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Dieser Sieg hat den Löwen gut getan

Wetzlar. Etwa zehn Minuten lang haben sie vorbildlich verteidigt, den 6:0-Abwehrverband geschlossen verschoben und den ballbesitzenden Gegenspieler aggressiv bekämpft. Das hat gereicht. Am Samstag mussten die Rhein-Neckar Löwen in der Handball-Bundesliga gar nicht länger an ihr Leistungslimit gehen, um die Auswärtspartie bei der HSG Wetzlar am Ende doch recht locker mit 33:27 (13:13) zu gewinnen. Da ausgerechnet in dieser Phase auch Löwen-Keeper Slawomir Szmal zwischen den Pfosten das Niveau erreichte, das er als Welthandballer wohl auch von sich selbst verlangt, konnten die nun bemitleidenswerten Wetzlarer in diesen zehn Minuten keinen Treffer landen, während die Gäste aus dem 17:18-Rückstand (37.) im Handumdrehen eine 27:18-Führung (46.) gemacht und die Partie damit entschieden hatten.

Als HSG-Linkshänder Lars Friedrich in der 47. Minute endlich wieder ein Tor für die Hausherren erzielte, ärgerte sich bei den Gästen darüber schon niemand mehr, was angesichts der Acht-Tore-Führung in diesem Moment auch keineswegs verwunderlich war. „Wir haben uns erst in der zweiten Halbzeit gefunden und konnten dann unsere Fehler reduzieren. Die Abwehr stand, Szmal hat gut gehalten, so konnten wir einige leichte Tore machen und sind mit jedem Treffer abgeklärter geworden“, sagte Nationalspieler Oliver Roggisch, der mit seiner guten Deckungsleistung großen Anteil am Auswärtssieg der Löwen hatte. Ein weiterer Grund für den Sieg war die saubere Leistung von Rückraumspieler Grzegorz Tkaczyk, der – von der Bank gekommen – zwischen der 28. und 36. Minute fünf der sechs Gästetreffer erzielen konnte.

Die Mannschaft von Wetzlars Trainer Michael Roth hatte fast 40 Minuten lang Paroli geboten, war dann aber völlig zusammengebrochen, wohl auch weil die Hausherren, die auf Abwehrchef Georgios Chalkidis (Oberschenkelzerrung) und Steffen Fäth (Schulterverletzung) verzichten musste, kein Spieler von der Bank kam, der ähnlich wie Tkaczyk noch einmal deutliche Akzente setzen konnte. „Wetzlar hat uns plötzlich einige Bälle geschenkt“, wunderte sich auch Roggisch über das Chaos, das schlagartig im Rückraum der Hausherren ausgebrochen war. „Da kam eins zum anderen.

Fehler, Zeitstrafen, unglückliche Schiedsrichterentscheidungen“, schüttelte später auch HSG-Kapitän Timo Salzer den Kopf. An die mögliche Sensation geglaubt hatten die Gastgeber noch in der Halbzeitpause, wie Philipp Müller, Zwillingsbruder des verletzten Löwen-Linkshänders Michael Müller (Kreuzbandriss), einen Tag vor deren 26. Geburtstag nach der Partie verkündete. „Es ist bitter. Wir haben 40 Minuten gut mitgespielt. Dann waren wir einen Moment von der Rolle, und die Löwen nutzen das gnadenlos aus“, erklärte der siebenfache Wetzlarer Torschütze.

Erst als Wetzlars Müller in der zehnten Minute eine Zeitstrafe absaß, gelang der Lindgren-Truppe durch einen Doppelschlag von Bjarte Myrhol und Uwe Gensheimer nicht nur der Ausgleich (4:4/10.), sondern auch die Führung (5:4/11.), die Myrhol später erstmals auf zwei Tore ausbauen konnte. Die gewünschte Richtung konnte der hohe Favorit der Partie damit aber noch lange nicht geben. Auch nach dem 10:7 durch Ivan Cupic blieb es über das 13:13 zur Pause bis zum 18:17 der Wetzlarer eng.

„Wir haben im ersten Durchgang zu viele technische Fehler gemacht. Da waren beiden Mannschaften gleichwertig“, musste auch Roggisch zugeben, dass sein Team bis zur 37. Minute große Probleme mit dem Außenseiter hatte. „Egal, wo wir auswärts spielen, wir müssen immer 100 Prozent geben. Wenn wir nicht Vollgas geben, bekommen wir Probleme, auch in Wetzlar“, sagte der Abwehrspezialist.

Sein Trainer Ola Lindgren war mit der Leistungssteigerung im zweiten Durchgang zufrieden. „Auch wenn wir am Ende wieder ein wenig nachgelassen haben, dieser Sieg hat uns gut getan“, freute sich der Schwede, der in den nächsten Tagen eventuell noch einmal Grund dazu haben könnte. Manager Storm jedenfalls sondiert den Spielermarkt und sucht nach einem Ersatz für Müller. „Das ist eine Baustelle.

Wir bräuchten aber einen Spieler, der uns in der Champions League nutzt. Es hilft uns kein Spieler, der momentan keinen Verein hat. Denn wenn er gut genug wäre, hätte er einen Verein“, sagte Storm.

Von Marc Schäfer

 20.09.2010