Veröffentlichung:

Die Rückkehr von der Tribüne

Eppelheim. Der Sport schreibt manchmal seltsame Geschichten. Mal von gefeierten Helden, mal von verschmähten Verlierern. Gestern Abend war in Eppelheim mal wieder eine Heldengeschichte dran. Eine Rückkehr, eine Wiederauferstehung. Oder sogar zwei: Patrick Groetzki und Grzegorz Tkaczyk. Zwei Löwen, die beim Champions-League-Knaller gegen Kielce unverzichtbar waren. Der eine auf Halblinks, der andere auf Rechtsaußen. Sie kamen spät. Erst, als es langsam bedrohlich wurde, als sich Ratlosigkeit breit machte. Dann aber richtig: Groetzki traf drei Mal, Tkaczyk sogar sechs Mal.

Richtig: Ausgerechnet Tkaczyk, ausgerechnet der Mann, der sich gedanklich wohl schon beim gestrigen Gegner in Kielce befindet. Dort, wo er ab dem Sommer einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat. Verständlich wär’s – zumindest unterbewusst. Denn bei den Löwen hatte er zuletzt einen schweren Stand. Meist saß er nur noch auf der Tribüne, war das fünfte Rad am Wagen, passte nicht mehr auf den Spielberichtsbogen. Gudmunur Gudmundsson, der Trainer, setzte auf andere: Auf Zarko Sesum, auf Karol Bielecki. Eben auf die, die sich auch in der neuen Saison noch das Löwen-Trikot überstreifen werden.

Und so richtig klarzukommen, scheint er damit nicht, der Tattoo-Fan: Nach der Partie, nach seiner Sechs-Tore-Gala schwieg Tkaczyk wie ein Grab, blockte alles ab. Mit versteinerter Miene und abwertender Handbewegung. So kennt man ihn eigentlich nicht. Klar, der gesprächigste war er noch nie, aber unhöflich? Nein, unhöflich, das passt nicht, nicht zu ihm. Ist das Tischtuch zwischen Tkaczyk und seinem Noch-Arbeitgeber möglicherweise gänzlich zerschnitten? Eine naheliegende Vermutung, die sein Trainer allerdings abschmettert. Gudmundsson: „Grzegorz ist einfach enttäuscht. Er will spielen, das ist doch ganz normal.“

Ob er das im weiteren Saisonverlauf nun häufiger tun darf? Fraglich, sehr fraglich: Die Situation spitzt sich nämlich demnächst weiter zu. Auch Michael Müller drängt nach seinem Kreuzbandriss zurück in den Kader. „Da habe ich dann die Qual der Wahl“, grummelt der isländische Taktikfuchs, „schließlich können in der Bundesliga und im DHB-Pokal nur 14 Mann auf den Bogen.“ Mit Müller sind es Anfang April 17.

Drei zu viel. Sicher, ein Luxusproblem, aber auch das will geregelt werden. Lösen muss es der Trainer, nicht der Manager. Thorsten Storm: „Das ist die Sache von Gudmi. Und ich bin mir sicher, dass er da die richtige Entscheidung treffen wird.“

Von Daniel Hund

 28.02.2011