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„Die Tradition spricht für Leutershausen“

Es treffen zwei Welten aufeinander. Hier der Regionalligist aus Leutershausen, dort der Bundesliga-Spitzenklub Rhein-Neckar Löwen. Am Dienstag (20 Uhr) stehen sich die beiden Handball-Vereine in der Leutershausener Heinrich-Beck-Halle in einem Testspiel gegenüber. Vorab sprachen wir mit Löwen-Manager Thorsten Storm und seinem SGL-Kollegen Ulrich Roth.

Herr Roth, die Löwen kommen und ein Hauch von Bundesliga-Luft weht durch die Heinrich-Beck-Halle. Wie groß ist die Vorfreude auf das Duell?

Ulrich Roth: Natürlich riesig. Es ist toll für den Verein und die Mannschaft, dass wir gegen diesen erstklassigen Gegner spielen dürfen. Die Löwen treten ohne finanzielle Forderungen an und bereiten unserem Etat einen Segen. Und für unsere Spieler ist es etwas ganz Besonderes, sich mit Stars zu messen, die sie sonst nur in der SAP Arena oder im Fernsehen zu Gesicht bekommen.

Herr Storm, für die Löwen dürfte der Auftritt in Leutershausen nicht mehr als ein Freundschaftsspiel sein, oder?

Thorsten Storm: Wir haben uns bewusst für ein Spiel gegen die SGL entschieden. Wir hatten viele Anfragen von Klubs aus der Region, aber in Leutershausen wollten wir gerne antreten und der SGL helfen. Dort wird eine sehr gute Arbeit gemacht, das wollen wir belohnen.

Ein Bundesligist in der Beck-Halle. Da kommen doch bestimmt Erinnerungen an glorreiche Zeiten hoch?

Roth: Natürlich, aber so weit sind wir auf unserem Weg noch lange nicht. Unser verwöhntes Publikum in Leutershausen wird gegen die Löwen merken, dass wir noch weit weg sind von dem, was sich der eine oder andere erhofft. Unser mittelfristiges Ziel bleibt die Zweite Liga. Geträumt wird bei uns schon jetzt davon, das liegt an unserer Tradition. Was die Löwen heute sind, waren wir früher über Jahrzehnte. Wir waren das Aushängeschild der gesamten Region. Viele Menschen in der Kurpfalz haben eine emotionale Bindung zur SGL. Diese Tradition haben die Löwen zum Beispiel noch nicht.

Storm: Die Tradition spricht für Leutershausen, aber die können wir auch noch gar nicht haben. Da werden wir wohl noch 30 Jahre warten müssen, aber dann werde ich wohl das Projekt Rhein-Neckar Löwen nicht mehr begleiten. Wir können uns nur Sympathien erarbeiten, aber keine Tradition. Das muss wachsen – und dafür tun wir alles mit unseren Identifikationsfiguren Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki.

Wie sieht die Beziehung zwischen den Löwen und der SGL aus?

Roth: Wir wären gerne der kleine Bruder und der kleine Gegner der Löwen in der Region. Wir sehen uns auch hier ganz klar als Nummer zwei, die TSG Friesenheim spielt in unserer Wahrnehmung keine Rolle.

Storm: Im weitesten Sinne kooperieren wir schon. Sollte es bei uns etwas geben, was die SGL braucht, kann man darüber reden. Genauso gilt das, wenn Leutershausen ein Megatalent hätte. Das müsste ja nicht zum HSV Hamburg gehen.

Was erwarten Sie von dem Spiel?

Roth: Für uns ist es einfach der Höhepunkt der Saisonvorbereitung. Es ist für die Handball-Fans in der Region die einzige Chance, die Löwen vor der Bundesliga-Saison noch einmal in der näheren Umgebung zu sehen.

Storm: Natürlich wollen wir gut spielen, aber unser Ziel ist es auch, neue Fans zu gewinnen. Wir wissen, dass es an der Bergstraße viele Handballverrückte gibt. Wir werden zwar keinen SGL-Fan, der das Klubemblem auf sein Kopfkissen gestickt hat, zum Löwen-Anhänger machen – aber das wollen wir auch gar nicht. Wenn die Leutershausener sagen, ihr zweitliebster Verein sind die Löwen und dort gehen die SGL-Fans hin, wenn sie mal Champions League oder Bundesliga sehen wollen, dann haben wir unser Ziel erreicht. Niemand bricht mit der SGL, nur weil er mal zu uns kommt.

Herr Storm, warum treten die Löwen in der Vorbereitung nur einmal in der Region an?

Storm: So viel Zeit haben unsere Trainer doch gar nicht in der Saisonvorbereitung. Der Terminplan ist eng gestrickt. Wir haben ein Trainingslager gemacht und müssen eben auch zwei, drei Turniere spielen, um den Ernstfall zu proben. Und die Generalprobe gegen Schaffhausen in Karlsruhe am 24. August findet jetzt auch nicht am anderen Ende der Welt statt. Außerdem spielen wir noch nach Saisonbeginn am 8. September in Schwetzingen.

Roth: Ich kann den Weg der Löwen verstehen. Sie dürfen doch nicht schon vor der Saison den Markt übersättigen und jede Woche irgendwo in der Region spielen. Wer die Löwen sehen will, der sollte am Dienstag einfach zu uns kommen.

Von Marc Stevermüer