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Große Gefühle eines Kämpfers

Mannheim. 9993 Fans skandierten seinen Namen: Karol Bielecki war der gefeierte Mann in der Mannheimer SAP Arena. Mit elf Toren führte der Rückraumspieler die Rhein-Neckar Löwen zu einem 28:26 (14:10)-Sieg in der Handball-Bundesliga über Frisch Auf Göppingen und feierte keine drei Monate nach der Erblindung seines linken Auges ein phänomenales Pflichtspiel-Comeback. Der Pole weinte vor Glück – er konnte seine starke Vorstellung wohl selbst kaum glauben und verschwand schnell in der Kabine. Das Reden übernahmen seine Kollegen. „Er hat eine überragende Leistung gezeigt. Das war der Wahnsinn. Wir haben aber auch nie an ihm gezweifelt“, sagte Rechtsaußen Patrick Groetzki. Manager Thorsten Storm meinte: „Was Karol gezeigt hat, bewegt mich ungemein. Er hat sein Schicksal in die Hände genommen.“

Die Löwen erwischten einen guten Start in die Partie und waren von Beginn an hellwach. Im Mittelblock machten Børge Lund und Bjarte Myrhol einen richtig guten Job, Torwart Slawomir Szmal unterstrich einmal mehr seine Extra-Klasse. Der Pole war kaum zu bezwingen und gab seiner Mannschaft Sicherheit – und in der Offensive sorgte Bielecki für die Tore.

Der Halblinke kam von Beginn an zum Einsatz, markierte unter dem großen Jubel der Fans das 1:0 und ließ bis zur Pause vier weitere blitzsaubere Treffer folgen. Keine Frage: Der wurfgewaltige Rechtshänder war wieder einmal der unumstrittene Torgarant aus dem Rückraum und spielte, als habe es die tragische Augenverletzung niemals gegeben. Auch in der Abwehr setzte Trainer Lindgren in der ersten Halbzeit auf den kräftigen Rotschopf, weil er den langen Wechsel umgehen wollte.

Schon nach acht Minuten lagen die Gelbhemden mit 5:2 in Führung. Die Löwen hatten das Spiel im Griff und erkämpften sich mit ihrer aggressiven und beweglichen Deckung immer wieder den Ball. Der Vorsprung hätte sogar noch größer sein können, wenn nicht die meisten Abpraller bei den Göppingern gelandet wären. Die Schwaben kämpften sich auf 8:7 (16.) heran, an der Dominanz der Badener änderte das aber nichts. Die logische Folge: Zur Pause lagen die Löwen mit 14:10 in Führung.

Den ersten Treffer nach dem Seitenwechsel machten ebenfalls die Badener, doch dann drehte bei Frisch Auf Rückraum-Ballermann Lars Kaufmann auf und erzielte in vier Minuten drei Treffer zum 16:14 (37.). Göppingen blieb im Spiel, musste aber weiterhin Tore von Bielecki schlucken. Doch in der Offensive lag die Last jetzt nicht mehr allein auf seinen Schultern. Neuzugang Andy Schmid legte einen Zahn zu und steuerte vier Treffer zum 21:18 (44.) bei – plötzlich bereitete aber die Deckung den Löwen Probleme.

Die Badener legten immer wieder vor, Göppingen ließ sich jedoch nicht abschütteln. Selbst Myrhols 23:19 (47.) konterte Frisch Auf mit drei schnellen Treffern in Serie zum 23:22 (50.). „Wir hatten es versäumt, für eine Vorentscheidung zu sorgen“, meinte Ola Lindgren. Es blieb deshalb spannend bis in die Schlussphase, doch die Löwen konnten sich vor allem auf einen Mann verlassen: Bielecki. Er erlöste die Gelbhemden mit dem Tor zum 28:25. Das war’s.

Von Marc Stevermüer

 01.09.2010