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Feiern und feiern lassen (RNZ)

Mannheim. Sie hatten es ja angekündigt: „Wir wollen gewinnen und dann feiern“, hatten die Rhein-Neckar Löwen vor dem letzten Saisonspiel in der Handball-Bundesliga angekündigt – und tatsächlich Wort gehalten. Wobei, eigentlich begann die große Sause bereits während des Spiels gegen HBW Balingen-Weilstetten.

Sie zauberten und tricksten, dass den Schwaben vor 9013 Zuschauern in der SAP Arena teilweise Hören und Sehen verging. 35:22 (14:12) hieß es am Ende. Nachdem sich die Mannschaft von Trainer Gudmundur Gudmundsson im ersten Durchgang noch schwer getan hatte, schalteten sie nach dem Seitenwechsel den Turbo zu und ließen den Gästen keine Chance mehr.

Und je mehr sie ihre Dominanz ausspielten, desto besser wurde die Stimmung auf den Rängen bis hoch unter das Hallendach. Ein Vorgriff auf die Ehrungen und Feiern nach dem Schlusspfiff, denn erstmals präsentierten die Löwen ihren Fans den gewonnenen EHF-Pokal, mit dem der gordische Titel-Knoten endlich durchschlagen worden war – und auch das Erreichen der Champions League wollte gebührend gewürdigt werden. „In der ersten Halbzeit haben wir uns schwer getan, in der Kabine haben wir uns dann vorgenommen wegzuziehen – das hat Spaß gemacht heute“, sagte Rechtsaußen Patrick Groetzki.

Und Oliver Roggisch, der mit einem Kontertor, dem ersten in der abgelaufenen Saison, die Halle zum Kochen gebracht hatte: „Man hat in der zweiten Halbzeit gesehen, welches Tempo wir gehen können“, sagte der Abwehrchef. „Wenn ich sehe, wie viel Freude die Jungs haben, wenn ich ein Tor mache, dann habe ich auch Spaß …“

Etwas nüchterner drückte es Gudmundur Gudmundsson aus: „In der zweiten Halbzeit haben wir überragend gespielt und standen hinten gut drin.“ Höchstes Lob gab es allerdings vom Gästetrainer. Nicht nur für das letzte Spiel, sondern für die gesamte Saison, die Dr. Rolf Brack aus der Ferne mitverfolgt hat. „Die Rhein-Neckar Löwen haben mit sehr viel Kreativität gespielt, Kompliment für diese Entwicklung, die Zuschauer sehen es ja auch, das macht Spaß“, sagte der Balinger, „die Löwen haben in der zweiten Halbzeit aufgedreht und sind auf einem sehr guten Weg.“

In der dritten Halbzeit drehten die Löwen dann allerdings noch weiter auf. Die EHF-Cup-Helden feierten und ließen sich nach dem Schlusspfiff feiern, als hätten sie gerade erst das Finale gegen Nantes gewonnen und nicht schon drei Wochen zuvor. „Ein tolles Gefühl, mit den Fans so zu feiern“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer, der nach seiner langen Verletzung erstmals wieder vor dem heimischen Publikum angetreten war.

Schnell wurde vor dem Fan-Block eine Bühne errichtet und die Spieler einzeln hereingebeten. Zuerst liefen nacheinander die Youngster fröhlich winkend quer durch das weite Oval. Dann Andy Schmid, den Löwenkopf von Maskottchen Conny übergestülpt, es folgten die als „Twin-Towers“ angekündigten spanischen Zwillinge Isaias und Gedeo Guardiola, die Humor bewiesen und einen pantomimischen Stierkampf vorführten. Dann rollte Oliver Roggisch bäuchlings auf einem Skateboard durch die Arena. Bjarte Myrhol lief als Kreisläufer Kreise, Patrick Groetzki animierte das Publikum zu einer La Ola, und Torhüter Goran Stojanovic hielt – sich zurück.

Von der Seite aus verfolgte der verletzte Zarko Sesum, der mit donnerndem Applaus begrüßt worden war, mit fixiertem Bein das Geschehen, und Rückraum-Ass Alexander Petersson, der letzte Woche an der Wurfschulter operiert worden war, ließ sich sehr gut von seinen Kindern vertreten. Manager Thorsten Storm erinnerte dann in seiner Rede noch einmal daran, was gerade gefeiert wurde: „Hinter uns liegt die beste Löwenrunde überhaupt!“ Das Problem nun: Wie wollen sie ihre Feierlichkeiten noch steigern, falls es in der nächsten Saison gelingt, die Champions League zu gewinnen?

Von Hasso Waldschmidt