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Ein gewonnener oder ein verlorener Punkt?

Berlin/Heidelberg. Eigentlich war es fast schon wieder ein Erfolg. Aber das merkte man nicht, sah man nicht: Frustriert und verärgert schlichen sie in die Kabine, die Rhein-Neckar Löwen, enttäuscht von sich selbst. Die Köpfe hingen, die Schultern auch. Manche fluchten auf der Flucht. Das 28:28 (13:13)-Remis bei den Füchsen Berlin war schwer verdauliche Kost. Schließlich hatte man sich im Spitzenspiel mehr vorgenommen. Wollte siegen, glänzen. Aber am Ende konnten die Besten aus dem Südwesten froh sein, dass sie überhaupt ein Pünktchen ergattert hatten: Man führte nie, rannte immer hinterher. 60 Minuten lang.

Thorsten Storm, der Manager der Löwen, kann’s bezeugen. Er war Augenzeuge, mittendrin statt nur dabei. Unmittelbar nach der Schluss-Sirene pustete er tief durch: „Hier war richtig Alarm in der Halle. Die Füchse wurden regelrecht nach vorne gepeitscht.“ Storm war beeindruckt, aber nicht nur von der Stimmung, auch von seinem Personal: „Wenn du hier kurz vor dem Ende mit vier Toren hinten bist, und trotzdem nochmals zurückkommst, dann hattest du eine tolle Moral.“

Löwen und Füchse – das scheint aus badischer Sicht einfach nicht zu passen. In der Vorsaison wurde auch gejault, herrschte gleich doppelter Katzenjammer. Zwei Mal wurde die Löwen-Mähne nicht nur gestutzt, nein, sie wurde sogar rasiert. Klar und deutlich ging man unter, erschreckend deutlich.

Gestern sollte nun alles anders werden, besser. Doch die Löwen begannen schwach. Wenig lief, vieles ging schief. Auch Kasa Szmal, der „Hexer“ im Tor der Badener, erwischte nicht seinen besten Tag. Er war nicht so präsent, nicht so abgezockt wie zuletzt. Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson sah es ähnlich. Der Isländer tauschte, brachte in der 18. Minute Henning Fritz, den Altmeister. Und der war voll da, parierte glänzend, mehrfach, immer wieder. Was sich bemerkbar machte: Die Löwen drehten ein 7:12 (18.) in einen 13:13-Pausenstand.

Halten konnte „Fritze“ das Level diesmal aber nicht. Er und Szmal standen im Schatten von Berlins Keeper Silvio Heinevetter, der beherrschte seinen Tatort, entschärfte, was zu entschärfen war, teilweise sogar noch etwas mehr. Storm nickte, wirkte kurzzeitig nachdenklich: „Das Torwartspiel“, sagte er, „das Torwartspiel haben wir heute verloren.“ Karol Bielecki und der Rest der badischen Scharfschützen-Abteilung können ein Lied davon singen. Sogar drei Siebenmeter wurden verballert. Uwe Gensheimer und Ivan Cupic patzten.

Also übernahm einer Verantwortung, der das häufig tut, wenn es nicht läuft, wenn der Druck besonders groß ist. Gemeint ist Olafur Stefansson, der Star unter den Stars, der mit dem goldenen Händchen. „Er hat heute getroffen und gelenkt“, lobte Storm, „das war ganz groß.“ Ein weiteres Extralob verdiente sich Bjarte Myrhol. Der Norweger spielte verletzt, trotzte hartnäckigen Wadenschmerzen. Storm: „Bjarte hat vorbildlich auf die Zähne gebissen.“ Und getroffen. Acht Mal!

Was bleibt, ist die Frage, war es nun ein Punktgewinn oder ein Punktverlust, ein Rückschlag oder ein Ausrufezeichen? Klar ist: Beide bringt das Remis in der Tabelle nicht weiter. Gefreut hat sich nur die Konkurrenz. Storm weiß das, doch ihn lässt das kalt. Er schmunzelte: „Wir haben einen Punkt geholt, das ist hundert Prozent mehr als in der Vorsaison.“

Gute Laune, die auch durch die Auslosung im DHB-Pokal nicht verhagelt wurde. Im Gegenteil. Die Löwen treffen im Achtelfinale auf die HSG Gensungen-Felsberg, einen Drittligisten. Der Manager: „Da hatten wir schon ein wenig Losglück.“

Von Daniel Hund

 25.10.2010