicht zu schnell zu fahren (lacht). In Island ist es richtig teuer, wenn man die Geschwindigkeit überschreitet. Da muss man ganz schön tief in die Tasche greifen, wenn ich das mit den Bußgeldern in Deutschland vergleiche. Trotzdem gehe ich auch hier kein Risiko ein.

B wie Busfahrten: Die sind manchmal ganz schön lang. Aber diese Reisen gehören nun mal zum Leben eines Handballprofis. Wenn wir mit den Rhein-Neckar Löwen unterwegs sind, ist mir eigentlich nie langweilig. Ich habe meinen Computer dabei, schaue mir Filme an – oder quatsche mit meinen Mannschaftskollegen. Wir haben einfach ein tolles Team und immer unheimlich viel Spaß, wenn wir unterwegs sind.

C wie Champions League: Auch in diesem Wettbewerb müssen wir viel reisen, aber diese Strapazen nimmt jeder Handballer gerne auf sich, wenn er in der Königsklasse spielen darf. Es war immer ein ganz, ganz großer Traum von mir, in der Champions League zu spielen. Jetzt bin ich noch nicht einmal ein Jahr bei den Löwen – und schon hat sich dieser Traum erfüllt. Dafür haben wir alle hart gearbeitet, jetzt warten ganz schwere Aufgaben auf uns. Aber gerade die Spiele gegen die besten Mannschaften und die besten Spieler der Welt sind es doch, die ihren ganz besonderen Reiz haben.

D wie Deutschland: Ich habe mich sofort in Deutschland verliebt. Seit meinem ersten Tag hier fühle ich mich richtig wohl. Die Menschen sind unglaublich höflich und hilfsbereit, das hat mir die Eingewöhnung so leicht gemacht. Man wird immer gegrüßt, Wörter wie „Danke“ und „Bitte“ sind eine Selbstverständlichkeit. Ich werde versuchen, diese Mentalität nach Island zu transportieren. Ich könnte mir momentan nicht vorstellen, woanders zu leben.

E wie Eltern: Mama und Papa bedeuten mir unheimlich viel. Sie haben beide kein Handball gespielt, aber alle meine Spiele immer verfolgt. Sie haben mich einfach immer unterstützt. Nicht nur, wenn es um Handball ging. Und sie haben sich unheimlich gefreut, als ich im vergangenen Jahr plötzlich die Chance bekam, zu den Löwen zu wechseln. Auch wenn Mama etwas traurig war, als sie ihren kleinen Jungen von einen auf den anderen Tag gehen lassen musste (lacht). In der Saisonvorbereitung waren meine Eltern auch zwei Wochen bei mir in Deutschland. Das hat mir sehr geholfen – vor allem, weil Mama immer für mich gekocht hat.

F wie Fußball: Ein toller Sport, ich bin ein super Fußballer (lacht). Ich schaue mir im Fernsehen jedes Spiel in der Bundesliga oder in der englischen Premier League an. Ex-Löwe Róbert Gunnarsson war ja ein talentierter Fußballtorwart und absolvierte mal ein Probetraining beim englischen Topklub Aston Villa. Aber als Feldspieler bin ich viel besser als er.

G wie Golf: Meine große Leidenschaft. Mit diesem Sport habe ich schon als Sechsjähriger angefangen. Ich habe in den vergangenen Monaten ein paar Mal in St. Leon-Rot gespielt, das ist eine ganz tolle Anlage. Ich kann gut abschalten, wenn ich Golf spiele. Und ganz so schlecht bin ich auch nicht. Mein Handicap wechselt zwischen neun und zehn.

H wie Haukar Hafnarfjördur: Mein Heimatverein, dem ich alles zu verdanken habe. Dort ist natürlich alles eine Nummer kleiner als bei den Rhein-Neckar Löwen. Vielleicht sogar zwei oder drei Nummern (lacht). Lustigerweise bin ich mit Haukar vergangene Saison im EHF-Pokal an Zaporozhye gescheitert. Dann wechselte ich zu den Löwen, wir schalteten Zaporozhye in der Gruppenphase aus und am Ende des Wettbewerbs hielt ich den Pokal in meinen Händen. Eine verrückte Geschichte, die es bestimmt noch nicht so oft im Welt-Handball gegeben hat.

