Veröffentlichung:

„Ein neuer Teamspirit“ (RNZ)

Heidelberg. Göppingen und Handball, das ist eine ganz besondere Verbindung. Dort, wo sich gewissermaßen die Wiege des deutschen Handballs befindet, wo früher die ganz großen Erfolge gefeiert wurden, wird Handball gelebt. Auf und ja, gerade auch abseits der Platte. Und unter den Treuesten der Treuen herrschte am Sonntagnachmittag, unmittelbar nach der 25:30-Derbypleite gegen die Rhein-Neckar Löwen, mal wieder erhöhter Redebedarf. 

Bereits auf dem Weg aus der EWS-Arena begann das verbale Nachspiel für das unerfreuliche Vorspiel. Die Suche nach dem Warum, nach der Ursache für den bitteren Auftakt, beschäftigte viele. Einer, fast komplett in grün gekleidet, sagte: „Mir fällt es schwer es zuzugeben, aber wenn die Kätzchen so weiter spielen, sind die für mich ein klarer Anwärter auf den Vizetitel.“ Sein Kumpel nickte, gequält tat er das: „Mist, genau das habe ich mir auch gerade gedacht. Schlimm wäre das.“

Ein paar Minuten später, ganz hinten links, im kleinen, völlig überfüllten Presseraum, stimmte dann auch Göppingens Trainer mit ein. Aber er sagte es anders, versteckter. Velimir Petkovic: „So früh wie in der zweiten Halbzeit habe ich noch nie in meiner Trainer-Karriere eine Auszeit genommen.“ Warum? Ganz einfach: Weil die Badener nach der Pause den Turbo zündeten, mit Vollgas auf Sieg spielten und Tor um Tor davonzogen. Unaufhaltsam, wie im Rausch.

Bester Schütze war ein alter Bekannter, kein neuer: Uwe Gensheimer. Der Retro-Gensel, der mit der langen Matte und dem Schnauzer. Zehn Mal knallte er den Ball ins Göppinger Tor. Doch der Kapitän ist längst mehr als nur eine Tormaschine. Er ist der Anführer, der Häuptling der Gelben. Und genau diese Rolle lebt er, liebt er. Egal wo. Am Sonntag zum Beispiel auf dem Weg in die Katakomben. Nachdem Gensheimer nach getaner Arbeit viele Hände geschüttelt hatte, riss er die Kabinentür förmlich auf und schrie vor Freude in Richtung seiner Kameraden. Was genau, war kaum rauszuhören. Aber es hörte sich nach: „genau so geht’s Männer“ an. 

Das Echo, das ihm entgegenhallte, war gigantisch. Alle brüllten, jeder feierte. Trainer Gudmundur Gudmundsson hat es genau mitbekommen. Er sagt: „Bei uns herrscht ein neuer Teamspirit, ich spüre das. Alle im Kader brennen.“ Und zu Gensheimer: „Uwe ist nicht nur ein genialer Spieler auf dem Feld, sondern auch ein überragender Leader.“ 

Genug geschwärmt, denn eigentlich sind die Löwen längst zur Tagesordnung übergegangen. Gestern Vormittag wurde schon wieder voll trainiert. Und gesprochen. Über Dinge, die noch nicht so sind, wie sie sein sollen. Gudmi verrät: „Es gibt in allen Bereichen noch Sachen, die wir verbessern können und müssen.“ Gerade die Abstimmungsfehler stehen ganz oben auf Gudmundssons Fehlerliste. Der Isländer: „Da müssen wir uns noch besser absprechen. Wobei solche Probleme sich von alleine beheben, wenn die Mannschaft mal eingespielt ist.“ 

Weiter geht es für Löwen am kommenden Samstag mit dem nächsten Gastspiel: Das Rudel muss bei der MT Melsungen ran. Richtig, dort, wo Ex-Krösti Michael Roth als Trainer sein Fachwissen weitergibt. Gudmundsson warnt: „Es ist wichtig, dass wir auf dem Boden bleiben und den Sieg in Göppingen nicht überbewerten.“

Von Daniel Hund