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Drama in neuen Dimensionen
Hamburg. Tränen und Trauer, Wut und Verzweiflung. Michael Müller donnerte enttäuscht ein Handtuch auf den Boden, Patrick Groetzki standen die Tränen im Gesicht. Der Vize-Fluch liegt weiter über den Rhein-Neckar Löwen. Dabei waren sie so nah dran, am großen Triumph. Sogar so nah, wie niemals zuvor. Doch dann wurde es wieder nichts mit dem ersten Titelgewinn in der Vereinsgeschichte. Der Handball-Bundesligist verlor einen echten Krimi und musste sich im Pokalfinale dem HSV Hamburg mit 33:34 (30:30; 15:15) nach Verlängerung geschlagen geben. Die Badener zeigten eine großartige Leistung, doch sie wurden nicht belohnt. Was bleibt, ist der undankbare zweite Platz – und ein Drama in neuer Dimension. Denn unglücklicher als gestern unterlagen die Gelbhemden in keinem ihrer vier Endspiele (dreimal DHB-Pokal, einmal Europacup der Pokalsieger).
„Auf diese Art und Weise zu verlieren, ist wirklich verdammt hart“, gestand Trainer Ola Lindgren und meinte damit nicht nur das knappe Ergebnis, sondern auch die Vorstellung der Schiedsrichter Holger Fleisch und Jürgen Rieber, die wahrlich nicht ihren besten Tag erwischt hatten. „Wir haben sehr viele Zeitstrafen kassiert – und das war nicht immer gerecht. Wir sind benachteiligt worden“, fand der Schwede – ein eigentlich besonnener Mann – klare Worte und bezeichnete die Leistung der beiden Schiedsrichter als „nicht akzeptabel“. Der verletzte Mannschaftskapitän Gudjon Valur Sigurdsson sprach von „launischen Entscheidungen“ der Unparteiischen, der Aufsichtsratsvorsitzende Jesper Nielsen warf den Referees sogar fehlende Neutralität vor.
Wo waren Methe/Methe?
Das wollte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, natürlich nicht unkommentiert im Raum stehenlassen. Er verteidigte das Duo Fleisch/Rieber und fügte dann noch an: „Sie hatten es verdient, dieses Endspiel zu leiten.“
Prompt zog sich Bohmann den Ärger von Lindgren zu. „Das ist doch ein Witz“, schimpfte der Trainer und schaute Manager Thorsten Storm an. Der Geschäftsführer konnte da nur zustimmen. „Alle unsere Spieler haben den Eindruck, dass sie verpfiffen wurden. Trotzdem hatten wir die Chance auf den Sieg. Das ist positiv“, meinte Storm und gewährte einen Einblick in seine Gefühlswelt: „Ich bin traurig. Denn es hat nicht nur an uns gelegen, dass wir verloren haben.“ Gerne hätte er gewusst, warum die Brüder Bernd und Reiner Methe, das beste deutsche Schiedsrichterduo, fürs Final Four nicht nominiert waren. Eine Antwort darauf bekam der Manager nicht.
Zum tragischen Helden avancierte bei den Löwen, die in Bjarte Myrhol den besten Spieler des Turniers stellten, ausgerechnet Superstar Ólafur Stefánsson. Der Isländer schwang sich zwar erneut zur Führungsfigur auf, doch dem 36-Jährigen versagten in der Schlussphase der regulären Spielzeit die Nerven, als er zwei Strafwürfe verwarf. Einmal landete der Ball am Pfosten, beim zweiten Versuch parierte Torwart Johannes Bitter den verunglückten Heber. „Diesen Siebenmeter habe ich schlecht geworfen. Damit muss ich jetzt leben“, meinte Stefánsson, der einmal mehr in der bitteren Stunde der Niederlage unglaubliche Größe zeigte: „Ich habe zwei Strafwürfe nicht genutzt und nehme das auf meine Kappe. Aber ich bin froh, dass mir das passiert ist und nicht Patrick Groetzki oder einem anderen jungen Spieler.“
Von Marc Stevermüer
12.04.2010