I wie Island: Eine kleine Insel mit einer wundervollen Natur. Ich liebe mein Land, auch wenn das Wetter in diesem Sommer nicht so toll war. Unser Abwehrchef Oliver Roggisch hat mich vor ein paar Wochen besucht, und ich war viel mit ihm unterwegs. Ich habe ihm sehr viel von meiner Heimat gezeigt. Er wollte unbedingt Papageitaucher sehen. Das ist eine bestimmte Vogelart, die es fast nur im nördlichen Atlantik oder im westlichen Polarmeer gibt.

J wie Junk-Food: Oh, das ist gar nicht gut für Sportler. Diese Ernährung können wir uns eigentlich nicht erlauben. Okay, einmal im Monat ist ein Besuch bei McDonald’s vielleicht doch drin. Aber häufiger auf gar keinen Fall.

K wie Kaupthing Bank: Viele Menschen haben bei dieser isländischen Bank ihr Geld verloren, als sie Pleite ging. Wenn ich Kaupthing höre, muss ich immer an die große Finanzkrise in meiner Heimat denken. Ich bin immer noch heilfroh, dass ich mein Geld woanders angelegt hatte.

L wie Linksaußen: Das ist meine Position. In Hafnarfjördur habe ich auch mal im linken Rückraum oder auf der Mitte gespielt, aber wohler fühle ich mich auf Linksaußen – auch wenn man auf dieser Position ganz schön viel laufen muss. Sprinten, springen, werfen, sprinten – das ist meine Arbeitsplatzbeschreibung. Klingt doch eigentlich ganz einfach, oder?

M wie Magdeburg: Ich erinnere mich noch sehr genau an mein erstes Spiel für die Rhein-Neckar Löwen. Das war im vergangenen Dezember im DHB-Pokal gegen den SC Magdeburg. Ich war gerade erst ein paar Tage in Deutschland, hatte mir unsere wichtigsten Spielzüge im Training eingeprägt und musste dann gleich gegen Magdeburg ran. Wir lagen lange Zeit deutlich zurück, haben dann aber 34:33 nach Verlängerung gewonnen, ich habe vier Tore bei fünf Versuchen gemacht. Es war ein tolles Gefühl, der Mannschaft geholfen zu haben.

N wie Nationalmannschaft: Für mein Heimatland zu spielen macht mich unheimlich stolz. Wir sind ein kleines Land – gerade deshalb finde ich es so bemerkenswert, was wir immer wieder erreichen. Immerhin holte Island 2008 Olympia-Silber. Auf Linksaußen ist Gudjon Valur Sigurdsson mein Konkurrent. Es ist nicht einfach, mit ihm verglichen zu werden. Weder in der Nationalmannschaft noch bei den Rhein-Neckar Löwen. Ich weiß, dass er hier sehr beliebt war und ich schätze seine Leistungen.

O wie Ordnung: Ich bin schon ein ordentlicher Mensch. Oder? Na gut, in der Saisonvorbereitung war es ein wenig durcheinander bei mir zu Hause. Da blieb mir aufgrund unseres Trainingsplans gar keine Zeit, um ein bisschen aufzuräumen (lacht). Essen, Lauftraining, essen, Kraftraum, schlafen – so sah mein Tagesablauf aus. Trotzdem habe ich aber noch alles wiedergefunden.

P wie Porrablót: Das ist ein traditionelles isländisches Winterfest. Es findet im Januar statt. Serviert werden beim Porrablót die Lebensmittel, die bereits Monate zuvor eingelegt, gesäuert, geräuchert wurden. Fisch, Schweine- und Lammfleischsülze, Blut- und Leberwürste, milchsaurer Walspeck und schwarzgesengte Schafsköpfe kommen dann auf den Tisch. Das ist nicht jedermanns Geschmack. Auf jeden Fall stinkt zu dieser Zeit immer die ganze Insel.

