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Handball zum Genießen (RNZ)

Heidelberg. Auswärts und das noch in Magdeburg. Bei so manchem Bundesliga- Handballer löst das ein unangenehmes Ziehen in der Bauchgegend aus.Denn er weiß, was kommt: 60 Minuten Schwerstarbeit, beißen, kratzen, kämpfen bis zum Umfallen. Nur so geht’s in der Bördelandhalle. Dort, wo das Publikum anders ist, als anderswo. Frenetischer, lauter und mitunter eben auch unfairer. Als Gastmannschaft braucht man beim Altmeister ein dickes Fell. Die Löwen hatten es am Freitag. Uwe Gensheimer und Co. zelebrierten Handball zum Genießen: Schnell, schnörkellos, kraftvoll.

Verantwortlich dafür war auch einer, der selbst gar nicht mitspielte: Gudmundur Gudmundsson, der Trainer. Er hatte den Schlachtplan ausgeheckt, gab das Lob jedoch weiter: „Was die Jungs da gezeigt haben, war für mich vielleicht unsere bislang beste Saisonleistung.“ Richtig euphorisch sagte der Isländer das, um dann plötzlich wieder auf die Bremse zutreten: „Wir haben das toll gemacht, müssen es aber nun auch weiterhin so machen. Genau das ist unsere Aufgabe.“ Oder anders ausgedrückt: Ab sofort ist schwächeln verboten, ein Mal Vollgas, immer Vollgas.

Zurück nach Magdeburg, zur Gala in zwei Akten. Der Manager fand sie auch klasse, sie überraschte ihn aber nicht. Thorsten Storm: „Wir waren gut vorbereitet. Die Abwehr um Goran Stojanovic, Zarko Sesum und Oliver Roggisch stand sehr gut. Und das ist wichtig für unser Spiel – denn unser Team braucht die einfachen Tore aus dem Gegenstoß.“ Stichwort Roggisch. Er hat sich in den letzten Monaten stark verbessert. Der lange Blonde ist mittlerweile deutlich flexibler und schneller auf den Beinen. Aktuell ist der Abwehrfels aus Löwen- Innenblock nicht mehr wegzudenken. Nutzen tun ihm seine flinkeren Aktionen trotzdem nicht immer etwas. Vom Klischee des „Bad Boys“, der ständig regelwidrig dazwischen haut,kommter nicht weg. Schuld sind manche Schiedsrichter. Storm nickt: „Oli wird für Fouls auf die Bank geschickt, die bei anderen nicht oder anders geahndet werden. Das ist schade.“

Image ist eben Image – und das ist nur schwer abzuschütteln. Der Manager sieht da sogar Parallelen zu den Löwen. Sein Eindruck: „Es ist da eine Tendenz in der öffentlichen Wahrnehmung entstanden, die den Eindruck vermittelt, dass jeder Gegner, der uns schlägt, ein Wunder vollbringt. Aber so ist das nicht.“ Und weiter: „Wir selbst sehen uns anders, müssen für jeden Sieg hart arbeiten. Und das jeden Tag. Sonst geht es sofort nach hinten los.“

Karol Bielecki scheint das in der vergangenen Woche beherzigt zu haben. Der blühte an seiner alten Wirkungsstätte förmlich auf, ballerte zielsicher aus der zweiten Reihe. Storm freut sich für ihn und hofft: „Vielleicht gewinnt er ja dadurch sein Selbstvertrauen zurück. Wir brauchen seine Treffer einfach.“

So viel zum polnischen Rückraum- Kunstschützen, hin zum Weltstar auf Linksaußen: Uwe Gensheimer. Er ist der Kapitän des badischen Handball-Flaggschiffs. Und „Gensel“ lebt seine Anführer- Rolle, übernimmt Verantwortung. Auf und neben der Platte. In Magdeburg haben ihn die SCM-Fans auf der Platte erlebt. Live und in Farbe. Und: in Bestform! Er war mal wieder der König der Löwen, ballte neun Mal die Tor-Faust. „Was Uwe geleistet hat, war schlichtweg überragend“, grinste Gudmundsson.

Für Storm und Gudmundsson gab es aber vor allem einen Gewinner: „die Mannschaft.“ Und die blickt am Dienstag gespannt nach Wien, wo die dritte Runde des EHF-Pokals ausgelost wird. Mit den Löwen.

Von Daniel Hund