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Es hakt immer wieder (MM)

Aus der Rhein-Neckar Löwen gegen Szeged sinnbildlich für den Saisonverlauf in der Champions League

Erst rund 90 Minuten mit dem Flugzeug von Budapest nach Frankfurt, dann noch einmal so lange mit dem Bus ins Kronauer Trainingszentrum – von den Wartezeiten gar nicht zu reden. Die Rhein-Neckar Löwen hatten gestern auf der Heimreise von ihrem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League bei Pick Szeged ausreichend Zeit, das Aus in der Königsklasse zu verarbeiten. Immerhin: Der Abschied von der europäischen Bühne kam für die Badener nicht ganz überraschend, die 30:34-Hypothek aus dem Hinspiel wog einfach zu schwer. Auch in Partie zwei agierte der Bundesliga-Zweite am Sonntag einfach nicht konstant genug, um die Ungarn ernsthaft in Gefahr zu bringen.

„Das Ausscheiden haben wir im Heimspiel fabriziert, wir waren in beiden Spielen einfach nicht gut genug“, wollte Team-Manager Oliver Roggisch erst gar nichts schönreden. War es in der SAP Arena noch die katastrophale Abwehrleistung, die für eine schmerzhafte Bauchlandung sorgte, war es in Ungarn nun eher der mangelhafte Auftritt im Rückraum und die Chancenverwertung, die einem besseren Abschneiden im Weg stand.

So wurden beispielsweise für Torhüter Niklas Landin nicht weniger als 21 Paraden notiert, in der Offensive verbuchten die Gelbhemden dagegen 18 Fehlwürfe – ein Wert, mit dem auf europäischem Top-Niveau wenig zu gewinnen ist. Auch die zwölf Treffer von Kapitän Uwe Gensheimer konnten da nichts ausrichten, weil dessen Kollegen, die eigentlich für die „einfachen“ Tore aus der zweiten Reihe zuständig wären, zusammen gerade mal auf die Hälfte von Gensheimers Bilanz kamen. „Auf diesem Niveau wird so etwas sofort bestraft“, gab sich Trainer Nikolaj Jacobsen keinen Illusionen hin und schätzte auch die gesamte Europa-Tournee seiner Mannschaft realistisch ein. „Wir haben dieses Jahr in der Champions League nicht die Rolle gespielt, die wir uns vielleicht erhofft hatten“, blickte der Däne auf das ernüchternde Achtelfinal-Aus zurück, das irgendwie sinnbildlich für die komplette Serie in der Königsklasse war. Schon in der Gruppenphase hakte es immer wieder wie beispielsweise bei der Niederlage in Celje, auch Vardar Skopje hätten die Löwen nach eigenem Selbstverständnis gerne hinter sich gelassen. Doch gegen die Mazedonier zog der deutsche Vizemeister gleich zweimal den Kürzeren.

„Wir haben in der Champions League einfach nicht die Dominanz und Konstanz gezeigt, wie wir das in der Bundesliga hinkriegen“, rätselte Nationalspieler Patrick Groetzki über die Gründe, während Team-Manager Roggisch über die mangelnde Breite des Kaders als Erklärung nachdachte. So konnten beispielsweise Mads Mensah Larsen (23) oder Harald Reinkind (22) in ihrer ersten Champions-League-Saison bei den Löwen noch nicht konstant für die entsprechende Entlastung auf den Halb-Positionen sorgen – angesichts ihres Alters wäre das aber gleich im ersten Jahr vielleicht auch etwas zu viel verlangt.

Dass Teams wie Skopje, Veszprem oder nun eben Szeged sich viel gezielter auf die europäischen Vergleiche vorbereiten können als die Löwen, die fast im Drei-Tages-Rhythmus in der anspruchsvollen heimischen Liga im Fernduell mit dem THW Kiel bestehen sollen, spielt dabei sicher auch eine Rolle. „Vielleicht sind wir auf zu viele Mannschaften dieses Kalibers gestoßen“, meinte Spielmacher Andy Schmid – ohne das als Entschuldigung anführen zu wollen. Fakt ist: Nach dem Aus in der Königsklasse müssen sich die Löwen nun zwangsläufig auf die ohnehin größeren Titelchancen in der Bundesliga und beim Final-Four-Turnier um den DHB-Pokal konzentrieren – und haben eine Baustelle weniger. „So kann ich noch nicht denken“, lehnte Mittelmann Schmid diese Sichtweise in der ersten Enttäuschung zunächst einmal ab, Team-Manager Roggisch sprach dagegen von einer „reduzierten Belastung“. „Wir sind jetzt auch nicht am Boden zerstört“, blickte der Ex-Profi grundsätzlich nach vorne und Trainer Jacobsen forderte sein Team ebenfalls auf, den Kopf hochzunehmen. „Viel Zeit der Champions League nachzutrauern, haben wir sowieso nicht“, merkte der Löwen-Trainer an, der gestern schon mit der Vorbereitung des Auswärtsspiels morgen (20.15 Uhr) in Lemgo beschäftigt war.

 Von Thorsten Hof