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„Es geht immer noch ein bisschen besser“

Karlsruhe. Diese Saison wird Uwe Gensheimer wohl so schnell nicht vergessen. Der Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen, der seinen Vertrag vorzeitig bis 2014 verlängert hat, bestritt bei der EM in Österreich sein erstes Turnier mit der A-Nationalmannschaft des Deutschen Handball-Bundes. Zudem spielte der gebürtige Mannheimer eine überragende Runde und ist mit bislang 204 Treffern der Top-Torjäger im Team von Trainer Ola Lindgren. Im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Christof Bindschädel lässt der Publikumsliebling die Runde Revue passieren und wagt einen Ausblick auf die neue Runde.

Was fällt Ihnen spontan zum 14. Januar 2010 ein?

Gensheimer: Ich vermute, dass an diesem Tag das Länderspiel gegen Brasilien in der SAP-Arena war.

Nein, das war am 13. Januar. Am 14. Januar wurden Sie in den endgültigen Kader für die EM in Österreich berufen …

Gensheimer: Es war ein tolles Erlebnis, als mir Bundestrainer Heiner Brand Bescheid gesagt hat, dass ich dabei sein darf. Jeder weiß, dass das mein Ziel war und dass ich mehrere Jahre in der Warteschlange gestanden bin. Jetzt hoffe ich, dass ich künftig zum Stamm gehöre.

Während der EM-Vorbereitung mussten Sie wegen einer Wadenverletzung zunächst passen. Wie haben Sie sich vor dem Test gegen Brasilien gefühlt?

Gensheimer: Druck habe ich eigentlich keinen gespürt. Vielmehr habe ich mich gefreut, dass ich überhaupt noch einmal die Chance bekommen habe. Man konnte nicht erwarten, dass die Verletzung so schnell ausgestanden sein würde. Deshalb war es eine Genugtuung für mich, dass ich so auftrumpfen konnte.

Bei der EM sprang nur Platz zehn heraus. Waren Sie mit Ihrer Leistung zufrieden?

Gensheimer: Es geht immer noch ein bisschen besser. Gerade wenn ich an die ersten Spiele denke, in denen ich lange auf mein erstesTor warten musste. Aber gegen Turnierende habe ich gezeigt, dass ich zurecht mit dabei war.

In der Bundesliga haben Sie die EM-Nominierung mit starker Leistung bestätigt. Beim Heimspiel gegen Balingen-Weilstetten erzielten Sie 17 Treffer und stellten einen Tor-Rekord für die Löwen auf. Spürt man, dass man gerade etwas Außergewöhnliches vollbringt?

Gensheimer: Irgendwann hat der Hallensprecher etwas von 14 Toren gesagt, aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, was das zu bedeuten hat. Denn so etwas hat man ja nicht im Kopf.

Sie spielen den „Alleinunterhalter“ auf Linksaußen. Wie stecken Sie die immense Belastung mit Bundesliga, Champions League, DHB-Pokal und Nationalmannschaft weg?

Gensheimer: Das ist weniger eine körperliche, sondern mehr eine mentale Belastung. Man muss sich alle zwei Tage auf einen neuen Gegner vorbereiten und stets 100 Prozent konzentriert sein. Das hat in dieser Saison auch bei mir nicht immer geklappt.

Was war für Sie persönlich der Höhepunkt dieser Saison?

Gensheimer: Wie in den Vorjahren war das Final Four in Hamburg sicher das Highlight. Es hat für uns wieder nicht gereicht, obwohl wir dieses Mal so nahe dran waren wie noch nie. Das Endspiel gegen den HSV Hamburg war mit das Beste, was wir diese Runde zu bieten hatten.

In der Champions League sind die Löwen im Viertelfinale gegen den THW Kiel ausgeschieden. Wie beurteilen Sie diese beiden Partien?

Gensheimer: Das waren auch zwei sehr intensive und vom Kampf geprägte Spiele. Da hat man auch gesehen, dass wir in der Rückrunde gute Arbeit geleistet haben. Auch wenn wir uns gegen Berlin diesen Ausrutscher geleistet haben.

Man hatte Kiel und den HSV am Rande einer Niederlage. Dennoch wurden gegen schwächere Teams Punkte verschenkt. Wie erklären Sie sich diese Schwankungen?

Gensheimer: Daran sieht man, dass wir als Mannschaft mental noch nicht so weit sind. Wir müssen uns einimpfen, dass wir dem jeweiligen Gegner von Anfang an zeigen, dass wir die bessere Mannschaft sind.

Nach dem schwachen Auftritt gegen Berlin erwartet nun gegen Wetzlar jeder einen deutlichen Sieg. Sie auch?

Gensheimer: Wir haben uns schon beim Auswärtssieg in Düsseldorf ganz anders präsentiert. Als wir aber nach 20 Minuten mit acht Toren vorne waren, hat die Konzentration wieder nachgelassen. Ich weiß nicht, was wir noch alles tun müssen, um auch jedem klar zu machen, worauf es hier ankommt.

Börge Lund, Ivan Cupic, Robert Gunnarsson und Andy Schmid werden das Team verstärken. Wie sehen Sie die Chancen?

Gensheimer: Diese Neuzugänge sind auf ihren Positionen alles Top-Akteure. Ich sehe uns für die Zukunft gut aufgestellt, um den deutschen Top-Teams Paroli bieten zu können.

Sie haben in dieser Woche Ihren Vertrag vorzeitig bis 2014 verlängert. Wann holen Sie mit den Löwen den ersten Titel?

Gensheimer: Auf jeden Fall in diesem Zeitraum.

Von Christof Bindschädel

 05.06.2010