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„Geschichte geschrieben“ – Löwen nach Pokaltriumph mit dem ersehnten ersten Titel (handball-world.com)

Es war ein rauschendes, aber kurzes Fest, das die Rhein-Neckar Löwen auf dem Parkett des Palais des Sports de Beaulieu in Nantes und vermutlich auch in der Nacht auf Montag feierten. Dem ersten Titeltriumph ihrer Vereinsgeschichte ging ein 26:24 (16:12)-Sieg gegen den Final Four-Gastgeber HBC Nantes voraus. Dabei unterstützten die Zuschauer auf den Rängen, wenig verwunderlich, vor allem die Heim-Mannschaft lautstark, die mitgereisten Fans der Löwen kamen erst nach Abpfiff richtig zu Wort, als die Spieler mit dem Pokal zur Fankurve rannten. Der Pokalsieg ist etwas Besonderes für die Badener nach einer langen Durststrecke, doch noch sind nicht alle Saisonziele erreicht.

„Wir haben Geschichte geschrieben“, ordnete Kapitän Uwe Gensheimer den historischen Wert des Finalsiegs für die Rhein-Neckar Löwen ein. Am Pfingstwochenende war es das fünfte Endspiel, für das sich die Badener seit dem Wiederaufstieg 2005 qualifiziert hatten. Die vier bisherigen Finals gingen sämtlich verloren, davon dreimal die Chance, den DHB-Pokal zu gewinnen (2006, 2007, 2010). 2008 stand die Mannschaft im Finale des Europapokals der Pokalsieger unter unterlag dem ungarischen Team MKB Veszprem nach einem Unentschieden im Hinspiel mit 32:37. Aufgrund des neuen Modus im EHF-Pokal mussten die Löwen diesmal im Finale gar ohne Heimspiel auskommen. 

Gudmundur Gudmundsson sprach dann auch von „erschwerten Umständen“, eine Hypothek wollte er dennoch für sein Team nicht sehen: „Das Publikum war fantastisch heute“, stellte er das fest, was auch seine Spieler im Spiel befeuert hatte. Die Rhein-Neckar Löwen konnten die tolle Atmosphäre während der sechzig Minuten vollauf genießen, auch wenn die Zuschauer nicht immer fair agierten. So wurde beispielsweise Uwe Gensheimer beim Strafwurf mehrmals ausgepfiffen. Allerdings hatten sich die Löwen offenbar damit auseinandergesetzt, dass sie das Finale als Auswärtsspiel zu bestreiten hatten. „Wir sind in dieser Atmosphäre ruhig geblieben“, konstatierte Gudmundsson. 

„Wir haben unseren Job erledigt in Angriff und Abwehr“, kommentierte Gudmundsson und legte nach: „Ich bin stolz auf uns und die Mannschaft. Wir haben so hart gearbeitet um hierherzukommen. Dass wir das Finale gewonnen haben, ist ein großer Moment für uns und unseren Club.“ Dass es soweit kommen konnte, leitet der Kommandogeber vor allem aus der Leistung im Halbfinale gegen Frisch Auf Göppingen ab: „Wir haben gestern fantastisch gespielt, so gut wie lange nicht. Das war wichtig für uns, und das haben wir heute wieder abrufen können. Wir sind außerdem sehr glücklich, dass wir Uwe als Spieler und Kapitän zurückhaben“, blickte Gudmundsson zu Gensheimer. 

„Wir sind jetzt einfach nur erleichtert“, konnte indes Abwehr-Regisseur Oliver Roggisch den Stolz auf das Erreichte kurz nach Abpfiff noch nicht herauskehren. Er beschrieb die hohen Erwartungen im Umfeld und den Anspruch auf den Titel, die auch eine Last waren. „Viele haben von uns den Titel erwartet, wir selber sicher am meisten. Wir wollten das für jeden Einzelnen, der mitarbeitet und an der Sache dabei ist“, so der Routinier, der seit dem WM-Jahr 2007 im Trikot der Löwen spielt und nun schon nach 2005 (Essen) und2007 (Magdeburg) zum dritten Mal den EHF-Pokal gewann. Uwe Gensheimer ist noch wesentlich länger dabei: „Ich spiele seit zehn Jahren für die Rhein-Neckar Löwen und wir haben jetzt den ersten Titel erreicht. Als Kapitän bin ich sehr stolz, heute ein Teil dieser Mannschaft zu sein, vor allem dass ich nach meiner Verletzung hier dabei sein darf.“ 

Helfen soll er den Löwen, der erste Titelgewinn. Roggisch: „Der Titel ist für den Verein immens wichtig. Ob es nun um Sponsorengewinnung oder Verträge geht, der Titel hilft uns einfach weiter.“ Aber auch die Mannschaft soll der Triumph weiter vorantreiben: „Jetzt müssen wir weiter arbeiten, die Mannschaft ist intakt. Jetzt kommt Uwe Gensheimer zurück, spielt überragend, das hat glaube ich keiner erwartet“, lobte Roggisch seinen Kapitän. Auch Zarko Sesum, der 2008 als Spieler von Veszprem noch den ersten Titeltriumph der Löwen verhindert hatte und sich im Halbfinale schwer verletzte, fällt laut Roggisch eine tragende Rolle beim Titelgewinn zu: „Er hat uns auf den Weg gebracht hat. Jetzt hat er sich schwer verletzt, aber er hat den Titel und ich hoffe, er feiert mit uns ein wenig.“ 

Lange Zeit zum Jubeln bleibt Mannschaft und Verantwortlichen nicht: „Eine perfekte Saison wäre es, wenn wir Vizemeister werden“, gießt Oliver Roggisch das Ziel in Worte, das alle haben in diesem Team, das, von außen betrachtet, in dieser Saison erstmals geschlossen auftritt. Gudmundsson trat dabei gleich die Euphoriebremse: „Die Ausgangsvoraussetzungen zur CL-Qualifikation sind für uns nach der Verletzung von Zarko Sesum noch schwerer geworden.“ Denn der Weg sei schwer: „Wir müssen beide Spiele gewinnen, um das sicher zu schaffen. Es war ein langer Weg hin zu diesem Titel heute und es liegt noch einmal ein hartes Stück Arbeit vor uns. Doch wir wollen dahin, das ist gar keine Frage.“