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Folgt dem Frust nun der Trotz? (MM)
Rhein-Neckar Löwen konzentrieren sich nach verpasstem Pokalsieg auf das Bundesliga-Topspiel gegen Kiel
HAMBURG. Thorsten Storm war sich sicher: „Der THW Kiel hat uns die Daumen gedrückt.“ Wahrscheinlich hat der Manager damit sogar recht gehabt. Denn wären die Rhein-Neckar Löwen am Samstag gegen die SG Flensburg-Handewitt in das Pokalfinale eingezogen, hätten die Badener auch gestern ran gemusst und automatisch ein weiteres anstrengendes Spiel in den Beinen gehabt. Und das alles vor dem mit Spannung erwarteten Bundesliga-Kracher gegen den THW am Mittwoch (20.15 Uhr/live bei Sport1). Doch die Löwen verloren 26:30 – und richten kurz nach dem Schlusspfiff schon den Blick nach vorn. Kiel. Kiel. Kiel. Fast alles drehte sich nur noch um den Bundesliga-Gipfel. Das Spiel des Jahres, der Tanz um den Titel – er war in aller Munde.
Chance verschenkt
Allerdings haben die Löwen auch noch einiges aufzuarbeiten. Denn was am Samstag in Hamburg passierte, überraschte dann doch. Die Badener knüpften zu keiner Zeit an die zuletzt gezeigten Leistungen an, leichtfertig wurden eine große Titeloption und eine historische Chance hergeschenkt. Denn ein Final Four ohne die nationalen Schergewichte THW Kiel und HSV Hamburg wird es wohl so schnell nicht mehr geben.
„Es haben Dinge nicht geklappt, die sonst im Schlaf funktionieren, leider haben wir eines unserer schwächsten Saisonspiele gezeigt“, ärgerte sich Manager Thorsten Storm: „Man kann ja mal einen schlechten Tag haben – aber dass uns das ausgerechnet beim Final Four passiert, ist schade.“
Im Tor, in der Abwehr, im Angriff – die Löwen hatten praktisch überall Probleme, die Niederlage gegen die in allen Bereichen überlegene SG war entsprechend verdient. „Bei einer Pokalendrunde muss man auf den Punkt seine Leistung bringen. Das ist uns nicht gelungen, deswegen sind wir ausgeschieden“, wollte auch Patrick Groetzki nichts beschönigen und ergänzte: „Jetzt müssen wir den Frust abschütteln.“
Das gelang den Löwen in Hamburg erstaunlich schnell. Sie wissen: Gegen den THW bietet sich die nächste Chance, in dieser Saison Geschichte zu schreiben „Das einzig Positive an der Niederlage gegen Flensburg ist, dass wir einen Tag Vorbereitungszeit für Mittwoch gewonnen haben“, sagte Storm und fügte noch schnell hinzu, dass er sich aber ein weiteres Spiel seiner Mannschaft in der Hansestadt gewünscht habe. Doch daraus wurde nichts, weshalb der Manager zügig einen Haken an den DHB-Pokal machte: „Jetzt werden wir versuchen, Kiel zu schlagen. Dass wir besser spielen können, haben wir in dieser Saison schon bewiesen.“ Das stimmt. Und bislang zeigten die Löwen nie zwei schwache Vorstellungen hintereinander.
Folgt nach dem ernüchternden Auftritt an der Elbe nun also die Trotzreaktion? „Schwer zu sagen“, meinte Trainer Gudmundur Gudmundsson, der die Auswirkungen des erneuten Scheiterns noch nicht absehen kann: „Ehrlich gesagt. So weit bin ich noch nicht.“ Klar ist aber, dass er auf eine entsprechende Antwort seiner Mannschaft hofft. Sie ist dazu auf jeden Fall in der Lage. „Wir haben in Kielce verloren und eine Woche später im Rückspiel eine Reaktion gezeigt“, verweist der Trainer auf den Coup gegen die Polen, als der EHF-Pokalsieger in der Defensive den Grundstein für den Einzug ins Viertelfinale der Champions League legte: „Da haben wir eine überragende Abwehr gespielt. Gegen Flensburg hat mir das nicht gefallen. Aber wir wissen, dass wir es besser können.“
„Unbedingt besser spielen“
Schon gestern Morgen reisten die Löwen aus Hamburg ab, das Halbfinal-Aus wurde umgehend und umfassend analysiert. „Es ist nicht schwer, Flensburg aus dem Kopf zu bekommen. Wir sind jetzt heiß auf Kiel. Aber wir müssen unbedingt besser spielen“, machte Stefan Sigurmannsson deutlich, dass ein Auftritt wie gegen Flensburg am Mittwoch erst recht nicht reichen wird, um zu gewinnen.
„In uns steckt viel mehr Potenzial, als wir es gezeigt haben“, wird Gudmundsson alles daran setzen, im vorentscheidenden Spiel um die Meisterschaft alles aus seiner Mannschaft herauszukitzeln. „Der Mittwoch ist für uns ganz wichtig“, unterstreicht Groetzki die Bedeutung des Gipfeltreffens: „Uns ist bewusst, was in diesem Spiel für uns möglich ist.“ Nämlich die Tabellenführung – und das kurz vor dem Saisonende.
Allerdings wäre es einfacher gewesen, mit einem „Positiverlebnis“ in das Duell mit dem THW zu gehen, wie Groetzki zugibt, wenngleich das Verpassen des Pokalsieges die Löwen „nicht umwerfen“ werde. „Wir sind stabil“, ist sich der Rechtsaußen sicher. Mit einem Triumph in der Tasche hätte es sich jedoch leichter gegen Kiel gespielt, übermorgen droht nun der zweite Titeltraum binnen weniger Tage zu platzen. „Dieser Druck ist doch schön“, sagt Groetzki in aller Seelenruhe, „das ist positiver Druck. Und diese Ausgangssituation haben wir uns hart erarbeitet.“
Von Marc Stevermüer