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Handball-WM: Uwe Gensheimer stahlt Gelassenheit aus (RNZ)

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft fiebert dem WM-Auftakt am heutigen Freitag entgegen – Los geht es mit dem Duell gegen Polen um 17 Uhr

Doha. Die Erwartungen an eine deutsche Handball-Nationalmannschaft waren selten geringer, wenn sie zu einer Weltmeisterschaft aufbrachen. Eigentlich gute Voraussetzungen, um beim Turnier der Weltbesten zu überraschen, das heute für die DHB-Auswahl mit dem Duell gegen Polen (17 Uhr/Sky) beginnt.

Oliver Roggisch hat in seiner Sportlerlaufbahn viel gesehen und erlebt. Als Spieler war er bei unzähligen Welt- und Europameisterschaften sowie bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking im Einsatz. In Doha ist er erstmals in anderer Rolle aktiv, in der als Teammanager. Und nach zwei Tagen vor Ort klingt glaubhaft, wenn der einstige Abwehrchef sagt: „Was die Hallen, die Hotels und die Organisation anbetrifft, sind die Voraussetzungen perfekt. So etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Roggisch kommt ins Schwärmen, wenn er über die Möglichkeiten spricht, die die deutsche Mannschaft bei der im Vorfeld oft kritisierten WM in der Wüste vorgefunden hat.

Die Stimmung im deutschen Lager war gestern entsprechend gut. Gelöst und locker saß Dagur Sigurdsson im Teamhotel auf seinem Stuhl und blickte etwas mehr als 24 Stunden vor der Partie gegen die Polen voraus. „Wir sind bereit“, sagte der Bundestrainer und sein Blick verriet, dass er das nicht als Floskel verstanden wissen wollte. Der Isländer ist überzeugt davon, dass seine Mannschaft auf das vorbereitet ist, was auf sie zukommt.

„Das Polenspiel kann für uns ein Dosenöffner sein“, erklärte Uwe Gensheimer. Der Kapitän der Nationalmannschaft stand lässig da, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Der Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen wirkte stellvertretend für das gesamte Team. Die jungen Männer mit den offiziellen DHB-Shirts strahlten Gelassenheit aus – und Lust darauf, dass es endlich losgehen möge. Ganz offensichtlich haben der neue Bundestrainer und die erfolgreich absolvierte Vorbereitung auf die WM einer Mannschaft innere Ruhe gegeben, die bis dahin auf der Suche nach sich selbst war.

Roggisch, der als Aktiver immer dann dazwischenschlug, wenn es gefordert war, gefiel die Atmosphäre gestern im Teamhotel, gleichzeitig trat er aber als Mahner auf. „Vorbereitung ist Vorbereitung, morgen wird es noch einmal ganz anders zugehen“, sprach der Teammanager. Nach guten Resultaten in den Testspielen und den perfekten Bedingungen vor Ort wird sich dennoch erst heute in einer Drucksituation weisen, wie gut die deutschen Elite-Handballer unter Sigurdsson schon sind. „Jetzt müssen wir zeigen, was wir drauf haben“, sagte Roggisch.

Am heutigen Freitag, um neun Uhr morgens, muss Sigurdsson wie alle anderen Nationaltrainer auch, seinen endgültigen WM-Kader benennen. 16 Akteure dürfen nominiert werden und weil er 18 Spieler mit in die Wüste genommen hat, werden zwei zunächst im Wartestand verweilen. „Ich weiß schon, wer es sein wird, aber ich verrate es nicht“, sagte Sigurdsson. Fabian Böhm (HBW Balingen-Weilstetten), Matthias Musche (SC Magdeburg) oder Erik Schmidt (TSG Friesenheim) sind die gehandelten Kandidaten, die es neben einem der drei Torhüter – vermutlich Alexander Wolff (HSG Wetzlar) – treffen könnte. Allerdings hat Kreisläufer Schmidt gute Karten, weil er in der Deckung seine herausragende Physis ausspielen kann und Sigurdssons Spielidee auf einer körperlich starken 5+1-Abwehr beruht.

Sigurdsson gefiel sich darin, ein paar Fragen offen zu lassen. Allerdings – und daran ließ er keinen Zweifel – sind die Fragen, die ihn selbst beschäftigt haben, alle beantwortet. „Wir sind bereit“, sagte er noch einmal zur Verdeutlichung.

Von Michael Wilkening