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Handball-WM: Gensheimer führt die Nationalmannschaft zum Sieg (RNZ)

Nach einer deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit gewann die deutsche Handball-Nationalmannschaft gegen Russland

Doha. Es war wenig Glanz, es war mehr Kraftakt, aber deshalb nicht weniger wertvoll. Nach einer deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit gewann die deutsche Handball-Nationalmannschaft am Sonntagabend auch ihr zweites Vorrundenspiel bei der Weltmeisterschaft in Katar. Gegen Russland gab es ein knappes, aber verdientes 27:26 (9:13), so dass Deutschland Tabellenführer der Gruppe D ist.

Vielleicht, so mutmaßte Uwe Gensheimer, vielleicht könne der Sieg über die Russen und vor allem die Art und Weise, wie er zustande kam, für den weiteren Turnierverlauf noch sehr wertvoll werden. „Wir haben als Mannschaft gesehen, dass wir einen Rückstand noch umbiegen können, das gibt uns sicher einen Schub“, sagte der Kapitän der deutschen Sieben, der mit neun Toren herausragender Spieler auf dem Feld gewesen war. Bis zweieinhalb Minuten vor dem Ende war der Linksaußen von den Rhein-Neckar Löwen völlig ohne Fehlwurf geblieben und deshalb in der ersten Halbzeit offensiv der einzige Lichtblick.

Für Bundestrainer Dagur Sigurdsson bot die Partie gegen die Russen eine Steilvorlage für die kommenden Tage, denn er entnahm ihr das Wissen, dass seine Mannschaft gefestigter scheint als vor Turnierbeginn angenommen. Gleichzeitig fand er viele Ansätze zur Verbesserung. „Wir waren in der ersten Halbzeit ohne Biss im Angriff“, kritisierte der Bundestrainer seine Spieler, gleichzeitig zollte er ihnen ein großes Lob: „Manchmal ist das so, dass der Lachs noch einmal zuckt, wenn er merkt, dass er sterben kann.“ Frei übersetzt: Meine Mannschaft hat sich mit aller Macht gegen die Niederlage gewehrt.

In der ersten Halbzeit waren die Deutschen weit von ihrer guten Form beim Auftaktsieg über Polen zwei Tage zuvor entfernt. In der Abwehr, die sich schon jetzt als Prunkstück des Teams erweist, nahmen sie den Druck der Russen gut aus dem Spiel, aber im Angriff fehlte der Sigurdsson-Sieben die Durchschlagskraft. „Wir sind nicht gut genug in die Tiefe gegangen“, sagte Patrick Groetzki. Mit der offensiven 5+1-Abwehr der Russen hatten der Rechtsaußen und seine Kollegen deutlich mehr Schwierigkeiten als gegen die 6:0-Variante der Polen. Die Folge war, dass die Russen nach 30 Minuten mit 13:9 führten, was aber weniger an ihrer Stärke, sondern mehr an den Problemen im deutschen Spiel lag.

Eine gute Mannschaft zeichnet aus, dass sie in der Lage ist, sich nach schwächeren Phasen selbst zu befreien und diese Eigenschaft zeigte die DHB-Auswahl gestern.

Im zweiten Durchgang waren gerade vier Minuten und 19 Sekunden gespielt, als den Deutschen der Ausgleich zum 14:14 gelungen war. An der Aufstellung hatte sich nichts geändert, und doch schien es, als stehe eine andere Mannschaft auf dem Feld. Mit der sehr starken Löwen-Flügelzange Gensheimer und Groetzki zogen die Deutschen das Tempo weiter an, gingen beim 18:17 durch den dritten Löwen, Stefan Kneer, erstmals in Führung und hatten durch das 23:20 von Patrick Groetzki schon einen kleinen Abstand zwischen sich und den Russen geschaffen.

In den Schlussminuten wurde es dann aber noch einmal eng, weil dem Team die Ruhe fehlte, um den Sieg sicher nach Hause zu bringen. Letztlich kam es aber nicht mehr zum Ausgleich, weil der russische Spielmacher Pavel Atman einen Fehlpass fabrizierte. „Es war auch Glück dabei, aber kämpferisch haben wir das verdient“, urteilte Groetzki, der in der zweiten Hälfte alles traf und auch dann erfolgreich war, wenn er aus schlechtem Winkel zum Wurf gezwungen wurde.

Deutschland: Heinevetter, Lichtlein – Weinhold 2, Strobel 1, Drux 2, Groetzki 6, Gensheimer 9/4, Wiencek 4, Kneer 1, Sellin, Pekeler, Schmidt, Kraus 2, Müller, Schöngarth, Böhm

Russland: Lewschin, Grams – Igropulo 6/3, Atman 4, Gorbok 2, Kowalew 3/1, Dibirow 5, Schipurin 3, Pyschkin, Schischkarew 1, Evdokimow, Skopintsew, Kudinow, Dereven, Aslanyan, Tschitnikow 2

Schiedsrichter: Kliko/Johansson (Schweden)

Zeitstrafen: 7/8 – Siebenmeter: 4/4:4:5

Zuschauer: 3500

Von Michael Wilkening