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Gudmundsson ist genervt (RNZ)

Mannheim. Glücklich wirkte Gudmundur Gudmundsson nicht, als er am Samstagmittag an sein Handy ging. Er redete leise, war frustriert, total angefressen. Nachvollziehbar? Sicherlich. Der Trainer der Rhein-Neckar Löwen fühlte sich alleine gelassen, verraten, veräppelt von den Machern des Allstar-Games. Die hatten fünf seiner Spieler nach Leipzig abkommandiert. Und das ausgerechnet jetzt, nur drei Tage vor dem Alles-oder-Nichts-Spiel, dem Viertelfinale im DHB-Pokal (Dienstag, 20.15 Uhr) bei der SG Flensburg-Handewitt.

Von Samstagvormittag bis Sonntagnachmittag musste Gudmi auf sieben Spieler verzichten. Sieben, weil mit Torhüter Niklas Landin (Hüfte) und Rückraummann Kim Ekdahl du Rietz (Knie) zudem zwei Asse eine verletzungsbedingte Verschnaufpause benötigten. „Wären sie fit gewesen, hätten sie aber ebenfalls zum Allstar-Game gemusst.“ Grummelte Gudmundsson.

Wie auch immer, an ein geregeltes Training, sprich an den Feinschliff für Flensburg, war nicht zu denken. Gudmundsson nickte, gequält tat er das: „Ohne Spieler zu trainieren, ist schwer.“ Holte tief Luft und legte nach: „Ich weiß wirklich nicht, wer dieses Allstar-Spiel in dieser Phase braucht.“ Der Isländer tat deshalb das einzig Richtige: Er gab dem Rest frei. Gudmi selbst nutzte die Trainingspause. Er schaute Video, eine Sequenz nach der anderen, saugte alles auf, was er über die Nordlichter finden konnte. Sein Fazit: „Gegen diesen Gegner müssen wir wirklich eine absolute Topleistung bringen, andernfalls haben wir keine Chance.“

Gerade in Flensburg ist Schwerstarbeit gefragt. Die Sieben um Trainer Ljubomir Vranjes ist zu Hause bärenstark. Die Campushalle, mittlerweile Flens-Arena genannt, gleicht einer Festung. Selbst der ruhmreiche THW Kiel wurde hier am zweiten Weihnachtsfeiertag regelrecht abgeschlachtet: Flensburg gewann den Nordgipfel mit 35:29 und machte die Löwen zum Herbstmeister.

Die Gelben sind also gewarnt. Und voller Respekt: „Favorit sind wir sicher nicht.“ Sagt Gudmundsson. Gut, stimmt, das sagt er öfters, aber diesmal nimmt man es ihm ab. Zu hundert Prozent. Das hört man an seiner Stimme, merkt es an seinem ganzen Auftreten.

Demnach wäre es wichtig, dass Landin, der Held der Hinrunde, auf der Platte steht. Seine Reflexe könnten den Unterschied machen. Sein Stellungsspiel, seine Siegermentalität. Und wie stehen die Chancen, den Hexer zwischen den Pfosten zu sehen? Gudmi plant mit ihm, Thorsten Storm hofft auf ihn. Der Manager: „Ohne Niklas würde es ja noch schwerer werden. Doch wir brauchen nicht nur ihn, auch Kim ist ganz wichtig für unser Spiel.“

Sicher dabei sein wird ein Weltmeister: Gedeon Guardiola, der spanische Kreis-Torero, der Abwehr-Gigant. Vor der Saison, als er zu den Löwen kam, hatte ihn kaum jemand auf dem Zettel. Keine großen Klubs zumindest. Mittlerweile ist das anders. Auch dank Gudmundsson. „Gedeon hat sich unter unserem Trainer toll entwickelt“, lobt Storm, „wir sind froh, dass er zu uns gekommen ist.“

Apropos Storm, für den ist es mal wieder eine Reise in die Vergangenheit. Er stammt aus der Flensburger Ecke, wo er sich auch beruflich ein Denkmal gesetzt hat: Als Geschäftsführer holte er vier Titel mit der SG. Drei Mal den Pokal (2003, 2004 und 2005) und ein Mal die Meisterschaft (2004). Mit den Löwen würde der Nordmann gerne nachlegen. Und auch deshalb sagt er: „Es wäre schön, wenn wir Flensburg knacken könnten.“

Von Daniel Hund