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Frischer Wind im Offensivspiel

Es ist noch nicht allzu lange her, dass Börge Lund in einem Pflichtspiel auf dem Parkett der Mannheimer SAP-Arena stand. Der Norweger gastierte Ende April im Viertelfinale der Champions League mit dem THW Kiel bei den Rhein-Neckar Löwen und verließ nach 60 Minuten als strahlender Sieger die Halle. Nur einen Monat später bestieg der 31-Jährige in Köln mit den Kielern den europäischen Handball-Thron. Der Triumph in der Königsklasse war der einzige Titel, der Lund in seiner Sammlung noch gefehlt hatte. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass der Spielmacher, der zudem vorzügliche Abwehrqualitäten besitzt, seine Zelte im Norden abbrechen und sich einer neuen Herausforderung im Badischen stellen wird – künftig soll der extravagante Profi mit den vielen Tattoos die Löwen zu Siegen in der SAP-Arena sowie endlich zum ersten Titel der Clubgeschichte führen.

Neben Lund, der bei den ambitionierten Badenern einen Drei-Jahres-Vertrag unterzeichnet hat, verstärken noch drei weitere Akteure die Mannschaft von Trainer Ola Lindgren. Vom VfL Gummersbach wechselt der bullige Kreisläufer Robert Gunnarsson für die kommenden beiden Spielzeiten zu den Löwen, auf Rechtsaußen wird künftig der kroatische Ausnahmekönner Ivan Cupic zum Zug kommen. Zusammen mit Lund soll Andy Schmid auf der Spielmacherposition die Fäden ziehen. „Wir haben uns gut verstärkt“, meint Lindgren: „Es ist uns während der Vorbereitung ganz gut gelungen, die neuen Spieler in unser Konzept einzubinden.“

Im Sommer 2006 hatte der schwedische Übungsleiter Lund als damaliger Coach der HSG Nordhorn in die Bundesliga geholt und dort eine Saison sehr erfolgreich mit dem Norweger zusammenarbeitet – bei den Löwen wollen nun beide an diese Zeit anknüpfen. „Ich fühle mich hier schon wie zuhause“, verkündete Lund nach seinem ersten Auftritt in Mannheim im Trikot seines neuen Arbeitgebers. Zwar verloren die Löwen das Duell gegen eine Weltauswahl, doch der 31-Jährige deutete gleich mehrfach an, dass er die erhoffte Verstärkung sein kann. „Ich bin froh, dass ich wieder eine Mannschaft gefunden habe, die das Potenzial hat, um Titel mitzuspielen“, so der Nationalspieler. „Börge ist sehr erfahren und macht kaum Fehler, er kann eine Mannschaft führen. Zudem ist er sehr abwehrstark“, sagt Lindgren über seinen neuen Führungsspieler, dessen Titelhunger längst nicht gestillt ist.

Auch auf seinen zweiten neuen Mittelmann hält Lindgren große Stücke. „Andy ist jung, dynamisch und sehr torgefährlich“, betont der Löwen-Coach, fügt aber an: „Er muss noch lernen, eine Mannschaft zu führen.“ Von den Stärken des Modellathleten aus der Alpenrepublik, der nach eigener Aussage nun bei seinem Wunschverein spielt, werden bald viele überrascht sein, verspricht Lindgren weiter. „Ich wollte schon immer in der Bundesliga spielen, denn ich will mich in der besten Liga mit den besten Spielern messen“, erklärt Schmid, der vom dänischen Titelträger SV Bjerringbro-Silkeborg für vier Jahre zu den Badenern gewechselt ist.

Allerdings schleppt der 1,90 Meter große und 86 Kilogramm schwere Eidgenosse auch eine große Bürde mit sich herum – er gilt in seiner Heimat als größtes Talent seit Marc Baumgartner, der unter anderem mit dem TBV Lemgo zweimal deutscher Meister wurde und nach wie vor Rekordtorschütze im Schweizer Nationaltrikot ist. Doch Schmid ist einer, der Herausforderungen sucht und annimmt und sich nun bei den Löwen beweisen will. Deshalb sei sein Wechsel 2009 von Amicitia Zürich nach Dänemark auch genau die richtige Wahl gewesen. „Ich wollte mich dort durchsetzen“, sagt Schmid. Gelungen ist dem 26-Jährigen dies allemal, wurde der Spielmacher doch zum besten Spieler der vergangenen Saison gewählt. Nun will er seine Qualitäten in der Bundesliga bestätigen.

Wie Lund müssen auch die beiden anderen Neuzugänge, Robert Gunnarsson und Ivan Cupic, in Handball-Deutschland niemanden mehr von ihrem Können überzeugen. Kreisläufer Gunnarsson hat sechs Jahre für den VfL Gummersbach gespielt und kennt die Liga bestens, Rechtsaußen Cupic hat sich mit RK Velenje ebenfalls schon in der Champions League seine Sporen verdient. „Robert ist ein guter Kreisläufer, Ivan ein echter Wirbelwind – auch wenn er auf den ersten Blick nicht nach viel aussieht“, erklärt Lindgren und hofft, dass der Löwen-Angriff durch beide weiter an Qualität gewinnt. In den Testspielen hat vor allem Cupic, dem im Sommer 2008 der Ringfinger an der linken Wurfhand amputiert werden musste, mit vielen Toren seine Vollstreckerqualitäten mehrfach demonstriert. „Ich freue mich auf meinen neuen Job, ich freue mich auf die Bundesliga“, sagt der 24-jährige Kroate mit glänzenden Augen.

Gunnarsson, der zusammen mit Olafur Stefansson und Gudjon Valur Sigurdsson bei der EM im Januar für Island die Bronzemedaille gewann, fügt an: „Ich freue mich sehr, dass sich mit den Löwen ein Club mit einer großen Zukunft für mich entschieden hat. Ich werde alles dafür tun, um das mir entgegengebrachte Vertrauen auch zu rechtfertigen.“ Ab Samstag haben die vier Neuen endlich die Möglichkeit, in der Liga ihren Worten Taten folgen zu lassen.

Von Christof Bindschädel

 24.08.2010