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Drama in Mittelhessen

Löwen unterliegen der HSG Wetzlar

Die Entscheidung im Kampf um die Deutsche Meisterschaft scheint gefallen. Nach einer desolaten Vorstellung kassierten die Rhein-Neckar Löwen am Abend bei der HSG Wetzlar mit 27:31 (10:15) ihre vierte Saisonniederlage. Der Vorsprung von Rekordmeister THW Kiel in der Tabelle beträgt nun zwei Punkte, zudem haben die Kieler fünf Spieltage vor dem Ende der Saison das deutlich bessere Torverhältnis.

„Es ist vorbei“, lautete das knappe Fazit von Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen, als er in der Pressekonferenz auf die Meisterschaftschancen seiner Mannschaft nach der 27:31 Niederlage bei der HSG Wetzlar angesprochen wurde. Und auch Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer fand nach der Partie deutliche Worte: „Das große Ziel ist weg“, so Gensheimer nach der wohl schlechtesten Saisonleistung seiner Mannschaft.

Bereits  drei Minuten vor dem Spielende hielt es keinen Besucher  mehr auf seinem Sitz. In der  proppenvoll ausverkauften Wetzlarer Rittal Arena herrschte Hochstimmung. Die ausverkaufte Rittal Arena wurde schließlich zum Tollhaus,  als auf der Anzeigentafel nach sechzig Minuten einer begeisterten Handballpräsentation der Mittelhessen das Endergebnis der Bundesligapartie zwischen der HSG Wetzlar und den Rhein-Neckar Löwen aufleuchtete: 31:27.

„Das war heute eine tolle Partie. Wir waren von der ersten Minute an voll konzentriert, haben  im Spiel stets geführt und konnten schließlich einen ganz großen Sieg gegen eine Super-Mannschaft einfahren“, sagte HSG-Linksaußen Dejan Manaskov nach den Jubelorgien noch auf dem Spielfeld. So recht war es einigen HSG- Akteuren Minuten  nach dem Abpfiff noch nicht geworden, was sie als Kollektiv eben erreicht hatten:Die Löwen wollte mit einem Erfolg in Wetzlar die Chance auf die Meisterschaft weiterhin aufrecht erhalten, doch der Erfolg der  Lahnstädter zeichnete sich schon in der Anfangsphase der Begegnung ab, als die bärenstarke HSG-Abwehr die Löwen-Offensive im Zaum hielt. Besonders die Achse Andy Schmid – Bjarte Myrhol war von der Wetzlarer Defensive lahm gelegt worden. Und fanden die Gäste dann doch einmal eine Lücke im HSG-Abwehrverband, dann zeigt Andreas Wolff im Tor der Hausherren überragende  Reaktionen. Bereits nach einer Viertelstunde hatte der Wetzlarer Zerberus neun Bälle gehalten, während sein gegenüber Niklas Landin immer noch nicht auf Betriebstemperatur  gekommen war. Kein Wunder, dass sich die Gastgeber mit Unterstützung eines tollen und lautstarken Publikums regelrecht in einen Rausch spielten. Während die Löwen umständlich, ja hausbacken ihren Spielaufbau betrieben, wanderte der Ball bei den Wetzlaren durch die Reihen mit blindem Spielverständnis der Akteure untereinander. Schon nach viereinhalb Minuten musste Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen seine erste Auszeit nehmen, doch die Dienstbesprechung mit seinen Schützlingen fruchtete nicht.  Wetzlar, angetrieben von einem überragenden Ivano Balic , zog über 8:3 (16.), 11:7 (23.) auf 13:8 (Tönnesen, 23.) und 15:10 zur Pause davon.

„Wir fanden heute kein Mittel gegen Ivano Balic. Er hat unsere Abwehr mit vielen Kreuzungen geknackt und Fäth und Tönnesen in hervorragende Wurfpositionen gebracht“, gab später Löwen-Trainer Jacobsen zu Protokoll der Journalisten. In der Tat, wie der 35jährige kroatische Spielmacher der Grün-Weißen auf dem Feld zauberte ließ die  Handball-Ästheten mit der Zunge schnalzen. „Ich wusste, dass Ivano 60 Minuten durchhalten musste. Als es in der zweiten Halbzeit noch einmal eng wurde, hat „Flo“ Laudt die entscheidenden Treffer geworfen. Jeder bei uns ist heute bis an sein Limit gegangen“, lobte HSG-Übungsleiter Kai Wandschneider seine Truppe, die auch im zweiten Durchgang immer wieder eine Antwort fand, als die Löwen nach dem 20:13 (39.) und 23:17 (45.) wieder aufwachten. Nachdem Niklas Landin entnervt das Köwen-Tor verlassen hatte, parierte Bastian Rutschmann gleich die ersten drei Angriffe, so dass elf Minuten vor dem Ende  (Andy Schmid, 49.) beim 23:21 die Gäste wieder auf Schlagdistanz herangekommen waren. Doch die Mittelhessen ließen sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen. Das Publikum peitschte das Heimteam weiter nach vorn, so dass die Wetzlarer Schützen mit kraftvollen Einzelaktionen gegen die offensive Löwen-Deckung  wieder für klare Verhältnisse sorgten. Tönnesens Doppelschlag zum 28:24 und 29:25 ließ die Rittal-Arena in ihren Grundfesten beben. Und lange  bevor der 31:27-Endstand feststand, hallte es im weiten Rund: „Oh, wie ist das schön“.  Für Wetzlars Steffen Fäth  war der Sieg ein „kollektiver Erfolg, weil wir heute mit richtig Power gespielt haben und von unserem Vorsprung noch beflügelt wurden“. Mannheims Coach Jacobsen analysierte: „ Bei uns haben zu viele Leistungsträger heute nicht zu ihrer Normalform gefunden. Wir agierten teilweise nervös und haben auch viele freie Bälle gegen einen starken Wetzlarer Torhüter Andi Wolff nicht genutzt“.

HSG Wetzlar – Rhein-Neckar Löwen 31:27 (15:10)

Wetzlar: Wolff, Hombrados (51. – 57.); Lipovina, Manaskov (4), Weber (3), Tönnesen (8), Laudt (3), Fäth (5), Hahn, Bliznac (1), Joli (6/3), Balic (1), Klesniks.

Rhein-Neckar Löwen:  Landin, Rutschmann (39. – 56.); Schmid (4), Gensheimer (7/4), Kneer, Sigurmannsson (n.e.), Myrhol, Steinhauser (n.e.), Larsen (3), Groetzki (3), Reinkind (1), Guardiola, Petersson (8), du Rietz (1).

Schiedsrichter: Andreas und Marcus Pritschow (Stuttgart) – Zuschauer: 4412 – Zeitstrafen: 8 Min. : 8 Min. (Bliznac/zwei, Klesniks/zwei – Gensheimer, Kneer, du Rietz, Jacobsen) – Siebenmeter: 3/3 : 5/4 ( Gensheimer scheitert an Wolff, 10.)