Veröffentlichung:

Folgt dem Tiefschlag der Befreiungsschlag? (RNZ)

Die Rhein-Neckar Löwen empfangen morgen im Topspiel der Handball-Bundesliga den THW Kiel in der Mannheimer SAP Arena.

Heidelberg. Mit großen Enttäuschungen umzugehen, ist nicht einfach. Jeder verarbeitet Rückschläge anders. Manche schneller, andere grübeln ewig, sind verzweifelt auf der Suche nach dem Warum. Doch eines hilft eigentlich immer: Ablenkung. Das gilt auch für die Handballer der Rhein-Neckar Löwen. Derzeit sowieso: Das gelbe Trauerspiel beim Final Four in Hamburg schmerzt nach wie vor, aber glücklicherweise wartet schon das nächste Highlight: Morgen ab 20.15 Uhr soll dem Tiefschlag an der Elbe der Befreiungsschlag zwischen Rhein und Neckar folgen. Und das ausgerechnet gegen Kiel, ausgerechnet gegen den Titelhamster von der Ostsee.

Allerdings ist Kiel nicht mehr Kiel. Seit der Verjüngungskur offenbart auch der Serienmeister menschliche Züge. Die Perfektion ist weg, die Ehrfurcht der Ligakonkurrenz auch. Klar ist: Finden die Löwen zu ihrer Form von vor dem Final Four zurück, können die THW-Riesen in die Knie gezwungen werden. Die Vorzeichen stehen jedenfalls gut: „Alle freuen sich auf diese Möglichkeit, auch weil man sie sich selbst erarbeitet hat.“ Sagt Manager Thorsten Storm.

Freuen ist das eine, der Glaube an die eigene Stärke das andere. Denn sonderlich selbstbewusst sahen die Löwen nach dem Pokal-K.o. in der Hansestadt nicht aus. Mit hängenden Schultern und leerem Blick schlenderten sie in Richtung Bus. Bis auf Patrick Groetzki blieben alle unter ihren Möglichkeiten. Das einzig Gute daran: Eigentlich kann es nur besser werden.

Zudem liegt der Druck eher beim THW. Die Nordlichter sind der Favorit, die Löwen der Herausforderer aus dem Süden, dem kaum ein Experte solch eine starke Saison zugetraut hatte. Storm weiß das, beurteilt die Situation aber trotzdem anders. Nämlich so: „Der Druck ist für beide gleich groß. Es geht einfach um sehr viel. Unsere Fans in der ausverkauften SAP Arena können letztlich den Unterschied machen.“

Die Ausgangslage ist jedenfalls klar: Gewinnt Kiel (49:7-Punkte) gegen die Löwen (47:9), wäre dem THW der Titel wohl nicht mehr zu nehmen. Siegen die Löwen würden sie den FC Bayern des Handballs – dank des besseren Torverhältnisses – vom Platz an der Sonne verdrängen. „Ich hoffe, dass uns das gelingt“, sagt Storm: „Dann würde es in der Liga bis zum Saisonende spannend bleiben und vier Teams kämpfen um den Titel. Das hätte es im Handball so noch nicht gegeben.“

Mithelfen kann diesmal der komplette Löwen-Kader: Alle haben den Abstecher nach Hamburg gut überstanden. Gudmundsson freut das, euphorisch wird er deshalb aber noch lange nicht. Er sagt: „Kiel ist der klare Favorit.“ Aber auch: „Wir werden alles geben, um die Überraschung zu schaffen.“

Vieles wird deshalb auch wieder auf Niklas Landin ankommen. Den aktuell vielleicht weltbesten Torhüter, der das zuletzt allerdings nicht immer zeigen konnte. Besonders auffällig: Gerade in den ganz wichtigen Partien, wenn es darum geht, die Big Points einzusammeln, schwächelt der Däne. Zum Beispiel in Kielce. Oder jetzt gegen Flensburg. Woran liegt das? Zu nervös? Gudmundsson erklärt: „Niklas ist ein überragender Torwart, der sich jedoch in einigen Bereichen noch verbessern kann, insbesondere auch in Sachen Konstanz.“

Wobei das ohnehin Meckern auf hohem Niveau ist. Gudmundsson nickt: „Wir haben in den letzten fünf Monaten nur zwei Spiele verloren. In Kielce und gegen Flensburg.“ Mit Kiel verbindet man bessere Erinnerungen: Dort gelang im Dezember der historische Pokal-Coup.

Wie es gegen den Rekordmeister geht, wissen sie also, die Löwen.

Von Daniel Hund