Q wie Quadratestadt: Als ich das erste Mal in der Weihnachtszeit 2012 in Mannheim war, hab ich mich erst einmal verlaufen. Trotzdem mag ich diese Stadt, denn hier steht unser Zuhause, die SAP Arena. Ich finde es verrückt, dass in Mannheim genauso viele Menschen leben wie auf ganz Island.

R wie Rot: Dort wohne ich. Es ist schön ruhig und es ist nicht so weit bis zu unserem Trainingszentrum in Kronau. Dort kann ich Kraft sammeln und habe alles, was ich brauche. Oliver Roggisch wohnt ganz in der Nähe, aber auf seine Fische muss ich nicht aufpassen.

S wie Silvester: Der Jahreswechsel ist eigentlich der einzige Feiertag, den ich auf Island verbringen kann. An Ostern und Weihnachten spielen wir, umso glücklicher bin ich, wenn ich Silvester bei meiner Familie sein kann. Wobei Weihnachten 2012 jetzt auch nicht so schlecht war. Alexander Petersson und seine Frau Eivor hatten mich zu sich nach Hause eingeladen und wir haben zusammen mit ihren Kindern gefeiert. Das war wirklich sehr schön.

T wie Titel: 19. Mai 2013, Nantes. Wir gewannen den EHF-Pokal, der größte Erfolg in meiner Handballkarriere – und das ausgerechnet an meinem Geburtstag. Ein besseres Geschenk hätte es für mich gar nicht geben können. Das war ein unvergessliches Spiel an einem unvergesslichen Tag.

U wie Urlaub: In diesem Sommer war ich die ganze Zeit auf Island. Aber daraus habe ich jetzt meine Lehren gezogen. In fünf Wochen sah ich höchstens drei Mal die Sonne. Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Im nächsten Sommer geht es auf jeden Fall in den Süden.

V wie Vulkan: Davon gibt es einige auf Island. Der berühmteste ist der Eyjafjallajökull, der 2010 ausbrach. Ihr erinnert euch bestimmt alle noch daran: Mit der isländischen Vulkanasche wurde damals tagelang der europäische Flugverkehr lahm gelegt. Wir sind zwar nur ein kleines Land, können aber ganz schön für Aufsehen sorgen (lacht). Ich kann aber versprechen: Wenn alles normal läuft, kommt das nicht mehr so schnell vor. Ganz bestimmt.

W wie Wechsel: Das ging im vergangenen Jahr ganz schnell. Ich kam nach Uwe Gensheimers Verletzung nur mit einem kleinen Koffer nach Deutschland. Als ich dann in der Kronauer Trainingshalle stand, war noch nicht einmal klar, ob mich die Löwen auch nehmen werden. Sie haben mich erst einmal trainieren lassen. Zunächst war ich ein bisschen nervös, aber als es losging, spürte ich nur noch große Freude und Lust auf Handball. Über den Vertrag haben wir erst hinterher gesprochen. Das war eine verrückte Zeit, innerhalb von wenigen Tagen hat sich mein ganzes Leben verändert.

X wie Xl: Die römische Bezeichnung für 11 – meine Rückennummer bei den Löwen. Mein Landsmann Ólafur Stefánsson trug bei den Löwen auch die 11. Er ist in meiner Heimat der Handball-König, eine lebende Legende. Niemand würde sich trauen, in der isländischen Nationalmannschaft jemals das Trikot mit der Nummer 11 zu nehmen. Ich gehe sogar fest davon aus, dass diese Nummer in der Nationalmannschaft nie mehr vergeben wird. Aber ich glaube, bei den Löwen geht das in Ordnung, dass ich Ólafurs 11 habe. Damals musste alles sehr schnell gehen nach meinem Wechsel nach Deutschland. Er wird mir bestimmt nicht böse sein.

Y wie Y-Achse: Mathematik habe ich in der Schule nicht ganz so gerne gemacht. Das mit der X- und der Y-Achse habe ich im Unterricht irgendwann mal gehört. Erklären kann ich es aber nicht (lacht).

Z wie Zimmerkollege: In meinen ersten Monaten bei den Löwen war Alex Petersson sehr wichtig für mich. Er hat mir mit der Sprache geholfen und mir viel über die Bundesliga erzählt.