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Die Rückkehr der Zaubermaus (SO)

Der THW Kiel empfängt die Rhein-Neckar Löwen zum Gipfeltreffen der Handball-Bundesliga. Die Gäste haben gute Chancen, endlich den ersten Meistertitel zu gewinnen. Für Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen ist es eine Rückkehr in die alte Heimat.

Die Kieler Ostseehalle wird am Sonntag beben. Nicht nur, weil im Spiel des gastgebenden THW gegen die Rhein-Neckar Löwen eine Vorentscheidung um die Deutsche Meisterschaft fällt. Mit Nikolaj Jacobsen kehrt ein früherer Publikumsliebling in die Arena unweit der Förde zurück.

 Sechs Jahre spielte der Däne für den THW, gewann drei Meisterschaften und jeweils zweimal den EHF- und DHB-Pokal. Das Kieler Publikum liebte den Linksaußen für seine trickreichen Würfe, es verpasste ihm deshalb den Spitznamen „Zaubermaus“. „Ich hatte beim THW die schönste Zeit in meiner Karriere als Spieler. Zudem sind zwei meiner Kinder in Kiel geboren“, sagt Jacobsen. Nun kommt der 43-Jährige als Trainer der Rhein-Neckar Löwen in seine alte Heimat – und er will seinem Ex-Klub die vierte Meisterschaft in Folge vermasseln.

Damit das gelingt, ist ein Sieg der Löwen Pflicht. „Wenn der THW gewinnt, kann man schon von einer Vorentscheidung sprechen. Sie haben dann nicht nur zwei Punkte Vorsprung, sondern auch die klar bessere Tordifferenz“, sagt Jacobsen. Beide Klubs leisteten sich in der laufenden Saison kaum Patzer, lediglich drei Niederlagen stehen bisher jeweils zu Buche. Aktuell hat der THW (52:6 Punkte) mit einem absolvierten Spiel mehr den Platz an der Spitze inne, zudem 47 Tore mehr erzielt. Für die Löwen geht es darum, die makellose Heimbilanz der Kieler zu beenden. „Wir hoffen natürlich, dass es uns gelingt. Einmal ist immer das erste Mal“, sagt Jacobsen.

Die Chancen stehen gut, denn die Kieler haben derzeit zwei entscheidende Schwachstellen. Mit Dominik Klein erlitt der etatmäßige Linksaußen in Erlangen einen Kreuzbandriss. „Der Ausfall von Klein trifft den THW hart. Er war unheimlich gut drauf, hat auch in der Abwehr eine wichtige Rolle gespielt“, sagt Jacobsen.

Daher reaktivierten die Kieler den Schweden Henrik Lundström, der mit dem THW bereits dreimal die Champions League gewann und ab sofort spielberechtigt ist. Der 35-Jährige spielte bereits von 2004 bis 2012 in Kiel und „er wird kaum Eingewöhnungszeit neben dem Feld benötigen. Mit Henriks Erfahrung und dem jungen Rune Dahmke haben wir ein Gespann auf der Linksaußenposition, das sich gut ergänzt“, sagt Trainer Alfred Gislason.

Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Flensburg (30:21) erlitt Stammtorhüter Andreas Palicka zudem einen Sehnenanriss im linken Oberschenkel. Der THW reagierte und reaktivierte Torhüter-Routinier Steinar Ege. Er gab am Mittwoch gegen den Bergischen HC sein Heim-Comeback. Zusammen mit Johan Sjöstrand bildet Ege im Saisonendspurt das Torhüter-Duo – Weltklasse-Niveau ist das aber nicht.

Ganz anders sieht es bei den Löwen aus. So zählte im vergangenen Spiel gegen den VfL Gummersbach (29:24) Torhüter Niclas Landin Jacobsen mit spektakulären Paraden zu den Sieggaranten. Der 26-Jährige wird ohnehin im Fokus stehen. Der Däne wechselt zur neuen Saison nach Kiel und kann seinem Noch-Klub zu einem großen Schritt in Richtung Meisterschaft verhelfen. „Natürlich wird unheimlich viel von Niklas abhängen. Als wir im Pokal gegen Kiel gewonnen haben, war er richtig stark, deutlich stärker als bei der Niederlage in der Bundesliga. Ich hoffe, er kann an seine Leistungen anknüpfen“, sagt Jacobsen.

 Mit Uwe Gensheimer haben die Mannheimer im Gegensatz zum THW zudem einen Weltklasse-Linksaußen in den eigenen Reihen. Allein in den vergangenen drei Ligaspielen erzielte der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft 30 Tore. Sein Pendant auf der rechten Seite ist mit Patrick Groetzki ebenfalls ein Torgarant. Er könnte von dem Fehlen Kleins in der Abwehr der Kieler profitieren.

Das Duo Gensheimer/Groetzki markierte sowohl im Pokal-Viertelfinale (29:26) als auch bei der Hinspielpleite (28:29) zusammen zehn Tore. „Beide Spiele waren unheimlich eng. Am Ende entscheiden Kleinigkeiten über den Ausgang einer solchen Partie“, sagt Jacobsen.

Er bestritt sein letztes Spiel für den THW übrigens am 23. Mai 2004. Bei seinem ersten Treffer feierten ihn Mitspieler und Publikum, nach dem zweiten Tor drehte er seine Ehrenrunde durch die Ostseehalle. Der damalige Gegner war die SG Kronau/Östringen. Jener Verein, dessen erste Mannschaft 2007 umbenannt wurde – in Rhein-Neckar Löwen.

Von Maria Kurth