Veröffentlichung:

„Du musst in jedem Spiel voll konzentriert sein“

Löwen-Rechtsaußen Rajko Prodanovic im Interview

Die Rhein-Neckar Löwen haben das nächste Heimspiel in der DKB Handball-Bundesliga vor der Brust: Am Freitag (19.45 Uhr) kreuzt der VfL Gummersbach in der Mannheimer SAP Arena auf. Die Halle öffnet um 18.15 Uhr, es gibt noch Tickets an der Abendkasse. Vor der Partie gegen die Oberbergischen sprachen wir mit Linkshänder Rajko Prodanovic.

Rajko, du bist jetzt seit rund drei Monaten bei den Rhein-Neckar Löwen. Was macht dein Deutsch?

Rajko Prodanovic: Leider nicht so gut, wie ich mir das selbst wünschen würde. Die Handballbegriffe habe ich zwar so langsam drauf, aber ich musste in den vergangenen Wochen immer wieder nach Serbien zurück, um mich um die Visa-Papiere meiner Familie zu kümmern oder weil ich bei der Nationalmannschaft war. Dann fällt man natürlich immer wieder in die Muttersprache zurück und vergisst das Gelernte. Das ist schade, denn ich möchte von hier auch eine neue Sprache mitnehmen. Deshalb möchte ich in der zweiten Hälfte der Saison nochmals intensiv Deutsch lernen.

Mit deinen Landsleuten Zarko Sesum und Nikola Manojlovic dürftest du immerhin gute Lehrer und Fremdenführer für die Region haben . . .

Prodanovic: Ja, mit Zarko habe ich schon in der Jugend zusammengespielt und Nikola kenne ich auch schon lange aus der Nationalmannschaft. Es ist immer einfacher, wenn man bei einem neuen Verein schon ein paar Mitspieler kennt. Insofern bin ich hier schnell angekommen und habe auf viele Fragen auch schnell Antworten bekommen. Unser neues Zuhause in Leimen gefällt mir ebenfalls sehr. Es ist etwas ländlich, aber Mannheim und Heidelberg sind gleich in der Nähe. Und in der Freizeit kann man gut entspannen – aber momentan spielen wir ja fast alle drei Tage. Da kommt erst gar keine Langeweile auf.

Die Bundesliga ist ebenfalls Neuland für dich. Wie würdest du deine ersten Eindrücke zusammenfassen?

Prodanovic: Nach meiner Zeit in Serbien habe ich inzwischen Erfahrungen in Spanien, Mazedonien und Ungarn sammeln können, aber die deutsche Bundesliga ist etwas komplett anderes. Hier musst du in jedem Spiel voll konzentriert sein, sonst gibt es Probleme. Das haben wir zuletzt zu Hause gegen Eisenach gesehen und auch heute gegen Gummersbach werden wir uns keine langen Schwächephasen erlauben können. Das kenne ich aus den anderen Ligen nicht.

Momentan seid ihr weiter in der Spitzengruppe der Liga, oben geht es in diesem Jahr sehr eng zu. Hättest du das erwartet?

Prodanovic: Als Vorjahresdritter war mit den Löwen sicher zu rechnen und die Mannschaft ging zudem eingespielt in die neue Saison. Insofern überrascht mich unsere aktuelle Situation nicht unbedingt. Zudem haben wir in der Vorrunde viele schwere Auswärtsspiele. Gegen Mannschaften wie Berlin, Kiel und Hamburg können wir in der Rückrunde zum Beispiel in der eigenen Halle antreten. Wenn es uns da gelingt, unser Potenzial abzurufen, ist sicher noch einiges möglich.

Auch in der Champions League steuert ihr das Achtelfinale an. Könnt ihr Platz zwei hinter Veszprem verteidigen?

