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Gelichtetes Lazarett und Last-Minute-Transfer
Vor dem Derby am Donnerstag ist der Löwen-Kader wieder fast komplett und der des Gegners kurzfristig verändert
„Wir hatten eine richtig gute Trainingswoche“, sagt Jannik Kohlbacher nach der Abschlusseinheit am Mittwochvormittag. Am Donnerstag um 19.05 Uhr treffen die Rhein-Neckar Löwen in der SAP Arena in Mannheim auf HBW Balingen-Weilstetten. Die Voraussetzungen, sich am 9. Spieltag der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga den vierten Saisonsieg zu krallen, könnten schlechter sein. Zumal sich auch die Personallage deutlich entspannt hat. Tickets für das badisch-schwäbische Derby gibt es am Donnerstag ab 17.30 Uhr an der Abendkasse.
Nicht nur sei die Stimmung innerhalb der Mannschaft nach dem Sieg in Wetzlar „super“ gewesen, sagt Jannik Kohlbacher. Auch die Tatsache, dass man ziemlich komplett im Training war, habe die Qualität noch einmal gesteigert, so der Löwen-Kreisläufer, für den Duelle wie das vergangenen Sonntag mit der HSG Wetzlar immer etwas Besonderes sind. Von 2015 bis 2018 spielte Kohli bei den Mittelhessen, reifte unter dem damaligen Coach Kai Wandschneider in kürzester Zeit zum Nationalspieler – und sprang gerade noch rechtzeitig auf den EM-Zug 2016, der völlig überraschend erst bei der Goldmedaille haltmachte.
Gelichtetes Lazarett und Last-Minute-Transfer: Alle Erkrankten wieder an Bord
Gegen die Ex-Kollegen aus Wetzlar zeigte der 26-Jährige einmal mehr, in welch überragender Form er sich aktuell befindet. Vorne versenkte er vier von sechs Versuchen, steuerte zudem einen Assist bei. Hinten hielt er HSG-Shooter Stefan Cavor bei fünf Treffern, gewann unzählige Zweikämpfe, landete jeweils einen Steal und einen Block. Dass ihn Bundestrainer Alfred Gislason zusammen mit Löwen-Kollege Juri Knorr in den aktuellen DHB-Kader berufen hat, ist nur konsequent. Jannik Kohlbacher macht aktuell sein Ding, lässt sich durch nichts davon abbringen. Auch nicht durch schwache fünf Minuten wie am Sonntag in Wetzlar.
„Ehrlich gesagt mache ich mir da überhaupt keinen Kopf drüber. Im Endeffekt weiß ja jeder, woran es gelegen hat. Ich denke lieber an die 55 Minuten davor, die echt super waren. Daran wollen wir jetzt gegen Balingen anknüpfen“, sagt Kohli zur turbulenten Schlussphase in Wetzlar, in der die Löwen um ein Haar eine Fünf-Tore-Führung und ein insgesamt ziemlich souverän geführtes Spiel weggeworfen hätten. So aber retteten sie ein Tor dieser Führung ins Ziel, feierten einen 30:29-Erfolg und nahmen diesen Glücksmoment mit in die „Arbeitswoche“ im Kronauer Sportzentrum.
Beste Nachricht: Mittlerweile haben sich alle Löwen-Spieler aus dem Corona-Lazarett zurückgemeldet und damit für die Normalisierung des Trainingsbetriebs gesorgt. Gegen Balingen werden der langzeitverletzte Mikael Appelgren und der an der Achillessehne verletzte Uwe Gensheimer fehlen – der Rest wird wieder mit an Bord sein können. Gegen einen physisch starken und clever agierenden Gegner wie HBW Balingen-Weilstetten ist das kein unerheblicher Faktor, wie auch Jannik Kohlbacher weiß: „Mal abgesehen davon, dass es sowieso keine leichten Spiele mehr gibt in dieser Liga. Mannschaften, die mit dem Rücken zur Wand stehen, sind meistens noch gefährlicher als ohnehin schon.“
Gelichtetes Lazarett und Last-Minute-Transfer: Kalarash von Balingen nach Melsungen
Mit 4:12 Punkten und einem Torverhältnis von minus 34 stehen die Gallier von der Alb aktuell auf einem Abstiegsplatz. Auswärts ging in dieser Saison noch gar nichts, steht nach vier Gastauftritten die Null. 24:33 in Kiel, 27:33 in Lübbecke, 28:38 in Lemgo und jüngst ein 27:28 im Schwaben-Derby in Stuttgart: Diese Bilanz kann einem ehrgeizigen Coach wie Jens Bürkle nicht gefallen. Und so war laut HBW-Website in dieser Woche bei den Balingern Aufarbeitung angesagt. „An den fehlenden Dingen hat der Sportwissenschaftler mit seiner Mannschaft konsequent gearbeitet. Obwohl jeder weiß, dass am Donnerstagabend alles andere als eine Niederlage eine ziemliche Überraschung wäre, wird Bürkle mit seiner Mannschaft mit viel Zuversicht Richtung Mannheim fahren“, steht im Vorbericht der Schwaben zu lesen.
Personell hat sich im Ländle auch noch etwas getan. Weil Kreisläufer Kristian Bećiri seine Verletzung schneller auskurieren konnte als erwartet, haben die Balinger den kurzfristig verpflichteten Gleb Kalarash weitertransferiert nach Melsungen, wo sie dringend einen Ersatz finden mussten für den verletzten Abwehrchef Finn Lemke. Balingen kommt gerne über seine wuchtigen Kreisspieler, mindestens genauso gerne aber auch über den stark besetzten Rückraum. Ex-Löwe Vladan Lipovina, Jona Schoch, Lukas Saueressig: Dieses Trio kann an einem guten Tag jeder gegnerischen Abwehr großen Schaden zufügen. Dazu haben die Schwaben mit James Scott Junior einen veritablen X-Faktor in ihren Reihen und mit Spielmacher Björn Zintel einen ganz abgezockten Mittelmann.
Es ist also angerichtet für ein Klasse-Derby in der SAP Arena. Findet auch Jannik Kohlbacher. An die letzte Begegnung mit Balingen erinnert er sich noch sehr gut: Am 2. Juni verloren die Löwen 30:32 auf der Alb. „Alleine schon deswegen sollte jeder bei uns gewarnt und hochkonzentriert sein“, so die Ansage des Europameisters von 2016.