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Gut gebrüllt, Junglöwe (sueddeutsche.de)

 Max Haider wurde beim TSV Allach ausgebildet, war aber bald so gut, dass er ins Handballinternat der SG Kronau/Östringen wechselte. Dort spielt er jetzt dritte Liga – im Perspektivteam der Rhein Neckar Löwen

Max Haider hat ein Ziel: „Ich will irgendwann ein Trikot mit meinem Namen kaufen.“ Das ist natürlich eine Metapher, mit der er seinen Berufswunsch beschreibt: Handball-Profi. Haider ist auf einem guten Weg, er spielt bei der SG Kronau/Östringen II in der dritten Liga – mit 18 Jahren. Die erste Mannschaft der Spielgemeinschaft trägt seit 2007 einen anderen, einen griffigen und mittlerweile sehr prominenten Namen: Rhein Neckar Löwen. Die SG Kronau, die so genannten Junglöwen, sind das Perspektivteam des Meisterschaftszweiten des Vorjahres, der gerade den deutschen Serienmeister THW Kiel im Viertelfinale aus dem Pokalwettbewerb geboxt hat. Dahin ist es ein weiter Weg für Max Haider, freilich ist seine Karriere bislang sehr geradlinig nach oben verlaufen.

Und das, obwohl er einen Standortnachteil hat: Max Haider kommt aus München. Jugendspielern muss man heute erst gar nicht mit der ruhmreichen Münchner Vergangenheit kommen, die Nachfahren der ehemaligen Bundesligisten Schwabing und Milbertshofen dümpeln in der sechsten Spielklasse vor sich hin, als Letzter (Schwabing) und Drittletzter (Milbertshofen). Längst vertreten in der Region einzig die Drittligisten Friedberg und Fürstenfeldbruck den Amateurhandball an der Schwelle zum Profitum, der abgeschlagene Letzte Friedberg wird wohl absteigen und der TuS kämpft verbissen um den Klassenerhalt. Im Raum Südbayern wäre es für die Talententwicklung enorm wichtig, dass wenigstens ein Klub die Liga hält.

Für Spieler wie Haider sind das keine Alternativen, immerhin war er im Team der Junglöwen beim Gastspiel in Fürstenfeldbruck in seiner Heimat zu sehen. Haider hat mit seinen 18 Jahren bereits Handball-Gardemaß, 102 austrainierte Kilogramm verteilen sich auf 1,97 Meter Körpergröße. „Natürlich hätte ich so einen gern im Team“, sagte Brucks Trainer Martin Wild nach der unglücklichen 23:24-Niederlage. Zu der auch Haider mit vier Toren und einer starken Abwehrleistung auf der zentralen Position im Mittelblock einiges beigetragen hatte. Haider war schwer zu halten am Kreis, schuftete unentwegt, ging dahin, wo es wehtut, holte neben seinen Treffern einige Siebenmeter heraus. „Ich hoffe, dass Bruck es schafft“, meinte er hinterher freundlich, freilich wäre der Klub für ihn keine Alternative.

Es war früh klar, dass Max Haider das Abenteuer Profisport versuchen wird, auch sein Umfeld spielte eine Rolle. Freilich nicht die, wie in vielen anderen Sportlerfamilien, Vater Martin kennt aus seinen aktiven Zeiten als alpiner Abfahrer den Hochleistungssport, hat heute eine Praxis für Jugendcoaching und Psychotherapie in München. „Für mich war immer wichtig, dass es sein Wunsch ist, nicht der des Vaters“, so Haider, der die Entscheidung des Sohnes freilich beeinflusst hat: „Ich habe oft Anekdoten aus meiner Zeit im Ski-Internat in Berchtesgaden erzählt, irgendwann hat Max gesagt, dass er das auch will.“ Dass der Junior das Zeug dazu hat, war zu diesem Zeitpunkt klar, körperlich war Max den meisten Spielern in seinem Alter deutlich voraus. Vater Martin war aber nicht nur in Sachen Profisport ein wertvoller Ratgeber, er war auch Handball-Fachmann – und der Trainer des Sohnes. Neben Max wuchsen in Nico Schnabl und Michael Hemmer zwei weitere kommende Profis beim TSV Allach heran, Schnabl hat gerade beim österreichischen Erstligisten Bregenz den Sprung in die erste Mannschaft geschafft, Hemmer spielt in der Talentschmiede des deutschen Pokalsiegers Füchse Berlin.

„Ich sehe so etwas nur mit einem lachenden Auge, wenn ein Spieler das schafft, haben auch wir es geschafft“, sagt Haider, der diesen Jahrgang seit der D-Jugend trainiert. „Es ist bitter, aber Südbayern ist handballerische Diaspora.“ Nächster Anlaufpunkt für so talentierte Jugendspieler ist das Jugendleistungszentrum in Großwallstadt, an der Grenze zu Hessen.

Dort hatte Max Haider vor drei Jahren eine Zusage, dann allerdings geriet der Klub in finanzielle Schieflage. Es wurde dem Vater zu unsicher, Sohn Max suchte im Alter von 15 Jahren selbst eine Alternative und fand die SG Kronau. Ein Probetraining später war der Einzug ins Internat perfekt, in der Jugend der SG wurde er erst einmal vom Rückraumspieler zum Kreisläufer umfunktioniert.

„Das geschah in Absprache mit Max“, erzählt Kronaus Trainer Klaus Gärtner, der auch Co-Trainer der Profis ist, im Rückraum hätten „ein paar Anlagen gefehlt“. Keine schlechte Entscheidung, denn Max Haider wurde bald Jugendnationalspieler, mittlerweile ist er Fixpunkt im Team von Bundestrainer und Kreisläufer-Legende Christian „Blacky“ Schwarzer. Wie in der Junglöwen-A-Jugend: „Max hat auf und neben dem Platz immer eine Führungsrolle eingenommen“, sagt Trainer Gärtner, „wenn die Einstellung so bleibt und er ein bisschen Glück hat, dann sind auf jeden Fall gute Grundvoraussetzungen vorhanden, um Profi zu werden.“ Auch der Vater traut es ihm zu, besonders seit es im Sommer bei der Jugend-Europameisterschaft in Polen für Max nicht gut lief: „Jetzt wird sich herausstellen, ob er es wirklich will.“ Max wollte nun erst recht. „So etwas machst du nicht, nur um dem Vater zu gefallen“, sagt Martin Haider.

Nächster Schritt ist nun, auch im Drittliga-Team Stammkraft zu werden, die Chancen stehen gut, denn die etatmäßige Nummer eins ist wegen Verletzungsproblemen zu den Profis aufgerückt. Haider bekommt viel Einsatzzeit – und er weiß sie zu nutzen. Momentan liegt ihm ein Angebot vom Klub vor, es ist also derzeit an Max Haider, ob bald Trikots mit seinem Namen beflockt werden.

 

von Ralf Tögel