Prodanovic: Zunächst einmal ist es etwas ganz Besonderes in der Champions League zu spielen, ich durfte das in den vergangenen beiden Spielzeiten bei Pick Szeged erfahren. Hier messen sich wirklich die besten Mannschaften Europas. Mit Blick auf die Auslosung für das Achtelfinale muss es sicher unser Ziel sein, den zweiten Platz zu sichern. Schließlich haben wir in Veszprem gezeigt, dass wir mit den Top-Teams mithalten können. Wegen des Unentschiedens im Hinspiel gegen Zaporozhye können wir den ungarischen Meister wohl nicht mehr einholen, aber Platz zwei ist dann sicher auch eine gute Ausgangsposition für die folgenden K.o-Spiele.

In den vergangenen Wochen konntest du sowohl in der Königsklasse als auch in der Liga endlich zeigen, was du kannst. Das dürfte dir zusätzliche Motivation geben, oder?

Prodanovic: Ja, natürlich. Dabei hatte ich gar nicht damit gerechnet, weil ich wegen der Visumsprobleme meiner Familie nach Serbien reisen musste und deshalb auch einige Trainingseinheiten verpasst habe. Patrick hatte zuletzt etwas Probleme mit seiner Bauchmuskulatur und da war ich natürlich froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte. Jeder Profi möchte spielen und sich einbringen – und wenn die erste Halbserie so weitergeht, kann ich zufrieden sein.

Nach Weihnachten steht für dich keine Pause an, sondern im Januar dreht sich alles um die Europameisterschaft in Dänemark. Wie stehen deine Chancen, nominiert zu werden und wie beurteilst du die Chancen der serbischen Mannschaft?

Prodanovic: Nach derzeitigem Stand sollte ich in Dänemark dabei sein, ich war jedenfalls auch bei den jüngsten Tests immer im Einsatz. Was unsere Ambitionen betrifft, ist es klar, dass wir nicht nur nach Dänemark fahren, um dort mitzuspielen. Zwar konnten wir den tollen zweiten Platz bei der EM 2012 im eigenen Land dann bei der Weltmeisterschaft in Spanien mit Platz zehn nicht bestätigen, aber unser Team ist sicher stark genug, um diesen Eindruck zu revidieren.

Mit Frankreich, Russland und Polen habt ihr allerdings eine schwere Gruppe erwischt . . .

Prodanovic: Ja, das stimmt leider, aber bei der Europameisterschaft gibt es sowieso keine leichten Gruppen. Viel hängt von unseren beiden ersten Spielen gegen Polen und Russland ab, da werden auch schon die Weichen für die Hauptrunde gestellt, die wir natürlich auf jeden Fall erreichen wollen.

Wie siehst du die Entwicklung des serbischen Handballs im Allgemeinen?

Prodanovic: Ich denke, wir haben momentan eine gute Mischung aus erfahrenen Spielern wie etwa Momir Ilic oder Marko Vujin, die beide noch auf Top-Niveau spielen können, und einigen jüngeren Spielern, mit denen in der Zukunft sicher zu rechnen ist. Das sind gute Jungs, die vielleicht noch etwas Zeit brauchen, aber die gut in die Mannschaft passen. Generell sehe ich allerdings das Problem, dass viele junge Spieler zu früh ins Ausland gehen. Das schwächt unsere Liga zu Hause und im Ausland bekommen sie dann nicht genug Spielzeit, um sich entsprechend entwickeln zu können. Aber das muss jeder selbst für sich entscheiden.

Wie steht es um deine Zukunft? Die Löwen haben dich aus Veszprem ausgeliehen, gehst du dann im Sommer wieder zurück?

Prodanovic: Bei den Löwen sollte ich helfen, die Lücke zu schließen, die durch die Verletzung von Marius Steinhauser entstanden ist. Deshalb war klar, dass ich wohl nur ein Jahr bleibe. Was im Sommer wird, weiß ich aber noch nicht. Ich habe noch zwei Jahre einen Vertrag bei Veszprem, die am Ende des Jahres mit mir sprechen wollen. Da wir im Februar unser zweites Kind bekommen, wäre es schön, bald zu wissen, was die Zukunft bringt.