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Gelingt Löwen der Angriff auf die Spitze?

Heidelberg. Seit die Handballer der SG Kronau/Östringen vor vier Jahren zurück in die Handball-Bundesliga stürmten, haben sie sich nach oben gearbeitet und in der Spitzengruppe etabliert – und nennen sich inzwischen Rhein-Neckar Löwen. Im Vorjahr reichte es mit 52:16 Punkten zu Rang vier, in der abgelaufenen Runde mit zwei Zählern weniger zum dritten Platz, womit sich die Mannschaft des neuen Trainergespanns Ola Lindgren/Kent-Harry Andersson direkt für die Champions League qualifiziert hat. Am Samstag (19 Uhr) beginnt für das Rudel nun die fünfte Erstliga_Saison mit einem Heimspiel in der SAP Arena gegen den Aufsteiger TuS N-Lübbecke und die Erwartungen sind hoch, denn die Löwen wollen in den Kampf um den Titel eingreifen und vor allem die Kieler Zebras jagen. Dazu haben sie weiter aufgerüstet, neue Stars und neue Trainer verpflichtet.

Doch ob das alles reichen wird, ist unklar, denn auch die Konkurrenz hat nicht geschlafen. Vor allem die Verpflichtung des Franzosen Daniel Narcisse hat die Erwartungen an Meister Kiel beflügelt. „Wir haben zwar mit Stefan Lövgren, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik namhafte Abgänge, aber wir werden den gleichen Standard haben wie im letzten Jahr“, sagt THW-Trainer Alfred Gislason. Und so sieht es auch die Mehrzahl der Trainer: Am Ende wird wieder Kiel die Nase vorne haben. 17 der 18 Bundesliga-Coaches nennen den Meister und Pokalsieger als Nummer eins, der Vorjahreszweite HSV Hamburg wurde von zehn Trainern genannt, dahinter folgen die Löwen mit sechs Nennungen. Bundestrainer Heiner Brand sieht das etwas anders: „Ich erwarte einen Zweikampf zwischen dem THW Kiel und dem HSV Hamburg, wobei wir abwarten müssen, inwieweit die Rhein-Neckar Löwen der TBV Lemgo oder die SG Flensburg-Handewitt eingreifen können.“ Gegen die Löwen spricht, dass mit fünf Neuzugängen – wieder einmal – eine neue Mannschaft zueinander finden muss, Regisseur Grzegorz Tkaczyk mit verletztem Knie für die gesamte Vorrunde ausfällt, und Torjäger Mariusz Jurasik zurück nach Polen wechselte.

„Das kompensieren wir mit viel Kampf und einem schnellen Gegenstoß“, hofft Ola Lindgren, dass der Saisoneinstieg gelingen möge und nicht wie vor Jahresfrist die Kieler schnell uneinholbar davonziehen, weil die Löwen sich das Leben selbst schwer machten. Damals fiel dem Fehlstart Trainer Iouri Chevtsov zum Opfer.

„Viel mehr Spannung“ verspricht sich Liga-Geschäftsführer Frank Bohmann, der nach den vielen Negativschlagzeilen der vergangenen Saison wieder auf ruhigere Zeiten hofft. Denn in der abgelaufenen Runde drehte sich alles um Manipulationsskandale und Zahlrungsunfähigkeiten. Dazu war das Meisterschaftsrennen ebenso vorzeitig entschieden, wie durch Insolvenzen die Abstiegsfrage.

Doch mit weißer Weste startet die Handball-Bundesliga nicht in die Saison 2019/2010, denn der „Fall Kiel“ mit dem Manipulationsverdacht beim Champions League-Finale im Jahr 2007 gegen Flensburg-Handewitt ist noch offen – die Staatsanwaltschaft ermittelt noch. Und die ersten Zeichen von finanziellen Problemen sind in diesem Jahr bereits vor dem ersten Anwurf sichtbar geworden. So wollen die Flensburger ebenso wie die Gummersbacher die Gehälter der Spieler kürzen.

HBL-Chef Frank Bohmann: „Es ist schon so, dass wir eine Reihe überschuldeter Klubs in der ersten und zweiten Liga haben. Daraus könnte sich langfristig auch immer eine Insolvenz entwickeln. Bei einer Reihe von Vereinen muss ein bisschen Risiko rausgenommen werden.“ Die HBL wird es also schwer haben, trotz vieler neuer Stars den Ruf der vermeintlich stärksten Liga der Welt wieder aufzupolieren.

Von Hasso Waldschmitt

 02.09.2009