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„Ende der Leidenszeit“ (MM)

Acht Jahre wartete die spanische Handball-Nationalmannschaft auf einen Titel. Am vergangenen Sonntag setzten sich die Iberer dann die WM-Krone auf. Mittendrin: Löwe Gedeón Guardiola.

Die Überraschung war geglückt, die Freude groß: Als Gedeón Guardiola am Donnerstag wieder ins Training bei den Rhein-Neckar Löwen einstieg, musste der Kreisläufer erst einmal viele Gratulationen und ein Geschenk entgegennehmen. Nach dem WM-Triumph mit der spanischen Handball-Nationalmannschaft überreichten ihm die Kollegen ein Löwen-Trikot mit dem Schriftzug „Weltmeister“. Der 28-Jährige strahlte, noch einmal kamen bei ihm die Erinnerungen an das denkwürdige Finale hoch. Mit 35:19 fegten die Iberer den Europameister Dänemark mit Löwen-Torwart Niklas Landin aus der Halle.

„An einer WM teilzunehmen, ist immer etwas Besonderes. Im eigenen Land dann aber auch noch den Titel zu gewinnen, ist das Allergrößte. Besser geht es nicht, ein Traum ist wahr geworden“, meint Guardiola, der ein herausragendes Turnier spielte und von Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson gar als bester Abwehrakteur der Weltmeisterschaft geadelt wurde. Keine Frage: Die starke Defensive war der Schlüssel für den spanischen Erfolg – und mittendrin in diesem massiven Defensivblock stand Guardiola. Die Statistik belegt seine gute Leistung. Elf „Steals“, zehn Blocks – der Rechtshänder machte den Gegnern das Leben schwer und setzte hin und wieder auch in der Offensive Akzente (12 Tore). Meistens übernahm den offensiven Part am Kreis aber Julen Aguinagalde, der insbesondere die Deutschen im Viertelfinale mit sieben Treffern zur Verzweiflung trieb. „Es ist unmöglich, Julen zu stoppen, wenn er den Ball hat. Er bewegt sich unheimlich gut, ist immer anspielbar und muss auch sehr viel einstecken. Aber das alles macht ihm nichts aus, er gehört zu den besten Kreisläufern der Welt“, weiß Guardiola die Qualitäten des 113-Kilo-Athleten zu schätzen und blickt noch einmal auf den 28:24-Erfolg über die DHB-Auswahl zurück: „Natürlich war es das ein besonderes Spiel für mich, weil ich in der Bundesliga aktiv bin. Deutschland hat ein großartiges Team und sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Irgendwann wird es auch wieder zu einem Titel reichen.“

Der Löwe weiß, wovon er spricht. Sehnsüchtig warteten auch die Spanier auf einen Turniersieg, zuletzt setzten sie sich 2005 die WM-Krone auf. Bei der Europameisterschaft 2012 scheiterten sie im Halbfinale am späteren Sieger Dänemark, im gleichen Jahr verloren sie im Viertelfinale bei den Olympischen Spielen gegen Frankreich, das später Gold gewann. In beiden Duellen unterlagen die Iberer nur mit einem Tor. „Der Stachel der Enttäuschung saß tief. Doch jetzt haben wir ihn her-ausgezogen. Mit dem WM-Titel ist die Leidenszeit endlich vorbei, wir haben bewiesen, dass wir ein großes Team sind und wichtige Spiele gewinnen können“, sagt Guardiola, der den Triumph von Barcelona ausgiebig feierte. Nach einem Abendessen mit den Familien machten die frisch gebackenen Helden die Stadt unsicher. „Es wurde sehr spät“, verrät der 1,99-Meter-Hüne, der Anfang der Woche dann noch in seiner Geburtsstadt Petrer vorbeischaute. Dort wurde der 28-Jährige gefeiert wie ein Popstar. Jeder wollte ein Foto mit ihm, ein Empfang folgte dem nächsten.

„Alle sind so stolz auf mich. Das ist ein schönes Gefühl. Die vielen Stunden Training haben sich endlich ausgezahlt“, sagt Guardiola, der den Fokus jetzt schon wieder voll und ganz auf die Löwen richtet: „Es ist nicht schwer, sich wieder darauf zu konzentrieren. Ich will schließlich jedes Spiel gewinnen.“ Am Dienstag steht gleich der Pokal-Knaller bei der SG Flensburg-Handewitt an. „Ein starker Gegner, der auf allen Positionen sehr gut besetzt ist. Aber wir wollen eine Runde weiterkommen“, meint der Spanier selbstbewusst. Er hat ein großes Ziel: Im April möchte der Kreisläufer ein Trikot mit dem Schriftzug „Pokalsieger“ überstreifen.

Von Marc Stevermüer