Veröffentlichung:

Die Verwirrung hat einen Namen: EHF-Cup (MM)

Kritische Betrachtung: Viele Baustellen trotz Neuerungen

MANNHEIM. Da haben sich die Herren in der europäischen Handball-Verbandszentrale eindeutig zu viele Gedanken gemacht. Der EHF-Cup sollte mit einem neuen Modus sportlich attraktiver und finanziell lukrativer werden. Doch dieses Vorhaben ging gründlich schief. Herausgekommen ist eine aufgeblähte Gruppenphase, die in sechs Wochen durchgepeitscht wurde und in der die Verdienstmöglichkeiten aufgrund fehlender TV-Gelder gering waren. Zudem besteht nach wie vor ein immenses Leistungsgefälle. Kurzum: Ein Achtelfinale hätte es auch getan, anstatt die Profis über einen Monat lang in die entferntesten Winkel Europas zu jagen.

Viertelfinale mit drei Spielen

Noch dazu sorgt der Modus für Verwirrung. So gibt es am Ende des Wettbewerbs ein Final Four, das in Nantes stattfindet. Als Ausrichter ist der ortsansässige EHF-Cup-Starter HBC nach überstandener Gruppenphase automatisch für die Endrunde gesetzt. Die Franzosen müssen also keine K.o.-Partien mehr bestreiten, weshalb es auch nur drei Viertelfinalspiele gibt. An diesen nehmen die vier Gruppensieger (Göppingen, Löwen, Magdeburg, Holstebro) und die zwei besten Zweiten (Maribor, Kolding-Kopenhagen) mit Ausnahme von Nantes teil, das zweitbester Gruppenzweiter wurde. Hätten die Franzosen Rang drei oder vier belegt, wären sie ausgeschieden. Das Final Four hätte dann trotzdem in der Bretagne stattgefunden.

All das ist schon kompliziert, doch es geht noch deutlich verwirrender: Denn wäre Nantes der schlechteste Gruppenzweite gewesen, hätte es für HBC keine automatische Final-Four-Teilnahme gegeben und die Franzosen wären auch nicht ausgeschieden. Denn in diesem Fall hätte es plötzlich vier Viertelfinalspiele mit allen Gruppenzweiten und -ersten gegeben.

Eine Logik, die sich vermutlich nur den EHF-Bossen erschließt. Zumal die schlauen Füchse aus der Verbandszentrale noch eins draufgesetzt haben. Bei der Ermittlung der Gruppenzweiten wurden die Ergebnisse gegen die jeweiligen Gruppenletzten aus der Wertung genommen. Eine Regelung, von der KIF Kolding-Kopenhagen profitierte. Eigentlich waren die Dänen aus Gruppe B mit sechs Zählern aus sechs Spielen der schlechteste Gruppenzweite, doch dann kamen die Streichergebnisse – darunter die Niederlage gegen den Letzten Zaporozhye. Und schon langte es für KIF gegenüber den Spaniern von Naturhouse La Rioja aus Gruppe A, die vier ihrer acht Punkte gegen den Gruppenletzten Eskilstuna erspielt hatten.

Kopenhagen und La Rioja brachten in die Wertung bei der Ermittlung der besten Gruppenzweiten jeweils vier Punkte ein, das Torverhältnis sprach für die Dänen und sie zogen ins Viertelfinale ein, obwohl KIF einmal häufiger verloren hatte als die Spanier. Ist das fair? Nein. Und nachvollziehbar sowieso nicht. Es herrscht akuter Handlungsbedarf. Wer die EHF jedoch kennt, der muss ernsthaft befürchten, dass dann alles noch viel komplizierter wird.

Von Marc Stevermüer